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48 2 Methoden des Prozessmanagements † Erleichterte Einarbeitung neuer Mitarbeiter: Prozessmodelle können die Einar-beitung neuer Mitarbeiter unterstü...

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Kapitel 2

Methoden des Prozessmanagements

2.1 2.1.1

Prozessmodellierung1 Ziele der Prozessmodellierung

Prozessmodelle sind vereinfachte Abbildungen von Prozessen in einem Unternehmen oder zwischen Unternehmen. Sie stellen die chronologisch-sachlogische Abfolge von Tätigkeiten dar. Je nach Zielsetzung weisen Prozessmodelle einen unterschiedlichen Detaillierungsgrad und Umfang auf. Prozessmodelle können für verschiedene Zwecke genutzt werden und verfolgen nachstehende Ziele: • Transparenz: Transparente Abläufe ermöglichen es den Beteiligten die Prozesse und Zusammenhänge zu verstehen. Jeder Prozessbeteiligte kann seine Aufgabe in der Prozesskette erkennen, alle Beteiligten wissen, welche Aufgaben durch wen wahrgenommen werden. Prozessmodelle können weiterhin der Vermittlung von Verständnis über Tätigkeiten, Funktionen, Rollen und Schnittstellen dienen und somit zur Erhöhung der Transparenz von Abläufen innerhalb und außerhalb der Organisation beitragen. • Fehlervermeidung: Fehlerarme Prozesse verbessern die Termintreue, erhöhen die Qualität und schaffen damit zufriedenere Kunden. • Kosten: Kostenreduktion kann nur durch genaue Kenntnis des Einsparungspotenzials erreicht werden. Die möglichen Einsparungspotenziale werden durch eine umfassende Analyse des Ist-Prozesses lokalisiert. • Dokumentation/personenunabhängige Verfügbarkeit des Wissens: Mit einer prozessgeführten Dokumentation der Unternehmensabläufe wird das Wissen unabhängig von den beteiligten Personen allen verfügbar gemacht. Das Wissen wird dokumentiert und damit die Komplexität gemeistert. Durch graphische Darstellung wird Objektivierung und Klarheit für alle geschaffen.

1

Vgl. z. B. Bundesstelle für Informationstechnik (2006).

S. Koch, Einführung in das Management von Geschäftsprozessen, DOI 10.1007/978-3-642-01121-4_2, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011

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• Erleichterte Einarbeitung neuer Mitarbeiter: Prozessmodelle können die Einarbeitung neuer Mitarbeiter unterstützen und für die Schulung von Nutzern neuer Systeme dienen. • Erhöhte Mitarbeitermotivation: Anschauliche Prozessdokumentationen verdeutlichen den einzelnen Mitarbeitern, wo ihre Tätigkeiten im Gesamtprozess einzuordnen sind und welche Auswirkungen ihre Aktivitäten auf das Endergebnis haben. Dadurch wird das prozessorientierte Verständnis der Mitarbeiter gefördert. Sie denken so über „den Rand ihres Schreibtischs“ hinaus und erkennen ihren persönlichen Beitrag zum Unternehmenserfolg, was motivationsfördernd wirkt. • Auswertungsmöglichkeiten: Werden die Prozesse dokumentiert sind, können die erstellten Modelle nach unterschiedlichsten Fragestellungen ausgewertet werden. Diese Auswertung kann automatisiert erfolgen, wenn die Prozessmodelle mithilfe von Softwaretools erstellt wurden. • Prozessoptimierung: Die Prozessmodellierung ermöglicht ein genaues Erkennen und Verstehen des Ist-Zustands. Schnittstellen werden erkennbar, ebenso wie Prozessverzögerungen und Doppelarbeiten. Deutlich wird ebenfalls, wer welche Daten benötigt und welche Ressourcen gebraucht werden. Die Visualisierung der Prozesse und damit die Dokumentation der Schwachstellen ist in Optimierungsprojekten eine wichtige Kommunikationsgrundlage. Durch die Modellierung von Prozessen wird eine Basis für weiterführende Aktivitäten wie Schwachstellenanalysen oder Optimierung organisatorischer Abläufe geschaffen. • Simulationen: Durch entsprechende Softwaretools können auf Basis der erstellten Modelle Simulationen durchgeführt werden. Durch Simulationen lassen sich z. B. Engpässe frühzeitig erkennen. • Zertifizierung: Die Prozessmodelle als standardisierte Dokumentationsform für Abläufe sind eine Voraussetzung für die Zertifizierung nach DIN EN ISO 9000:1000. • Basis für die informationstechnische Unterstützung: Prozessmodelle dienen als Grundlage für die Entwicklung und Einführung von Softwaresystemen.

2.1.2

Grundsätze der Prozessmodellierung2

Mit den Grundsätzen ordnungsmäßiger Modellierung (GOM) ist ein methodischer Ordnungsrahmen entwickelt und über die letzten Jahre validiert worden, der die Erstellung von Prozessmodellen in Bezug auf Klarheit, Konsistenzsicherung und Qualität unterstützt. In Anlehnung an die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, die überall dort Anwendung finden, wo die Vorgehensweise zur buchhalterischen Erfassung von rechnungswesenrelevanten Sachverhalten nicht im Gesetz kodifiziert ist, wurde der Begriff „Grundsätze ordnungsmäßiger Modellierung“ gewählt, der überall dort Gestaltungsempfehlungen gibt, wo die Regeln zur Modellierung nicht mehr ausreichen. 2

Vgl. Becker und Rosemann (1997, S. 18–30).

2.1 Prozessmodellierung

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Die formalen Regeln, die eingehalten werden müssen, wenn man mit der Methode der ereignisgesteuerten Prozessketten arbeitet, z. B. dass man immer mit einem Ereignis beginnt und einem Ereignis endet, reichen nicht aus, den Modellerstellern als Grundlage für eine „gute“ Modellierung zu dienen. Hier setzen die Grundsätze ordnungsmäßiger Modellierung an, die Empfehlungen geben für den Beginn und das Ende des Prozesses, für den Detaillierungsgrad, für die Einbettung in einen Ordnungsrahmen und für die Verständlichkeit. Insgesamt wurden sechs Grundsätze definiert. 1. Der Grundsatz der Richtigkeit Der Grundsatz der Richtigkeit fordert, dass die Repräsentation der Realwelt in einem Modell der Realwelt in wesentlichen Zügen entspricht. Die Richtigkeit der Modelle wird von den Fachabteilungen geprüft und ist dann erfüllt, wenn die betroffenen Personen ihre Tätigkeiten und Abläufe in den Modellen unter Verwendung der entsprechenden Fachbezeichnungen wiedererkennen und nachvollziehen können. 2. Der Grundsatz der Relevanz Statt dem Grundsatz der Vollständigkeit aus dem Themenbereich der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung, spricht man bei der Modellierung besser von dem Grundsatz der Relevanz, da ein Modell, verglichen mit der Realwelt, niemals vollständig ist. Für die Zwecke der Modellierung ist es auch nicht notwendig, dass ein Modell vollständig ist. Es ist vielmehr erforderlich, dass die für die Modellierungszwecke relevanten Aspekte im Modell berücksichtigt werden. Hierzu ist es ganz besonders wichtig, den Modellierungszweck genau zu kennen. Ein Modell, das aus Sicht der Informationsverarbeitung erstellt wird und als Vorgabe für die Implementierung eines EDV-Systems dienen soll, wird andere Bestandteile aufweisen als ein Modell, das die organisatorischen Abläufe beschreiben soll. Wieder andere Anforderungen werden an ein Modell gestellt, das für Zertifizierungszwecke gemäß der DIN ISO 9000 ff. dienen soll. Der Modellierungszweck gibt also einen Hinweise darauf, was relevant ist und damit im Modell beachtet werden muss, und was, obwohl es in der Realwelt beobachtbar ist, sich nicht im Modell wiederfindet. 3. Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit ist so zu interpretieren, dass dann ein optimaler Detaillierungsgrad der Modelle gefunden ist, wenn mit dieser Modellierung die gestellten Fragen beantwortet und die gesteckten Ziele erreicht werden können. Eine weitere Detaillierung bringt also keinen zusätzlichen Informationsgewinn. Diese Grenze ist nicht leicht zu definieren. Eine gute Unterstützung bietet die Frage nach der Persistenz des Realweltausschnittes, d. h. wie groß ist die Veränderlichkeit in detaillierteren Stufen, ohne dass sich das „Grundsätzliche“ auf der weniger detaillierten Stufe ändert? Wenn die Persistenz auf der höheren Ebene wesentlich größer ist als auf der niedrigeren, wäre dies ein Hinweis darauf, auf der weniger detaillierten Stufe zu modellieren. Ist das Detailliertere „sowieso klar“, so dass weder für den Modellierer noch für die entsprechende Fachabteilung durch die weitere Detaillierung ein zusätzlicher Nutzen entsteht (außer dass dokumentiert ist, was sowieso jeder weiß), kann auf eine tiefere Modellierung verzichtet werden.

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2 Methoden des Prozessmanagements

Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit fordert zudem, dass nicht jedes Modell neu erzeugt werden muss. Durch die Nutzung von sogenannten Referenzmodellen kann Modellierungsaufwand reduziert werden und gleichzeitig das Modellierungsziel umgesetzt werden. 4. Der Grundsatz der Klarheit Der Grundsatz der Klarheit fordert Leserlichkeit, Verständlichkeit und bestmögliche Anschaulichkeit der Modelle. Die bedeutet, dass Modelle so einfach wie möglich und nur so kompliziert wie nötig sind. In der praktische Umsetzung wird Klarheit bei Modellen dadurch erreicht, dass mit dem Startereignis oben oder links begonnen wird und sich dann die Prozesse von oben nach unten oder von links nach rechts lesen lassen. Auch sollten sich Flusslinien oder Kanten so wenig wie möglich überkreuzen. Darüber hinaus sollte das Modell nicht mehr Elemente beinhalten, als zum Verständnis notwendig sind. Aus Gründen der Übersichtlichkeit sollte ein Prozessmodell auf einer DIN A4 Seite ausgedruckt noch gut lesbar sein. Sind mehr Prozessschritte erforderlich, sollten diese in Teilmodelle ausgelagert werden. 5. Der Grundsatz der Vergleichbarkeit Der Grundsatz der Vergleichbarkeit zielt darauf ab, dass Modelle, die mit unterschiedlichen Modellierungsverfahren erstellt worden sind, miteinander verglichen werden können. Dies ist dann von Bedeutung, wenn unterschiedliche Abteilungen oder Modellierungsteams Modelle mit einem unterschiedlichen Instrumentarium erstellt haben. Grundsätzlich sollte in einem Unternehmen darauf geachtet werden, dass nur wenige Modellierungstechniken zum Einsatz kommen, insbesondere sollte versucht werden, gleiche Fragestellungen in einer gleichen Modellierungsart aufzunehmen. So sollten alle Prozesse eines Fachkonzeptes mit ereignisgesteuerten Prozessketten beschrieben werden. Wenn in einem weitern Schritt diese Prozesse in ein DV-Konzept überführt werden sollen, kann beispielsweise eine UML-Modellierung3 sinnvoll sein. 6. Der Grundsatz des systematischen Aufbaus Der Grundsatz des systematischen Aufbaus bedeutet, dass bei den unterschiedlichen Sichten, die modelliert worden sind (z. B. Organisationssicht, Datensicht und Funktionssicht), die sichtenübergreifende Konsistenz hergestellt wird. Das heißt, dass im Modell nur auf Daten referenziert wird, die auch tatsächlich im Datenmodell beschrieben sind. Das gleiche gilt für Organisationseinheiten, die im Prozessmodell aufgeführt sind. Diese sollten auch in einem Organisationsmodell abgebildet sein. Der Grundsatz des systematischen Aufbaus stellt sicher, dass alle Teilmodelle in ein übergreifendes Gesamtkonzept eingebunden sind. Abbildung 2.1 zeigt den Zusammenhang zwischen den 6 Grundsätzen der Modellierung und der sich daraus ergebenden Modellqualität. Die Grundsätze Richtigkeit,

3

Unified modelling language (s. Abschn. 2.1.3.6).

2.1 Prozessmodellierung

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Notwendige Grundsätze Richtigkeit

Relevanz

Wirtschaftlichkeit

Modellqualität

Klarheit

Vergleichbarkeit

Systematischer Aufbau

Ergänzende Grundsätze

Abb. 2.1 Beitrag der 6 Modellierungsgrundsätze zur Modellqualität

Relevanz und Wirtschaftlichkeit werden auch als notwendige Grundsätze bezeichnet, während Klarheit, Vergleichbarkeit und systematischer Aufbau ergänzende Grundsätze sind.

2.1.3

Dokumentationsmöglichkeiten von Prozessen

2.1.3.1 Vorbereitende Überlegungen Um die allgemeine Verständlichkeit und Einheitlichkeit der Prozessmodelle zu gewährleisten, ist zur Modellierung eine standardisierte Beschreibungssprache sinnvoll. Tabelle 2.1 zeigt eine Übersicht der häufig verwendeten Symbole. Bevor mit der eigentlichen Modellierung begonnen wird, sollte geklärt werden, wie die Prozesse zu dokumentieren sind. Im einfachsten Fall kann die Modellierung ohne technische Unterstützung auf Papier erfolgen. Diese Möglichkeit ist nur dann sinnvoll, wenn einfache Prozesse zu dokumentieren sind und diese Dokumentation nur einem kleinen Personenkreis zur Verfügung gestellt und nicht weiter genutzt werden soll. Darüber hinaus kann die Modellierung „auf Papier“ bzw. am Flipchart im Rahmen eines Workshops durchgeführt werden, bevor die Prozessmodelle in ein Softwaresystem übertragen werden. Einfache Prozesse können mit Standardsoftware (z. B. Microsoft Powerpoint, Visio) abgebildet werden. Diese Möglichkeit bietet sich an, wenn keine komplexen Prozesse vorliegen und nur wenige Personen an der Modellierung beteiligt sind. Der Vorteil einer Modellierung mit Standardsoftware liegt auch in der einfachen Nutzung dieser Modelle, ohne dass eine spezielle Software zur Erstellung oder Betrachtung der Prozesse verfügbar sein muss. Standardsoftware ist auch dann ausreichend, wenn die Modelle nur für ein begrenztes Projekt (z. B. Materialflussoptimierung) eingesetzt werden sollen. Werden mit der Modellierung umfangreiche Ziele verfolgt, sind mehrere Modellierungsteams an der Prozessdarstellung beteiligt und sollen die erstellten Modelle

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2 Methoden des Prozessmanagements

Tab. 2.1 Symbole für die Prozessmodellierung. (Entnommen aus Bundesstelle für Informationstechnik 2006) Bezeichnung

Beschreibung

Symbol

Startpunkt oder Ende eines Prozesses Ereignis

Ereignisse sind zeitpunktbezogene Zustände. Das Eintreten eines Ereignisses zieht eine bestimmt Folge nach sich.

Funktion

Durch eine Funktion (=Tätigkeit) wird an einem Objekt eine Transformation eines bestimmten Inputs zu einem Output durchgeführt.

Organisationseinheit

Die Organisationseinheit gibt an, welcher Aufgabenträger oder welche Rolle eine Funktion übernimmt. Dadurch erfolgt die Klärung von Zuständigkeiten in einem Prozess.

Verzweigungsstellen/ Konnektoren

XOR

Exklusive-Oder-Verzweigung: Nur einer der folgenden Teilprozesse kann eintreten.

OR

Oder-Verzweigung: Einer, mehrere oder alle folgenden Teilprozesse können eintreten.

AND

Und-Verzweigung: alle folgenden Teilprozesse müssen eintreten.

Flusslinie (=Kante) Datenfluss Verbinder für die Organisationseinheit Informationsobjekt

Ein Informationsobjekt ist ein Element des Datenflusses (z.B. Kundendaten, Adressdaten).

Dokumente in Papierform

Z.B. in Papierform vorliegende Liste, Eingangsrechnung.

2.1 Prozessmodellierung

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Tab. 2.1 (Fortsetzung) Elektronisches Dokument

Beispiel: elektronische Bestellung.

Datenspreicher (Persistenz)

Datenspeicherung im direkten Zugriff.

Zusammengehörige elektronische Dokumente

Elektronischer Schriftwechsel zu einem Vorgang.

IT-System (Anwendung)

Sprungmarke

Teilprozess

(beides Darstellungsformen sind üblich)

Erstrecken sich Prozessmodelle über mehrere Seiten, so werden diese über Sprungmarken mit Seitenzahlen miteinander verbunden.

Das Symbol wird als Verweis auf einen an anderer Stelle dokumentierten Teilprozess genutzt. Das Symbol sollte mit der entsprechenden Seitenzahl oder dem Teilmodellnamen gekennzeichnet sein.

längerfristig genutzt werden, ist der Einsatz einer speziellen Modellierungssoftware zu überdenken. Für den Einsatz von Modellierungssoftware sprechen folgende Aspekte: • Die Tools sind datenbankgestützt, d. h. erstellte Elemente können mehrfach wieder verwendet werden. • Die Objekte lassen sich logisch verknüpfen und können nach der Modellierung anhand verschiedener Kriterien ausgewertete werden. • Die Modellierung kann in nahezu beliebiger Detail-Tiefe vorgenommen werden und bleibt trotzdem übersichtlich. • In den Tools ist eine Versions- und Zugriffskontrolle integriert, so dass mehrere Modellierer gleichzeitig an dem Modell arbeiten können. • Durch das standardisierte Vorgehen wird die Zusammenführung einzelner (Teil-)Modelle (Konsolidierung) vereinfacht.

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2 Methoden des Prozessmanagements

Trotz dieser Vorteile sind folgende Nachteile zu beachten: • Hoher Erstellungsaufwand der Modelle durch – Kosten (Lizenzkosten) für den Erwerb der Software, sowie Kosten für die Auswahl eines geeigneten Modellierungstools, – Schulungsaufwand für die Modellierer, • Vorgabe der Methodik durch die Software. Die geeignete Modellierungsunterstützung ist im jeweiligen Einzelfall zu entscheiden und hängt von den zu lösenden Problemen und der konkreten Unternehmenssituation ab. 2.1.3.2 Wertschöpfungskettendiagramm (WKD) In einem Wertschöpfungskettendiagramm (=Prozesslandkarte oder Prozessarchitekturmodell) werden alle Prozesse eines Unternehmens bzw. eines Unternehmensbereiches einschließlich dessen Schnittstellen abgebildet. Das Wertschöpfungskettendiagramm ermöglicht somit eine übergeordnete Sicht (Metaebene) auf die Unternehmensprozesse. Es dient der groben Darstellung der Prozesse auf hohem Abstraktionsniveau und vermittelt größere Zusammenhänge auf einen Blick. Die Abbildung von Kerngeschäftsprozessen erfolgt in ihrer zeitlichen Abfolge und ihren hierarchischen Beziehungen. Das Wertschöpfungskettendiagramm findet Verwendung, wenn eine Übersicht über die Unternehmensprozesse (Ablauforganisation) erarbeitet und dokumentiert werden soll. Auf Basis dieser prozessbezogenen Übersicht kann der Untersuchungsbereich für die sich anschließende detaillierte Modellierung abgegrenzt, Schnittstellen ermittelt sowie Zusammenhänge und Wechselwirkungen zwischen einzelnen Prozessen analysiert werden (s. Abb. 2.2).

Abb. 2.2 Darstellung eines Wertschöpfungskettendiagramm mit Symbolen

2.1 Prozessmodellierung Beschaffung Lieferant

Produktion Lieferant

Absatz Lieferant

Bezugsquellen ermitteln

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Beschaffung

Bestellungen abwickeln

Produktion

Absatz

Beschaffung Kunde

Produktion Kunde

Absatz Kunde

Bestände managen

Abb. 2.3 Darstellung eines Wertschöpfungskettendiagramms mit Blockpfeilen

Die Erstellung einer Prozesslandkarte erfordert einen Überblick über sämtliche Prozesse eines Unternehmens oder einer Abteilung. Für die Modellierung eines Wertschöpfungskettendiagramms können die oben genannten Symbole verwendet werden. Oft findet man auch eine Darstellung in Form von Blockpfeilen (s. Abb. 2.3). Beide Darstellungsalternativen sind in der Praxis üblich4 : Bei der Erstellung eines Wertschöpfungskettendiagramms sind externe Prozessschnittstellen (Lieferanten, Kunden) zu erfassen. Bereits auf dieser hohen Abstraktionsebene ist es sinnvoll übergreifende Informationsobjekte (Papierantrag, Datensatz,. . . ) an den internen und externen Schnittstellen darzustellen. 2.1.3.3

Flussdiagramme

Das Flussdiagramm, auch Flow Chart genannt, bildet einen einzelnen Prozess ab. Dabei wird der Schwerpunkt auf die beteiligten Rollen und Organisationseinheiten gelegt (s. Abb. 2.4). Das Flussdiagramm dient damit der Darstellung einzelner, mehrere Organisationseinheiten umfassender Prozesse in Form eines Überblicks. Auf Basis der Flussdiagramme kann so ein organisationsweites Verständnis über Verlauf und Beteiligte an einem Prozess gewonnen werden. Das Flussdiagramm dient weiterhin als Grundlage zur Identifizierung und weiteren Analyse von Teilprozessen. Bei der Erstellung eines Flussdiagramms sollten die oben angegebenen Symbole benutzt und folgende Regeln beachtet werden: • Die beteiligten Organisationseinheiten sind in entsprechenden Spalten (so genannte Schwimmbahnen oder swimlanes) darzustellen. • Es muss ein Informationsobjekt zu Prozessbeginn (Input) und ebenfalls am Ende (Output, Ergebnis) vorliegen. • Auf jede Funktion oder Tätigkeit folgt ein Informationsobjekt, das das Ergebnis der Funktion darstellt. • Eine Funktion kann durch einen Teilprozess ersetzt werden. • Die Verbindung komplexer Prozesse, die sich über mehrere Seiten erstrecken, erfolgt über Sprungmarken. 4

Vgl. O. V. (25.07.2010).

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2 Methoden des Prozessmanagements

Org1

Org2

Org3

Prozessstart Antrag

1. Unterlagen entgegennehmen und Daten eingeben

db xyz

Antragsdaten

2. Daten ermitteln

Antragsdaten

3. autom. Abgleich

db abc

Meldung

db xyz

5. Antrag ablehen

4. automatisch weiterleiten

nein

berechtigt ja

Ablehnung db xyz Prozessende

6. Daten auf Rechner übertragen

Abb. 2.4 Beispiel Flussdiagramm Antragsbearbeitung. (Vgl. Bundesstelle für Informationstechnik 2006)

2.1.3.4

Erweiterte ereignisgesteuerte Prozessketten (eEPK)

Bei erweiterten ereignisgesteuerten Prozessketten handelt es sich um eine semiformale Modellierungssprache5 . Diese beschreibt Prozesse als eine Aufeinanderfolge von Funktionen und Ereignissen (s. Abb. 2.5). Als Ereignis wird dabei ein eingetretener relevanter Zustand bezeichnet. Die Erweiterung wird durch das Hinzufügen von Organisationseinheiten, Informationsobjekten und anderen Zusatzinformationen erreicht. Erweiterte ereignisgesteuerte Prozessketten werden eingesetzt, um verschiedene Sichten (Daten-, Organisations-, Funktions- und Steuerungssicht) auf Prozesse detailliert darzustellen. Sie eignen sich gut als Basis für die Erstellung von Software oder Einführung 5

Entwickelt wurde sie von August Wilhelm Scheer an der Universität des Saarlandes.

2.1 Prozessmodellierung

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Kundenanruf eingegangen

Prüfen, ob Kunde Stammkunde ist

Stammkundenliste

X

Kunde als Stammkunde identifiziert

Kunde als Neukunde identifiziert

Kundendaten automatisch in Auftragsformular übernehmen

Kundendaten manuell in Auftragsformular übernehmen

XOR

Kundendaten in Auftragsformular übernommen

Reinigungstermin erfragen

Reinigungstermin erfragt

Wunschtermin abklären

Auftragskalender

XOR

Wunschtermin möglich

Wunschtermin nicht möglich

Auftrag erstellen

Kunde an ServiceAbteilung weiterleiten

Auftrag ist erstellt

Kunde an ServiceAbteilung weitergeleitet

Abb. 2.5 Erweiterte ereignisgesteuerte Prozesskette

Auftragsformular

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2 Methoden des Prozessmanagements

von Standardsoftware. Werden eEPK mit Hilfe von entsprechender Software erzeugt, eignen sie sich zur Simulation und damit zur Prüfung von Soll-Konzepten. Wertschöpfungskettendiagramme und erweitere ereignisgesteuerte Prozessketten ergänzen sich gegenseitig. Die Wertschöpfungskettendiagramme geben einen groben Überblick, von dem aus anschließend gezielte Details in entsprechenden erweiterten ereignisgesteuerten Prozessketten betrachtet werden können. Sind die Diagramme in einer Software modelliert, kann automatisch zwischen ihnen navigiert werden. Durch einen Doppelklick auf eine Stelle des Wertschöpfungskettendiagramms öffnet sich die zugehörige erweiterte ereignisgesteuerte Prozesskette. Funktionen und Ereignisse Funktionen werden auch als Aktivitäten, Vorgänge oder Tätigkeiten bezeichnet. Dabei handelt es sich um einen wirtschaftlichen Vorgang, dessen Ausführung Zeit und Ressourcen beansprucht. Entsprechend entstehen durch Funktionen Ausführungskosten. Funktionen werden Organisationseinheiten zugeordnet, die sie ausführen oder für sie verantwortlich sind. Zusätzlich sind Funktionen oftmals mit Informationsobjekten verknüpft, beispielsweise einer Kundenkartei oder einer Stückliste. Funktionen werden durch Ereignisse ausgelöst und haben wiederum Ereignisse als Ergebnis. Ereignisse beschreiben betriebswirtschaftlich relevante Zustände von Informationsobjekten und steuern den weiteren Verlauf des Geschäftsprozesses – daher auch der Begriff ereignisgesteuerte Prozessketten. Im Gegensatz zu Funktionen benötigen sie weder Zeit noch Ressourcen, verursachen keine Kosten und sind auch keinen Organisationseinheiten oder Informationsobjekten zugeordnet. Auf ein Ereignis folgen eine oder mehrere Funktionen und auf eine Funktion folgen ein oder mehrere Ereignisse. Funktionen und Ereignisse werden mit Pfeilen, den so genannten Kanten, verbunden. Organisationseinheiten und Informationsobjekte Organisationseinheiten sind verantwortlich für die Aufgaben, die dem Erreichen der Unternehmensziele dienen. Daher sind typische Organisationseinheiten Abteilungen. Da Organisationseinheiten Aufgaben verrichten oder für ihre Verrichtung verantwortlich sind, werden sie in eEPKs den Funktionen zugeordnet. Vielfach benötigen Organisationseinheiten zur Ausführung ihrer Funktionen oder Tätigkeiten unterschiedliche Daten, wie Produktinformationen, Kundenadressen oder Produktionspläne. Die Pfeilrichtung der Kanten zwischen Informationsobjekt und Funktion gibt an, in welche Richtung die Informationen fließen. Liest die Funktion Daten aus, so zeigt der Pfeil vom Informationsobjekt zur Funktion. Werden Daten geändert, ist die Pfeilrichtung umgekehrt. Werden Daten von der Funktion gelesen und geschrieben bzw. geändert, sind Pfeilspitzen an beiden Enden der Kante anzubringen. Logische Verknüpfungsoperatoren Ergeben sich aus einer Funktion mehrere Ereignisse und aus einem Ereignis mehrere Funktionen sind logische Verknüpfungsoperatoren zu verwendet. Bei der Modellierung mit eEPKs stehen drei Operatoren zur Verfügung: Exklusives ODER (xor), inklusives ODER (or), logisches UND (and), s. hierzu Abb. 2.6.

2.1 Prozessmodellierung

Auftragseingang bestätigen

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Auftrag eingegangen

Auto verkauft

and

and

Durchführbarkeit prüfen

Zahlung eingegangen

Lagerplatz frei

Abb. 2.6 Beispiele für logische Verknüpfungsoperatoren

Jeder der drei Operatoren kann mehrere eingehende Ereignisse zu einer ausgehenden Funktion verknüpfen und mehrere eingehende Funktionen zu einem Ereignis verknüpfen. Weiterhin können sie aus einem eingehenden Ereignis mehrere ausgehende Funktionen haben und aus einer ausgehenden Funktion mehrere ausgehende Ereignisse. Zusammenfassung der Modellierungsregeln erweiterter ereignisgesteuerter Prozessketten: • Zu Beginn und zum Ende einer eEPK stehen immer ein Ereignis oder mehrere Ereignisse. • Auf eine Funktion folgt immer ein Ereignis, auf ein Ereignis folgt immer eine Funktion. • Organisationseinheiten und Informationsobjekte werden immer mit Funktionen verbunden, nicht mit Ereignissen. • Ereignisse und Funktionen haben immer nur eine eingehende und eine ausgehende Kante. • Verknüpfungsoperatoren haben entweder mehrere eingehende und eine ausgehende Kanten oder eine eingehende und mehrere ausgehende Kanten. • Auf ein einzelnes Ereignis darf weder ein inklusives noch exklusives ODER folgen: Ereignisse treffen keine Entscheidungen. • Prozesspfade werden mit dem gleichen Operator verbunden, der für die Trennung verwendet wurde. • Bei Verzweigungen sind beliebig viele Pfade möglich. • Die Bezeichnung einer Funktion erfolgt durch „Substantiv + Verb im Infinitiv“, beispielsweise „Vollständigkeit prüfen“. • Die Bezeichnung eines Ereignisses erfolgt durch „Substantiv + Partizip“, beispielsweise „Vollständigkeit geprüft“. 2.1.3.5

Prozesstabellen

Häufig ist es nicht möglich, alle relevanten Informationen zu einem Prozess in einem graphischen Prozessmodell abzubilden. Zusätzlich zum Modell kann der Prozess dann mit Hilfe einer Prozesstabelle vollständig beschrieben werden. Eine Prozesstabelle kann die folgenden Informationen enthalten (s. Tab. 2.2):

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2 Methoden des Prozessmanagements

Tab. 2.2 Beispiel einer Prozesstabelle Nummer

Funktion/ Tätigkeit

Ausführender/ Rolle

Beschreibung

Ergebnis

Anmerkung

1 2

... Post befördern

Bote/Botin

Post auf Wagen sortieren, eingehende Post verteilen, ausgehendePost einsammeln

Eingangspost verteilt, Ausgangspost eingesammelt

drei Botengänge pro Tag

3

...

Jede Zeile einer Prozesstabelle wird durch eine laufende Nummer angeführt, die der Nummer der Funktion im Prozessmodell entsprechen muss. Ebenso sind die Bezeichnungen der Funktionen/Tätigkeiten mit denen im Prozessmodell konsistent zu halten.

2.1.3.6

Objektorientierte Methoden

Diese Form der Prozessmodellierung wird in der Regel dann eingesetzt, wenn die Modellierung Ausgangspunkt einer Softwareerstellung ist. Die Idee der Objektorientierung ist über 30 Jahre alt und fast ebenso lange liegt die Entwicklung objektorientierter Programmiersprachen zurück. Erste Publikationen zur objektorientierten Programmierung erschienen aber erstAnfang der 1990er Jahre. Oft werden die der Softwareentwicklung zugrunde liegenden Fachkonzepte einschließlich der Prozessmodelle als erweiterte ereignisgesteuerte Prozessketten dargestellt. Die zur Entwicklung neuer Softwaresysteme oder Ergänzungen zu bestehenden Systemen erforderlichen Datenmodelle werden davon unabhängig modelliert. Daher lassen sich die Daten- und Prozessmodelle im Nachhinein nur schwer abstimmen mit der Folge von Inkonsistenzen.6 Es stellt sich daher die Frage, ob die in der Datenmodellierung verwendeten objektorientierten Konzepte auch auf die Prozessmodellierung übertragbar sind7 . Die Unified Modeling Language (UML) geht zurück auf die folgenden drei Methoden (Autor in Klammern): OOSE (Jacobsen), OMT (Rumbaugh) und Booch (Booch). Die Methoden von Booch und Rumbaugh haben sich zu Beginn der 1990er Jahre zu den beliebtesten Methoden entwickelt. Die Methode von Rumbaugh war dabei eher an die strukturierten Methoden angelehnt. Die von Booch deckte die Bereiche kommerzieller, technischer und vergleichsweise gut auch zeitkritischer Anwendungen ab. 1995 begannen Booch und Rumbaugh, ihre Methoden zunächst in Form einer gemeinsamen Notation zur Unified Method (UM) zusammenzuführen. Die Unified 6 7

Vgl. Sinz (1991, S. 457). Vgl. Gadatsch (2010, S. 100).

2.1 Prozessmodellierung

61 State Charts Harel 1987

Ada/Booch Booch

Shlaer/Mellor

Wirfs-Brock

Booch ’91

OMT

1995 Praxisreife

OODA

Coleman

OOSE 94

OMT ‘94

OOA

Gibson/Goldberg Coad/Yourdon

Fusion

Martin/Odell

0.8 SOMA

UML 0.9

OMG Akzeptanz Nov. 97

UML 1.1

ISO Akzeptanz Okt. 2000 Veröffentlichung Nov. 2000

UML 1.3 UML 1.4

März 2003

2005 Sprachenblüte

MOSES

Graham

Unified Process

Standardisierung

OBA

Jacobsen

Booch Rumbaugh OOPSLA ’95 UM “3 amigos”

OOSE

Rumbaugh u.a.

MethodenBooch ’93 blüte

1997

OOSA

RDD

1990

Henderson-Sellers

Team Fusion

OPEN/OML

Coleman u.a.

Open-Group

RD

RUP, OEP ...

UML 1.5

2005

UML 2.0 2007

UML 2.1.2 2008

SysML 1.1

BPMN 1.1

DSLs

UML 2.2

Abb. 2.7 Historische Entwicklung objektorientierter Methoden und der UML. (Vgl. OOSE.de)

Method wurde jedoch schon bald in Unified Modeling Language (UML) umbenannt, weil es sich um die Vereinheitlichung der grafischen Darstellung und Semantik der Modellierungselemente handelte und keine Methodik. Modeling Language ist dabei eine Umschreibung für die spezielle Notation8 . Wenig später wurden die von Jacobson geprägten Use Cases ( zu deutsch: Anwendungsfälle) in die UML integriert. Die drei nannten sich fortan „Amigos“. Weil die Methoden von Booch, Rumbaugh und Jacobson bereits sehr populär waren und einen hohen Marktanteil hatten, bildete die Zusammenführung zur Unified Modeling Language (UML) einen Quasi-Standard. Schließlich wurde 1997 die UML in der Version 1.1 bei der Object Management Group (OMG) zur Standardisierung eingereicht und akzeptiert. Mittlerweile erfolgt die Weiterentwicklung durch die OMG9 . Die UML ist in erster Linie die Beschreibung einer einheitlichen Notation und Semantik sowie die Definition eines Metamodells. Die Beschreibung einer Entwicklungsmethode gehört nicht direkt dazu, sie wurde erst Anfang 1999 von Jacobson ergänzt. Abbildung 2.7 zeigt die historische Entwicklung der UML. Use Case Diagram(UML) Ursprünglich wurden Use Case Diagramme (Anwendungsfalldiagramme) zur Beschreibung funktionaler Anforderungen im Rahmen 8 9

Vgl. OOSE.de. Vgl. Müller (2005, S. 99).

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2 Methoden des Prozessmanagements

der Anforderungsanalyse für Softwaresysteme genutzt. In diesem Zusammenhang vereinfachten sie die Abstimmung zwischen der Fachabteilung und den Softwareentwicklern. Mittlerweile werden sie auch für die Darstellung von Geschäftsprozessen verwendet10 . Use Case Diagramme beschreiben aus fachlicher Sicht grundlegende Beziehungen zwischen Akteuren und dem Informationssystem in Form von Geschäftsvorfällen. Akteure können Personen, Ereignisse oder Prozesse sein, die die Geschäftsvorfälle anstoßen. In Tab. 2.3 sind die Notationen für Use Case Diagramme dargestellt11 . Tab. 2.3 Ausgewählte Notationen der UML. (Vgl. Gadatsch 2010, S. 101) Bezeichnung

Symbol

Beschreibung

Akteur (Mensch)

Menschlicher Akteur (Person, Rolle).

Akteur (System)

Technischer Akteur (z.B. elektronisches Bestellsystem des Kunden).

Akteur (Zeitereignis)

Zeitereignis tritt ein: Rechnungslauf beginnt automatisch zu einer bestimmten Uhrzeit.

Anwendungsfall

Geschäftsvorfall (z.B. Rechnung buchen).

Verbindung

Beziehung zwischen einem Akteur und einem Anwendungsfall.

Extend-Verbindung

Erweiterungsbeziehung zwischen zwei Anwendungsfällen. Der Anwendungsfall an der Pfeilspitze wird um den Anwendungsfall erweitert.

<>

Include-Verbindung

10 11

<>

Vgl. Metz und Umbach (2006, S. 424). Für weitere Details vgl. Oestereich (2001, S. 196 ff.).

Einschließende Bezeihung zwischen zwei Anwendungsfällen, der Anwmedungsfall von dem der Pfeil ausgeht ist Teil desjenigen auf den die Pfeilspitze zeigt.

2.1 Prozessmodellierung

63 «actor» Akteur 2

Mitverwend. Anwendf. Akteur 1

«extend» (extension point) [Bedingung]

«include»

Erweiterung o. Variante

Abstrakter Anwendf.

Akteur 4 Essentieller Anwendf.

2.. *

Akteur 3

UnterAnwendf.

Geschäftsanwendf.

Akteur 1

Abb. 2.8 Anwendungsfalldiagramm. (Vgl. OOSE.de)

Abbildung 2.8 zeigt ein Beispiel für ein abstraktes Anwendungsfalldiagramm. Activity Diagram (UML) Einzelne Verarbeitungsschritte eines Geschäftsvorfalls mit seinen vielfältigen Verzweigungen können mit einem Activity Diagram dargestellt werden. Activity Diagrams ähneln Ablaufdiagrammen. Tab. 2.4 Ausgewählte Notationen der UML für Activity Diagrams. (Vgl. Gadatsch 2010, S. 102) Bezeichnung

Symbol

Beschreibung

Start

Start einer Aktivität.

Aktivität

Aktivität in einem Anwendungsfall.

Verzweigung/ Zusammenführung (oder)

Verzweigung oder Zusammenführung des Kontrollflusses aufgrund einer Bedingung (oder).

Teilung

Parallelisierung oder Splittung einer Aktivität.

Synchronisierung (und)

Zusammenführung des Kontrollflusses zuvor aufgesplitteter Aktivität.

Kontrollfluss

Richtung des Kontrollflusses.

Ende

Ende einer Aktivität (es sind mehrere Endpunkte zulässig).

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2 Methoden des Prozessmanagements

Abb. 2.9 Beispiel eines Activity Diagrams. (Vgl. Gadatsch 2010, S. 103)

Bestellung eingetroffen

Kundenauftrag prüfen Mindestlagerbestand unterschritten Artikel bestellen

Auftrag bestätigen

Rechnung erstellen

Ware versenden

Auftrag bearbeitet

Start und Ende eines Anwendungsfalls werden durch spezielle Symbole dargestellt. Eine Verzweigung oder Zusammenführung stellt eine „Oder-Bedingung“ dar, die durch eine Raute symbolisiert wird. Die Raute kann dabei mit Bedingungen (z. B. Umsatz größer 100) spezifiziert werden. Die Teilung oder Synchronisation werden als „UND-Bedingungen“ abgebildet, die keine weiteren Beschriftungen notwendig machen. Tabelle 2.4 gibt einen Überblick über die wichtigsten Notationen in Activity Diagrams. Abbildung 2.9 zeigt ein einfaches Beispiel eines Activity Diagrams.

2.2 2.2.1

Prozesserhebung und -analyse Istaufnahme von Prozessen

Bevor mit der Konzeption eines Sollprozesses begonnen werden kann, muss sich zunächst ein Überblick über die Ist-Situation verschafft werden. Die Analyse des

2.2 Prozesserhebung und -analyse

65

Istzustandes ist eine Voraussetzung für die Ermittlung von Schwachstellen des bestehenden Prozesses und die Lokalisierung von Verbesserungspotenzialen12 . Allerdings ist zu beachten, dass die Istmodellierung eines Prozesses mit erheblichem Aufwand verbunden sein kann, so dass zunächst die Frage beantwortet werden muss, ob und in welchem Umfang die Istanalyse und Modellierung durchzuführen ist13 . Für eine Istmodellierung sprechen folgende Gründe14 : • Die Modellierung der Istsituation ist die Basis für die Ermittlung von Schwachstellen und Ausarbeitung von Verbesserungspotenzialen. • Eine hinreichende Kenntnis des Istzustandes ist die Voraussetzung für die Entwicklung einer Migrationsstrategie vom Istzustand zu einem definierten Sollzustand. • Die Modellierung des Istzustandes fördert bei allen beteiligten Mitarbeitern das Verständnis über fachliche Zusammenhänge der aktuellen Unternehmenssituation. Damit wird die Voraussetzung für die Erarbeitung eines Sollkonzeptes geschaffen. • Die Istmodellierung dient dazu, die beteiligten Mitarbeiter mit den für die sich anschließende Sollmodellierung zu verwendenden Methoden und Modellierungstools vertraut zu machen und ggf. Defizite vor der Erarbeitung und Modellierung des Sollkonzeptes aufzudecken. Die Mitarbeiter können sich dann in der Phase der Sollkonzeption auf die Verbesserung der Strukturen und Abläufe konzentrieren. • Ein Istmodell kann als Leitfaden für das Sollkonzept dienen, damit keine relevanten Sachverhalte vergessen werden. • Wenn der Istzustand in einigen Teilbereichen bereits dem Sollzustand entspricht, können die erstellten Modelle im Sollkonzept weiterverwendet werden, so dass sich der Aufwand für die Sollkonzeption verringert. • Ohne eine Betrachtung des Istprozesses können die Fehlerursachen nicht genau lokalisiert werden. Oft liegen die Probleme in anderen Bereichen, die ohne eine genaue Analyse nicht zu finden sind. Es erfolgt eine Behandlung der Symptome, ohne die Ursache zu kennen. • Ohne Kenntnis des Istprozesses können die erzielten Verbesserungen nicht gemessen und bewertet werden, es fehlt sozusagen die Basis mit der die erarbeiteten Erfolge verglichen werden können. • Darüber hinaus kann ohne ein Verständnis des Istzustandes die Aufwände für die Verbesserungsmaßnahmen nicht valide geschätzt werden. Neben diesen Argumenten für eine Istmodelierung sind folgende Gegenargumente zu überdenken15 :

12

Vgl. Schwegmann und Laske (2005, S. 155). In der Literatur wird die Frage nach der Notwendigkeit der Istmodellierung unterschiedlich gesehen, vgl. dazu Schwegmann und Laske (2005, S. 155) und die dort angegebenen Quellen. 14 Vgl. Schwegmann und Laske (2005, S. 155 f.). 15 Vgl. Schwegmann und Laske (2005, S. 155 f.). 13

66

2 Methoden des Prozessmanagements

• Durch die Erhebung des Istzustandes kann die Kreativität der Mitarbeiter bei der Erstellung des Sollkonzeptes eingeschränkt werden. Es besteht die Gefahr, dass Abläufe im Istzustand ohne kritische Analyse ins Sollkonzept übernommen werden. Dadurch bleiben mögliche Verbesserungspotenziale ungenutzt. • Die Erstellung eines Istmodells ist zeit- und kostenintensiv. Dieser Aufwand fällt an, ohne dass Prozesse verbessert werden. Abschließend ist festzuhalten, dass eine Istmodellierung immer sinnvoll ist. Allerdings hängt es vom jeweiligen Projekt ab, in welchem Umfang diese Modellierung durchgeführt wird Der Spruch – so viel wie nötig und so wenig wie möglich – hat auch hier seine Gültigkeit. Es darf nicht passieren, dass die Istanalyse so hohe Kosten verschlingt, dass für das Sollkonzept kein Raum mehr besteht. Kann davon ausgegangen werden, dass das Sollkonzept sehr stark von der Istsituation abweichen wird, reicht möglicherweise eine grobe Darstellung des Istzustandes aus. In jedem Fall dient eine Istmodellierung zur Diskussion von Schwachstellen und Verbesserungsmöglichkeiten mit den Beteiligten. Oft können bereits bei der Istmodellierung Schwachstellen erkannt und ohne großen Aufwand beseitigt werden. Vor der Istmodellierung sind im ersten Schritt die zu untersuchenden Prozesse zu identifizieren und abzugrenzen.

2.2.1.1

Prozessidentifikation und Abgrenzung

Zerlegung von Problembereichen Auf der Grundlage der unternehmensspezifischen Rahmenbedingungen wie Aufbau- und Ablauforganisation, sowie der erstellten Produkte und Dienstleistungen sind zunächst die durch die Istananlyse zu betrachtenden Problembereiche festzulegen. Dabei ist es sinnvoll, den Problembereich in handhabbare Teilbereiche zu unterteilen, die jeweils von einem Modellierungsteam bearbeitet werden können16 . Die Zerlegung des Problembereiches kann nach funktionale oder objektorientieren Aspekten erfolgen. Die funktionsorientierte Aufteilung richtet sich nach den betrieblichen Funktionsbereichen, wie z. B. Einkauf, Produktion und Vertrieb, wohingegen sich die objektorientierte Aufteilung nach den Bearbeitungsgegenständen der betrieblichen Prozesse richtet (z. B. alle Produktionsprozesse, die einen ähnlichen Output erzeugen oder alle Prozesse, die sich mit der Rechnung an den Kunden beschäftigen)17 . In der Regel werden diese beiden Gliederungsprinzipien kombiniert angewendet. Wird ein Problem im Bereich der Fertigung lokalisiert (funktionale Zerlegung), so wird in einem nächsten Schritt der Bearbeitungsgegenstand ermittelt, bei dem die Probleme auftreten (objektorientierte Zerlegung).

16 17

Vgl. Schwegmann und Laske (2005, S. 159). Vgl. Schwegmann und Laske (2005, S. 159).

2.2 Prozesserhebung und -analyse

67

Beschreibung der groben Problembereiche Bevor mit der eigentlichen Modellierung begonnen werden kann, sind zunächst die groben Abläufe innerhalb der identifizierten Problembereiche zu erfassen. Der Einfachheit halber ist zunächst ein eindeutiger Prozessname zu bestimmen. Damit wird sichergestellt, dass sich bei den folgenden Analysen alle Beteiligte mit dem definierten Prozess identifizieren und eine Verwechslungsgefahr auszuschließen ist. Zur Abgrenzung ist es sinnvoll, den ersten und den letzten Teilprozess festzulegen sowie den Prozessinput und den -output. Anhand der in Tab. 2.5 aufgeführten Fragen kann der zu untersuchende Prozess weiter bestimmt werden18 . Die Prozessidentifikation und -abgrenzung findet am besten in einem durch das Prozessteam vorbereiteten Workshop mit Mitgliedern der Fachabteilungen statt. Um sicherzustellen, dass alle relevanten Informationen aufgenommen werden, sollte Tab. 2.5 Hilfsfragen zur Prozessidentifikation und -abgrenzung. (Zusammengestellt aus Wagner und Käfer (2008, S. 60 f.)) Prozesszweck Stakeholder (Kunden) des Prozesses Output

Input

Erster Teilprozess

Letzter Teilprozess

Schnittstellen Erforderliche Ressourcen

Erfolgsfaktoren und Prozessziele

Erforderliche Daten/ Informationen

18

Was wird durch diesen Prozess erreicht? Warum ist dieser Prozess wichtig? Wer ist von dem Prozess betroffen? Was erwarten die Stakeholder (interne und externe Kunden, andere Abteilungen und der Betriebsrat) von dem Prozess? Was erzeugt der Prozess an Informationen, Daten, Dokumenten, Dienstleistungen und materiellen Produkten? Worin liegt die Wertschöpfung des Prozesses? Welche Informationen, Daten, Dokumente, Dienstleistungen und materiellen Produkte sind zur Durchführung des Prozesses erforderlich? Womit beginnt der Prozess, d. h. welcher Teilprozess ist als Erstes auszuführen? Wie lässt sich der Prozess von seinen Vorgängern abgrenzen? Womit endet der Prozess, d. h. welcher Prozessschritt ist als letztes auszuführen? Wie lässt sich der Prozess von seinem Nachfolger abgrenzen? Welche Schnittstellen zu anderen Prozessen gibt es? Welche Hilfsmittel, Betriebsmittel, Anlagen, Maschinen, Mitarbeiterqualifikation, usw. sind zur Durchführung des Prozesses erforderlich? Welches sind die wichtigsten Voraussetzungen, damit der Prozess zur Zufriedenheit der Kunden ablaufen kann? Welche Prozessziele sind festgelegt? Wann und wie wird die Leistungsfähigkeit gemessen (Soll-Ist-Vergleich), visualisiert und bewertet (Kennzahl)? Welche Informationen, wie z. B. Arbeitsanweisungen, Checklisten, Gesetzliche Anforderungen, Rezepturen sind für die Ausführung des Prozesses erforderlich?

Vgl. z. B. Wagner und Käfer (2008, S. 60 f.).

68

2 Methoden des Prozessmanagements

ein vorgefertigtes Formblatt verwendet werden, in dem die oben genannten Fragen vorbereitet sind und die Ergebnisse eingetragen werden können. Diese Formblätter sollten für alle im Rahmen eines Projektes aufzunehmenden Prozesse verwendet werden, um ein einheitliches Vorgehen sicherzustellen. Im Workshop sollte zunächst das Prozessteam und seine Aufgaben vorgestellt werden. Danach wird ein Überblick über das Gesamtprojekt und dessen Ziele gegeben. Im ersten Workshop ist es sinnvoll die Prozessmanagement-Methodik und die Modellierungsart vorzustellen. Anschließend erarbeiten die Workshopteilnehmer die Prozessidentifikation und -abgrenzung anhand der oben genannten Beispielfragen.

2.2.1.2

Durchführung der Istanalyse

Erhebungsmethoden und Erhebungsstrategie Sind die zu untersuchenden Prozesse voneinander angegrenzt, beginnt die Vorbereitung der Istanalyse des Prozesses. Dazu sammelt das Prozessteam die im Unternehmen bereits vorhandenen Informationen zum Prozess. Diese Informationen können z. B. Arbeitsplatzbeschreibungen, Arbeitsanweisungen oder bereits vorhandene Prozessbeschreibungen sein. Danach ist die Methodik für die Aufnahme des Istprozesses und der Detaillierungsgrad festzulegen. Der zu wählende Detaillierungsgrad hängt neben der Zielsetzung der Modellierung auch davon ab, inwieweit Teile des Istmodells im Sollkonzept wieder verwendet werden sollen. Ob eine Istaufnahme und Analyse mit größter Effizienz und trotzdem so Zeit sparend, wie möglich abgewickelt werden kann, hängt nicht zuletzt von den richtigen Methoden der Informationsbeschaffung ab. Dabei sind im Wesentlichen folgende Erhebungsmethoden zu unterscheiden, deren Zweckmäßigkeit sich nach der Komplexität der Aufgabenstellung richtet: 1. 2. 3. 4.

Fragebogen Beobachtung Auswertung vorhandener Unterlagen persönliche Befragung.

Unabgängig von der Erhebungsmethodik sollte die Istanalyse des Prozesses folgende Fragen beantworten, wobei die aus der Prozessidentifikation und -abgrenzung ermittelten Informationen als Basis verwendet werden können. • • • • • •

Was ist der Anstoß bzw. der Auslöser des Prozesses? Wie wird der Prozess abgewickelt (Tätigkeit)? Welche geltenden Dokumente sind bei der Durchführung relevant? Wer mit Wem (Mitwirkungen, Verantwortlichkeiten)? Was sind die Ergebnisse (Outputs) des Prozesses im Detail? Wie ist das Vorgehen bzw. sind die Verantwortlichkeiten bei Störungen oder Änderungen? • Wie kann der Prozess wirksam verbessert bzw. Korrekturmaßnahmen festgelegt und überwacht werden?

2.2 Prozesserhebung und -analyse

69

Tab. 2.6 Einsatzmöglichkeiten verschiedener Erhebungsmethoden Methode

Erhebungsobjekt

Ziel

Auswertung vorhandener Unterlagen Fragebogen

Dokumente, die vorab zugängig sind, Informationsträger intern oder extern Zeit und Mengengerüst: – Artikel (Art und Menge) – Stücklisten – Lieferantenzahl – Kundenaufträge pro Tag – Zeiten (Lade-, Rüst- und Durchlaufzeiten) etc Überblick über: Produkte/Dienstleistungen Betriebsmittelanordnung und – ausstattung Materialflusssystem Lagerorganisation Informationsträger Informationsfluss mit: – Informationsträger (Belege, Karteien, Listen) – Zeiten, Personen – Aufgaben/Tätigkeiten – Arbeitsverfahren, -mittel

Systematisierung des Informationszustandes

Betriebsbesichtigung (Beobachtung)

Persönliche Befragung

Überblick über wesentliche Fakten, Erhebung des Zeit- und Mengengerüstes, sowie Vorbereitung des Interviews oder des Workshops

Überblick über räumliche Verhältnisse und der Geschäftsprozesse

Grob- und Detailaufnahme von Geschäftsprozessen, Informationsflüssen und Prozessbeteiligten Klärung offener Fragen und spezieller Problematiken

Die Erhebungsstrategie legt fest, mit welchen Erhebungsmethoden und welcher Reihenfolge die in der Systemabgrenzung festgelegten Bereiche erfasst werden. Dabei ist die Anwendung der einzelnen Methoden wie in Tab. 2.6 denkbar. In Abhängigkeit des zu analysierenden Prozesses kann die persönliche Befragung der relevanten Personen durch einen Workshop mit den beteiligten Fachabteilungen oder durch gezielte Interviews mit ausgewählten Experten durchgeführt werden. Tabelle 2.7 stellt die Vor- und Nacheile dieser beiden Erhebungsmethoden einander gegenüber. Durchführung eines Experteninterviews Bei der Durchführung von Experteninterviews ist darauf zu achten, dass zunächst die Standardabläufe beschrieben werden. Eine detaillierte Erfassung der Sonderfälle ist meist nicht erforderlich, ebenso wenig wie es nicht notwendig ist, jeden einzelnen Handgriff zu erheben. Bei der Istaufnahme von Unterprozessen, die von nur einer Person ausgeführt werden, sollte auch diese Person den Unterprozess beschreiben. Folgende Fragen sind bei der Durchführung eines Interviews zur Erfassung des Istzustandes hilfreich, wobei darauf zu achten ist, dass nicht der Eindruck eines Verhörs entsteht (s. Tab. 2.8). Workshop zur Erhebung eines Prozesses Erfolgt die Istaufnahme in einem Workshop, so sollten die am Prozess beteiligten Bereiche durch einen oder mehrere Vertreter repräsentiert werden. Die Beteiligten kennen am besten die Prozesse und

70

2 Methoden des Prozessmanagements

Tab. 2.7 Vor- und Nachteile von Workshop und Interview bei der Prozessanalyse. (Vgl. Best und Weth 2009, S. 72) Workshop

Interview

Vorteile

Nachteile

Ergebnisse sind zügig zu ermitteln Teilnehmer agieren gemeinsam und können schnell einen Konsens erzielen Gesamtzusammenhang eines Prozesses wird allen transparent Schwachstellen werden bereits im Workshop für alle sichtbar Erfahrungen eines jeden Einzelnen werden ausführlich aufgenommen Prozessaufnahme auf hoher Detaillierungsebene möglich Unterschiedliche Sichtweisen auf den Prozess und daraus ableitbare Probleme werden erfasst

Gegenseitige Beeinflussung möglich Wichtige Argumente einzelner können übergangen werden Tendenz zum Verharmlosen von Problemen (insbesondere bei abteilungsübergreifenden Workshops) Zeitliche Begrenzung kann zu „unsauberem“ Arbeiten führen Abstimmungszyklus zum Schaffen von Konsens über einen Prozess erforderlich Durchführung und Auswertung der Ergebnisse meist zeitaufwändiger Fehler durch unterschiedliche Interpretation des Interviewers möglich

Tab. 2.8 Beispielfragen zur Durchführung eines Interviews Sammelfragen

Vertiefungsfragen

Perspektivfragen

Polaritätsfragen

Suchprozesse einleiten Fokus erweitern Überblick verschaffen Klärung verschaffen Fokus vertiefen Ins Detail gehen Für kreative Ideen Blickwinkel wechseln Kongruenz prüfen Bewusstsein verwirren Funktionen prüfen

Was alles . . . ? Welche Ideen . . . ? Was noch . . . ? Was bedeutet . . . ? Was besonders . . . ? Was genau . . . ? Was würde . . . empfehlen? Wie würde . . . beurteilen? Wenn Sie . . . bekämen, was wäre dann besser? Was geht schief, wenn alles gut geht? Was ist das Gute an dem, was stört?

können bereits bei der Erhebung Hinweise auf Schwachstellen geben. Im Workshop gilt es, das entsprechende Vertrauen und Klima zu schaffen und die erforderliche Offenheit zu erzeugen, so dass alle Teilnehmer ihre Beiträge leisten können. Der Moderator dieser Workshops sollte über eine entsprechende Erfahrung verfügen. Bei großen Teilnehmerzahlen eines Workshops oder bei besonders detailreichen Abläufen kann es sinnvoll sein, einen Co-Moderator auszuwählen, der die parallele Dokumentation der Beiträge der Teilnehmer übernimmt. Der Workshop sollte gut vorbereitet werden, d. h. das Material für die Prozessdokumentation in Form von Beispielprozesse und erforderlichem Arbeitsmaterial (Flip-Chart, Pinnwände oder Beamer) muss vorhanden sein. Die Gestaltung des Ablaufes der Prozessaufnahme muss festgelegt werden. Insbesondere bei mehreren Moderatoren kann die vorbereitende Erarbeitung eines Moderatorenplans sinnvoll sein. Während der Prozessaufnahme sind zunächst die Ziele des Workshops mit allen Teilnehmern zu definieren und den Ablauf des Workshops zu klären. Sind die

2.2 Prozesserhebung und -analyse

Was wird von wem für die Aktivität benötigt?

Input Auslöser Daten

71

Was wird daraus gemacht

Wer erhält was aus der Aktivität? Wie und wo geht es weiter?

Aktivität/ Prozessschritt

Output Ergebnis Daten

Abb. 2.10 Unterstützungsfragen bei der Prozessmodellierung

Teilnehmer des Workshops noch nicht mit der Methodik der Prozessdarstellung vertraut, so muss zunächst die Prozessdarstellungsweise erklärt werden. Hier ist die Präsentation eines einfachen Beispielprozesses hilfreich. Die bei der Prozessidentifikation und -abgrenzung festgelegten Anfangs- und Endpunkt des aufzunehmenden Prozesses sind vorzustellen und die Prozessbeteiligte mit Hilfe eines Organigramms aufzuzeichnen. Bei der Durchführung eines Workshops kann es hilfreich sein, den Workshopteilnehmern die in Abb. 2.10 dargestellten Unterstützungsfragen zur ersten Beschreibung des Prozesses vorzulegen. Anschließend kann anhand der oben genannten Fragen der Prozess weiter aufgenommen werden. Für die eigentliche Dokumentation der Prozesse stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, z. B. am Flip-Chart oder auf Metaplanwänden. Verfügt das Prozessteam bereits über eine ausreichend große Modellierungserfahrung, kann auch direkt in der Modellierungssoftware gearbeitet werden. Dabei kann die Darstellung über ein an die Wand projiziertes Bild durch das Prozessteam verfolgt werden. Diese Vorgehensweise setzt eine große Erfahrung des Modellierers voraus. Die erarbeitete Prozessdarstellung muss für alle Beteiligten gut erkennbar und nachvollziehbar sein. Nach der erfolgten Darstellung des Prozesses sollte durch die Prozessbeteiligten das Verbesserungspotenzial des Prozesses bzw. der Teilprozesse benannt und eine Gewichtung der für die Sollmodellierung relevanten Bereiche vorgenommen werden. Am Ende eines Workshops muss die weitere Vorgehensweise vereinbart werden. Diese kann z. B. darin bestehen, dass das Modellierungsteam die Prozesse überarbeitet und vertieft. Detaillierung der erhobenen Prozesse (Top-Down-Ansatz) Durch die komplexen Strukturen von Wirtschaftsunternehmen oder Aufgabenstellungen lässt sich zu Beginn der Istanalyse meist keine genaue Systemabgrenzung vornehmen. Zu diesem frühen Zeitpunkt der Erhebung lassen sich durch die Komplexität keine einzelnen Schwachstellen und Problembereiche erkennen. Es bietet sich daher an, eine erste Erhebung auf einen grob gefassten (weiteren) Bereich des Unternehmens anzulegen. In diesem Fall ist die Erhebungstiefe gering, die Erhebungsbreite jedoch vergleichsweise groß. Eine sich durch die erste Erhebung ergebende Faktenanalyse ermöglicht es nun Problembereiche zu lokalisieren, die Erhebungsbreite einzuschränken und

72

2 Methoden des Prozessmanagements

Kernprozesse im Lager

Wareneingang

Übernahme aus dem Wareneingang

Lagerung

Lagerort zuweisen

Transport zum Lagerort

Kommissionierung

Einlagerung

Quittierung der Einlagerung

Abb. 2.11 Beispiel eines Top-Down-Ansatzes

die Erhebungstiefe auf das erforderliche Niveau auszuweiten. Nach erneuter Faktenanalyse ist es möglich, weitere Erhebungen durchzuführen, um anfangs grob lokalisierte Schwachstellen mehr und mehr zu ergründen und zu analysieren. Diese Vorgehensweise wird als Top-Down-Ansatz (Top-Down-Approach) bezeichnet. Bei der Top-Down-Analyse werden die Prozesse von oben nach unten abgeleitet, das heißt vom Groben zum Feinen. Durch sie ist es möglich, über den Istzustand bereits nach kurzer Zeit, eine ausreichende Erkenntnistiefe zu erreichen, um ein gezieltes weiteres Vorgehen zu ermöglichen. Dies zeigt Abb. 2.11. Konkret bedeutet das, dass nach der Aufnahme der Prozesse in einem Workshop oder einem Interview eine Detaillierung notwendig wird, um alle den Prozess beschreibenden Informationen aufzunehmen. Diese Aufgabe wird am Besten durch die jeweiligen Prozessbeteiligten selbst vorgenommen, eventuell mit Unterstützung eines Prozessanalysten (Business Analyst). Eine solche detaillierte Aufnahme würde jeden Workshop „sprengen“, so dass diese Aufgabe im Nachgang eines Workshops durchzuführen ist. Bei der Detaillierung der Prozesse ist die Frage nach der erforderliche Tiefe der Prozessmodelle zu klären. Diese Detaillierungstiefe ist abhängig von der Aufgabenstellung, dem zu erwartenden Risiko bei einem nicht oder schlecht funktionierenden Prozess, der Komplexität des Prozesses und der Störungshäufigkeit im Prozess. Darüber hinaus ist soweit zu modellieren, dass die Schnittstellenproblematik abgebildet werden kann und durch die Istmodelle eine für die spätere Analyse ausreichende Transparenz geschaffen wird.

2.2 Prozesserhebung und -analyse

73

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die richtige Detaillierungstiefe dann erreicht ist, wenn die damit verbundenen Fragestellungen beantwortet werden oder die Probleme hinreichend genau beschrieben werden können. Prüfung und Abnahme der erhobenen Prozesse Nach der Detaillierung der Prozesse wird die Dokumentation der Istprozesse durch die Prozessbeteiligten überprüft. An der Überprüfung sollten möglichst viele Mitarbeiter beteiligt werden, um alle Mitarbeiter einzubeziehen und auf den gleichen Wissensstand zu bringen. Nur bei einer hohen Beteiligungsquote der betroffenen Mitarbeiter erhält man die Sicherheit, auch den tatsächlichen Iststand zu dokumentieren. Schwerpunkt der Überprüfung ist die Korrektur falsch dargestellter und das Ergänzen fehlender Prozesse. Die Prozessüberprüfung kann mit einer formalen Abnahme der Prozesse durch die betroffenen Mitarbeiter verbunden werden. Die Abnahme im Team lässt sich so gestalten, dass die aufgenommenen Prozesse besprochen und am Modell überprüft werden. Anschließend sind die Prozessmodelle zu verabschieden, wobei hier noch einmal die Möglichkeit der Diskussion und Klärung offener Fragen besteht. Nach erfolgter Freigabe der Prozesse wird die Dokumentation der Istprozesse (bzw. die Prozessbeschreibungen) im Unternehmen an die Prozessverantwortlichen, Bereichsleiter und Führungskräfte verteilt. Dazu kann eine Veröffentlichung im Intranet dienen, einfacher ist das „Auslegung/Aushängen“ der Prozessmodelle in Papierform an geeigneter Stelle (z. B. im Flur der Fachabteilungen) oder die Verteilung einer CD. Um die Istmodelle den zuständigen Führungskräften vorzustellen ist eine Präsentation auf der Führungsebene sinnvoll. Die Prozessdokumentation, vor allem die graphische Darstellung der Prozesse, ist von großer Bedeutung für das Verständnis der Abläufe und die weitere Arbeit mit diesen Modellen. Grafik und ergänzende bzw. erläuternde Texte in Form von Prozessbeschreibungen ergeben die Gesamtdokumentation eines Prozesses. 2.2.1.3

Zusammenführen von Teilmodellen

Bei komplexen Prozessprojekten arbeiten mehrere Prozessteams zusammen. Die in verschiedenen Workshops erstellten Istmodelle müssen anschließend zu einem integrierten Modell konsolidiert werden. Hilfreich für eine spätere Konsolidierung ist es, wenn die Modellierungsteams bereits während der Modellerstellung die Harmonisierung ihrer Modelle anstreben und sich an die zuvor vereinbarten Modellierungsrichtlinien, z. B. für die Beschreibung der Schnittstellen, halten. Weiter sind eine regelmäßige Abstimmung der Modelle in der Modellierungsphase und die über alle Prozessteams einheitliche Verwendung der Fachbegriffe unerlässlich. Dadurch wird eine spätere Zusammenführung der Modelle erleichtert und die Modellanpassungen begrenzt19 . Wurde eine objektorientierte Zerlegung der Problembereiche durchgeführt, so muss frühzeitig analysiert werden, ob gleichartige Strukturen und Prozesse in unterschiedlichen Objekten vorhanden sind. Diese Strukturen sind direkt in einem Modell 19

Vgl. Schwegmann und Laske (2005, S. 169).

74

2 Methoden des Prozessmanagements

zu dokumentieren, um den Integrationsaufwand zu reduzieren. Die Problematik bei der objektorientierten Zerlegung des Problems besteht darin, dass unterschiedliche Teams in den jeweiligen Teilmodellen abweichende Strukturierungen und Benennungen gewählt haben. Dadurch ist eine Modellkonsolidierung nur mit erheblichem Aufwand möglich. Bei der objektorientierten Problemzerlegung ist daher sehr genau darauf zu achten, dass die Teams strukturanalog vorgehen und sich eng miteinander abstimmen20 . Bei einer funktionalen Zerlegung der Problembereiche ist die Abstimmung und Harmonisierung der Schnittstellen zwischen den modellierten Bereichen erforderlich. Durch eine Schnittstellenbeschreibung wird dokumentiert, welche physischen und informatorischen Objekte in welchem Zustand an Folgeprozesse weitergegeben werden. Der genaue Input und Output der einzelnen Teilelemente ist detailliert zu spezifizieren und abzugleichen, um ein konsolidiertes und damit konsistentes Gesamtmodell zu erhalten21 . Die Zusammenführung der Teilmodelle zeigt Inkonsistenzen auf, die in den einzelnen Teams nachgebessert und erneut abgestimmt werden müssen. In sehr großen Modellierungsprojekten ist es meist sinnvoll ein eigenes Konsolidierungsteam zu etablieren, das die Einhaltung der Modellierungskonventionen, insbesondere an den Schnittstellen und die Zusammenführung der Modelle übernimmt. Eine besondere Herausforderung stellt die Konsolidierung von Teilmodellen mit unterschiedlichem Detaillierungsgrad dar. Dies muss dann erfolgen, wenn beispielsweise bestimmte Bereiche im Istzustand nicht in das Sollkonzept übernommen und daher nicht eingehend analysiert werden sollen. In einem solchen Fall ist die präzise Definition der Schnittstellen und der zu übertragenden Objekte zwingend erforderlich. Das konsolidierte Gesamtmodell ist in der Regel sehr komplex. Um sich in diesem Modell zurecht zu finden, sollten die wichtigsten Prozesse auf der Top-Level Ebene abgebildet werden und sich davon ausgehend die Modelle weiter verzweigen.

2.2.2 Analyse der Istmodelle Nach Aufnahme und formeller Abnahme der erhobenen Prozesse werden diese im nächsten Schritt analysiert. Istanalysen lassen sich nicht nach einem einheitlichen Schema durchführen. Auf welche Gesichtspunkte besonders geachtet werden muss, hängt insbesondere von den Zielsetzungen und der gewünschten Untersuchungstiefe ab. Zu der Durchführung der Istanalyse gehört neben der oben beschriebenen die Überprüfung der Erhebungsergebnisse auf Vollständigkeit und deren Systematik auch eine sog. Fakten oder Schwachstellenanalyse. Dazu gehört auch, dass man sich zunächst ein Bild über den Idealzustand des Systems macht, um somit Abweichungen eindeutig zu identifizieren. 20 21

Vgl. Schwegmann und Laske (2005, S. 169). Vgl. Schwegmann und Laske (2005, S. 170).

2.2 Prozesserhebung und -analyse

75

2.2.2.1 Abgleich mit den Unternehmenszielen Zunächst erfolgt der Abgleich des erhobenen Istmodells mit den Unternehmenszielen. In der Betriebswirtschaftslehre versteht man unter Zielen Aussagen über zukünftige Zustände, die durch konkretes Handeln erreicht werden sollen. Dabei handelt es sich um Aussagen mit normativem Charakter, d. h. sie geben einen von einem Entscheidungsträger gewünschten, von ihm oder anderen anzustrebenden Zustand der Realität wider. Die Zielsetzung eines Unternehmens setzt sich aus unterschiedlichen Teilzielen zusammen (Zielsystem) und ist das Ergebnis eines Entscheidungsprozesses. Ein Zielsystem ist eine geordnete Gesamtheit von Zielen, zwischen denen Beziehungen bestehen und die gleichzeitig verfolgt werden. Die Ziele eines Unternehmens stehen nicht isoliert nebeneinander, sondern müssen miteinander in Beziehung gesetzt und aufeinander abgestimmt werden. Die Unternehmensziele sind nun den erarbeiteten Istmodellen gegenüber zu stellen und auf ihre Erreichbarkeit durch den aktuellen Prozess zu überprüfen.

2.2.2.2

Schwachstellenanalyse

Ausgangspunkt der Schwachstellenanalyse sind die Negativwirkungen des Istzustandes, die zu einer unbefriedigenden Situation führen. Dabei lässt sich die Schwachstellenanalyse in folgenden Schritten durchführen: 1. Bestimmung und Beurteilung der Negativwirkung durch Vergleich mit einem Sollzustand. 2. Abgrenzung der Tätigkeit, in der die Ursache vermutet wird (Schwachstelle). 3. Analyse der Ursachen, insbesondere der Bestimmungsgrößen der Aufgaben: Verrichtung, Verfahren, Objekt, Aufgabenträger, Arbeitsmittel, Zeit, Raum, Zweck. 4. Feststellung des Änderungsbedarfs (Verbesserungsvorschlag). Die Ergebnisse der Analyse können beispielsweise in einem Problembereichsverzeichnis dokumentiert werden. Dabei werden die Tätigkeits-Nr., Abteilung, Negativwirkung, Ursache und Änderungsbedarf aufgeführt (s. Tab. 2.9). Diese Dokumentation der Erhebungsergebnisse ist das Ergebnis der Faktenanalyse, die als Grundlage für ein späteres Sollkonzept dient. Tab. 2.9 Beispiel eines Problembereichsverzeichnisses Nr. Problembereich Negativwirkung

Ursache

Änderungsbedarf

40 Versand/Frau X Kunde ist Just-In-Time-Teile waren Neue Methode der unzufrieden, will nicht rechtzeitig am Prognose des Bedarf den Auftrag Bedarfsort. Dadurch durch exponentielle stornieren, kommt es zu Glättung. . . weil . . . Verzögerungen

76

2 Methoden des Prozessmanagements

In folgenden Bereichen können Verbesserungen aufgezeigt werden22 : a) Unzureichende informationstechnische Unterstützung und technische Infrastruktur Eine angemessene informationstechnische Unterstützung der bestehenden Unternehmensprozesse ist ein wichtiger Erfolgsfaktor für Unternehmen. Dabei können folgende Schwachstellen identifiziert werden: – Fehlende Funktionalitäten in bestehenden Anwendungssystemen. – Unzureichende Möglichkeiten der Datenverwaltung. – Redundante Datenverwaltung (Mehrfacherfassung und Speicherung von Daten und damit inkonsistente Datenbestände). – Mangelnde Performance von Systemen und damit verbundene Wartezeiten. – Schlechte Bedienbarkeit der Systeme und damit fehleranfällige Systeme. – Verwendung unterschiedlicher Systeme für die gleiche Aufgabenstellung in verschiedenen Unternehmensbereichen und damit verbunden ein höher administrativer Aufwand. – Verwendung unterschiedlicher Systeme, die nicht miteinander kompatibel („verträglich“) sind. Man bezeichnet zwei Produkte als zueinander kompatibel, wenn ein gemeinsames, aufeinander bezogenes Funktionieren gewährleistet ist. Kompatibilität kann sehr umfassend sein und von der Einhaltung bestimmter Leitungswiderstandswerte bis hin zur Benutzung gemeinsamer Verfahren der Softwareverschlüsselung reichen. Durch fehlende Kompatibilität können Daten nicht ausgetauscht werden und es entsteht ein Mehraufwand für die durchzuführenden Aktivitäten. – Kein elektronischer Austausch von Daten mit Lieferanten und Kunden. – Keine Nutzung neuer Technologien wie z. B. elektronische Dokumentenarchivierung, Workflowmanagementsysteme etc. b) Probleme in der Ablauforganisation Bei der Istmodellierung können Schwachstellen in der Ablauforganisation aufgedeckt werden23 : – Aufdeckung überflüssiger oder redundanter Prozesse. – Ermittlung von Beschleunigungspotenzialen z. B. durch Parallelisierung von Aktivitäten. – Reduzierung und Optimierung von Prozessschnittstellen. – Ermittlung von „überorganisierten“ Bereichen, z. B. durch Untersuchung der erforderlichen Formulare und Genehmigungen zur Abwicklung eines Prozesses.

22 23

Vgl. Schwegmann und Laske (2005, S. 173 ff.). Vgl. Schwegmann und Laske (2005, S. 174 ff.).

2.2 Prozesserhebung und -analyse

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c) Probleme in der Aufbauorganisation Auch für Schwachstellen in Aufbauorganisation kann die Istanalyse erste Hinweise geben24 : – Keine eindeutige Zuordnung von Entscheidungs- und Verantwortungsbereichen. – Unterschiedliche Ansprechpartner für den Kunden zum gleichen Anliegen. – Zu viele Hierarchieebenen, die die Entscheidungs- und Kommunikationswege verlängern und das eigenverantwortliche Handeln der Mitarbeiter behindern. – Fehlende oder ungeeignete Anreizsysteme für die Mitarbeiter. – Über- oder Unterforderung der Mitarbeiter in den untersuchten Bereichen.

2.2.2.3

Berechnung der Durchlaufzeit und Prozesskosten

Da mit der Prozessoptimierung meist eine Reduktion der Durchlaufzeiten und der Prozesskosten erreicht werden soll, müssen die erhobenen Prozesse und Prozessschritte um die Kennzahlen Zeitverbrauch und Kostenanfall ergänzt werden. Beide Kennzahlen erlauben Rückschlüsse auf die Effizienz eines Prozesses. Die Durchlaufzeit stellt den gesamten Zeitbedarf dar – vom Start- bis zum Endpunkt des Prozesses. Im Einzelnen setzt sich die Durchlaufzeit dabei zusammen aus Rüstzeit, Bearbeitungszeit und Liegezeit. Sie lässt sich im Vergleich zu den Kosten relativ einfach durch verschiedene Formen von Zeitaufnahmen, Schätzungen, Befragungen und Selbstaufschreibung messen. Die Ermittlung der Kosten ist weit schwieriger, weil mehrere Aspekte berücksichtigt werden müssen. So beispielsweise die Anzahl der Mitarbeiter, unterschiedliche Stundenlöhne und der Zeitbedarf. Die Erkenntnisse der Prozessanalyse macht sich die Prozesskostenrechnung zu Nutze, bei der die Gemeinkosten verursachungsgerecht einem Prozess oder Prozessschritten zugerechnet werden. Bereits in den 1980er Jahren wurden die Grenzen der traditionellen Kostenrechnungssysteme erreicht. Diese Systeme wurden Jahre zuvor entwickelt, um die Personal- und Materialkosten direkt den Produkten zuordnen zu können. Der Gemeinkostenanteil war relativ gering und die auftretende Verzerrung durch falsch zugeordnete Gemeinkosten war unbedeutend. Heute verfügen viele Unternehmen über ein umfangreiches Produktsortiment. Hier machen die direkt zuordenbaren Personalkosten nur einen kleinen Teil der Gesamtkosten aus und der Gemeinkostenanteil ist von erheblicher Bedeutung25 . Diese Veränderung der Wertschöpfungsstruktur von der Fertigung in die sogenannten indirekten Leistungsbereiche führte zu einer steigenden Bedeutung der Planung, Vorbereitung und Kontrolle. Der Kostenschwerpunkt hat sich also von der Produktion zu den Gemeinkosten verlagert26 . 24

Vgl. Schwegmann und Laske (2005, S. 175). Vgl. Drury (2004, S. 262). 26 Vgl. Mengen und Urmersbach (2006, S. 218). 25

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2 Methoden des Prozessmanagements

Der Wandel der Produktions-, Nachfrage- und Wettbewerbsbedingungen ist dafür verantwortlich, dass sich die Kostenstrukturen entsprechend gewandelt haben27 . Der deutlich gestiegene Anteil der Gemeinkosten am gesamten Kostenvolumen wurde auch von Befürwortern der traditionellen Vollkostenrechnung als Problem erkannt, das zwei grundsätzliche Ausprägungen umfasst. Erstens wird der Gemeinkostenblock, d. h. der größte Teil aller Kosten, den einzelnen Kostenträgern in der Vollkostenrechnung willkürlich und nicht verursachungsgerecht zugerechnet. Zweitens werden Ungenauigkeiten bei den Einzelkosten durch Zuschlagsätze um ein Vielfaches vergrößert. Die Prozesskostenrechnung ist also eine Kalkulationsmethode zur verursachungsgerechten Zuordnung der Gemeinkosten28 . In der Prozesskostenrechnung werden also die Gemeinkosten der Kostenstellen detaillierter betrachtet und von einer stellenorientierten Sichtweise in eine prozessorientierten Sichtweise überführt29 . Im Gegensatz zur klassischen Kostenleistungsrechnung rücken bei der Prozesskostenrechnung die einzelnen Prozesse eines Unternehmens in den Mittelpunkt der Betrachtung. Die Prozesskostenrechnung kann allerdings nicht als vollkommen neues Kostenrechnungsverfahren verstanden werden. Sie ist vielmehr eine sinnvolle Ergänzung herkömmlich eingesetzter Verfahren und spielt insbesondere bei der Analyse von Prozessen eine wichtige Rolle. Hauptaufgaben der Prozesskostenrechnung sind folglich die Durchführung einer prozessorientierten Kontrolle der Kosten in den indirekten Leistungsbereichen und die Möglichkeit einer prozessorientierten Kalkulation zusätzlicher Produktvarianten im Vergleich zum Standardprodukt30 . Erst die Erhebung der Prozesskosten zeigt hier, dass insbesondere die Erstellung von Kleinserien oder Sondermaßen zu erhöhten Prozesskosten führt. Das ist unter anderem darin begründet, dass bei der Abweichung vom Standardfall mehr Planungs- und Steuerungskapazitäten gebunden werden. Bei der Ermittlung der Prozesskosten müssen den zuvor definierten Prozessen die beteiligten Kostenstellen zugeordnet werden31 . Das Ergebnis ist eine für die betrachteten indirekten Leistungsbereiche aufgestellte Tätigkeitsliste. Nachdem die in einer Kostenstelle des indirekten Leistungsbereichs anfallenden Prozesse festgelegt sind, wird festgestellt, ob sich die Prozesse in Abhängigkeit vom Leistungsvolumen der Kostenstelle jeweils mengenvariabel oder mengenfix verhalten. Es muss also entschieden werden, ob es sich um leistungsmengeninduzierte oder leistungsmengenneutrale Prozesse handelt32 . Bei der Bezugsgrößenwahl werden für die leistungsmengeninduzierten Prozesse Kostentreiber festgelegt, die der Verrechnung der Gemeinkosten der indirekten Leistungsbereiche dienen33 . Kostentreiber legen Art und Anzahl der Teilprozessdurchführungen in den Kostenstellen fest. Die Anzahl der zur Erbringung des 27

Vgl. Braun (2007, S. 21 ff.). Vgl. Reckenfelderbäumer (1998, S. 22 f.). 29 Vgl. Mengen und Urmersbach (2006, S. 219). 30 Vgl. Barth und Barth (2008, S. 314 f.). 31 Vgl. Jossé (2008, S. 193). 32 Vgl. Jossé (2008, S. 194). 33 Vgl. Bea et al. (2005, S. 700).

28

2.2 Prozesserhebung und -analyse

79

Outputs erforderlichen Prozesse treibt das Volumen der entstehenden Gemeinkosten voran34 . So könnte für die Tätigkeit „Bestellungen aufgeben“ beispielsweise der Kostentreiber „Anzahl der Bestellungen“ verwendet werden. Sie stellen also die Beziehungen zwischen Kosten, Prozessen und Kalkulationsobjekten her35 . Die Kostentreiber sind Maßgrößen der durch die Prozesse verursachten Kosten und entsprechen dem Begriff der Bezugsgrößen. Durch das Heranziehen der Kostentreiber als Bezugsgröße soll die häufig vorhandene undifferenzierte Verrechnung von Gemeinkosten durch eine tatsächliche Gemeinkostenverteilung ersetzt werden36 . Für einen geeigneten Kostentreiber müssen bestimmte Faktoren beachtet werden. Er sollte eine gute Erklärung von Kosten in jedem Kostenblock von Tätigkeiten enthalten37 . Das heißt, es ist aus den vielen möglichen Größen diejenige auszuwählen, die einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Prozess und Kostenanfall aufweist38 . Zudem sollte ein Kostentreiber leicht messbar sein, Daten sollten relativ leicht zu erlangen und identifizierbar mit dem entsprechenden Produkt sein39 . Im letzten Schritt wird zur Ermittlung der Planprozesskosten für jede Bezugsgröße eine Planprozessmenge festgelegt. Diese Menge für die einzelnen Bezugsgrößen könnte die Produktionsprogrammplanung sein40 . Die Kenntnis der Prozessmenge ist zum Einen zur Bestimmung der Prozesskostensätze, zum Anderen, um Budgetvorgaben für Kostenstellen zu ermitteln, erforderlich. Mithilfe vorhergehender Untersuchungen können dabei die Prozesskostensätze gewonnen werden. Dabei müssen die zur einmaligen Ausführung des Prozesses benötigten Einsatzfaktoren hinsichtlich Art, Menge, Intensität und zeitlicher Dauer bestimmt und mit Preisen bewertet werden41 . Dazu können im konkreten Anwendungsfall Mitarbeiterbefragungen durchgeführt werden, bei denen die befragten Personen Angaben zum Umfang und der Dauer der von ihnen ausgeführten Tätigkeiten machen sollten. Diese Angaben werden dann entsprechend ihrer Verursachung (=Dauer der einzelnen Tätigkeit) mithilfe des Mitarbeiterkostensatzes auf die entsprechenden Tätigkeiten verrechnet. Der Prozesskostensatz kann nach der Ermittlung der Planprozessmengen und -kosten ermittelt werden, indem man die Prozesskosten eines leistungsmengeninduzierten Prozesses durch die Prozessmenge teilt. Der ermittelte Prozesskostensatz gibt die durchschnittlichen Kosten für die Ausführung eines Prozesses an. Der Prozesskostensatz enthält nun die Kosten der leistungsmengeninduzierten Prozesse der betrachteten Prozessart. Im nächsten Schritt müssen auch die leistungsmengenneutralen Prozesse zugerechnet werden. 34

Vgl. Remer (2005, S. 30). Vgl. Ostrenga (1990, S. 43). 36 Vgl. Cooper (1990, S. 345). 37 Vgl. Drury (2004, S. 271). 38 Vgl. Braun (2007, S. 68). 39 Vgl. Drury (2004, S. 271). 40 Vgl. Kaplan und Atkinson (2006, S. 104 ff.). 41 Vgl. Braun (2007, S. 84). 35

80

2 Methoden des Prozessmanagements

Dabei erfolgt eine Umlage der Kosten der leistungsmengenneutralen Prozesse im Verhältnis der Prozesskosten der leistungsmengeninduzierten Prozesse42 . Der volle Planprozesskostensatz eines Teilprozesses ergibt sich aus der Summe des leistungsmengeninduzierten und leistungsmengenneutralen Plankostensatzes. Sofern der zuvor erhobene Prozess noch nicht in einer Prozesskostenrechnung erfasst wurde, sind die Kosten jedes einzelnen Prozessschritts zu ermitteln. Selbst wenn nicht für jeden Prozessschritt exakte Werte vorliegen, sollten zumindest für die wichtigsten Schritte die Kosten kalkuliert werden. Die Personalkosten lassen sich durch eine einfache Rechnung auf eine Arbeitsstunde herunterbrechen. 2.2.2.4

Unterstützung der Istanalyse durch Referenzmodelle43

Referenzmodelle dienen der allgemeingültigen Dokumentation von „Best Practice“ innerhalb von abgegrenzten Problembereichen. Natürlich besteht die Möglichkeit, ein individuelles Prozessmodell für die zu untersuchenden Bereiche zu entwickeln. Um die Modellbildung in der Praxis zu vereinfachen und zu standardisieren, womit auch ein einheitliches Begriffsverständnis verbunden ist, können Referenzmodelle eingesetzt werden. Das zentrale Charakteristikum eines Referenzmodells ist seine intendierte bzw. faktische Wiederverwendung. Damit ist ein Referenzmodell ein Modell, das zur Wiederverwendung empfohlen oder faktisch zur Konstruktion weiterer Modelle wieder verwendet wird. Das Referenzmodell stellt somit ein Muster dar, das als idealtypisches Modell für die Klasse der zu modellierenden Sachverhalte betrachtet werden kann. Referenzmodelle können technische oder betriebswirtschaftliche Sachverhalte abbilden. Der Referenzmodellbegriff wird dabei ähnlich wie der Modellbegriff sowohl mit deskriptiver als präskriptiver Absicht verwendet: In deskriptiver Sicht beschreibt ein Referenzmodell die Gemeinsamkeiten einer Klasse von Modellen, wobei es in präskriptiver Sicht einen Vorschlag, wie eine Klasse von Modellen ausgestaltet sein kann, liefert. Mit der Anwendung von Referenzmodellen werden im Allgemeinen höhere Effektivitäts- und Effizienzvorteile unterstellt, z. B. • Kosten: Die Anschaffung eines Referenzmodells verursacht Kosten, den jedoch Einsparungen bei der Modellerstellung aufgrund der Vorlagen gegenüber stehen. • Zeit: Die Auswahl eines Referenzmodells erfordert Zeit, die jedoch durch die Wiederverwendung der Modelle und die Zeitersparnis bei der Modellerstellung kompensiert werden kann. • Qualität: Die Nutzung hochwertiger Referenzmodelle verbessert die Modellqualität und reduziert die Fehler. Bei der Verwendung eines Referenzmodells entsteht eine Sicherheit, keine Aspekte zu vergessen. Erste umfassende empirische Untersuchungen zur ökonomischen Wirkung der Referenzmodellierung bestätigen am Beispiel des SCOR-Modells (Supply-Chain42 43

Vgl. Bea et al. (2005, S. 700 f.). Vgl. Schwegmann und Laske (2005, S. 175 ff.)

2.2 Prozesserhebung und -analyse

81 Plan

Deliver

Source

Return

Return

Make

Deliver Return

Source

Make

Return

Supplier

Deliver Return

Source Return

Your Company

Internal or External

Make

Deliver Return

Source Return

Customer Internal or External

SCOR Model

Abb. 2.12 Umfang des SCOR-Modells. (Vgl. http://supply-chain.org/)

Operations-Reference-Modell) die positiven Effekte, die von der Anwendung eines Referenzmodells ausgehen. Das SCOR-Modell als Beispiel eines Referenzmodells44 Das SCOR-Modell wurde entwickelt zur Standardisierung der Abläufe innerhalb einer Supply Chain (s. Abb. 2.12). 1996 wurde das Supply Chain Council aus der Beratungsgesellschaft Pittiglio Rabin Todd & Mc. Grath sowie Advaned Manufacturing Research) zusammen mit 69 Unternehmen unterschiedlichster Branchen in Pittsburgh (USA) gegründet. Seit 1997 ist der Supply Chain Council (SSC) in Pennsylvania als unabhängiger Verein ins Handelsregister aufgenommen, mit dem Ziel das SCOR-Modell zu fördern und weiterzuentwickeln. Die Tätigkeiten werden durch Mitgliedsbeiträge finanziert. Im Kern ist das SCOR-Modell ein idealtypischer und branchenübergreifenderAnsatz zur Beschreibung derAbläufe innerhalb einer Supply Chain. Mit Hilfe von Kennzahlen können die Abläufe in den standardisierten Lieferketten überwacht werden. Darüber hinaus sind in dem Konzept Anforderungen an die unterstützende Software einschließlich der erforderlichen Funktionalitäten beschrieben. Als Prozessreferenzmodell erstreckt sich der Ansatz über die gesamte Supply Chain, d. h. von der Quelle (Source of Supply) bis zum Verbrauchspunkt (Point of Consumption). Die Abläufe sind konfigurierbar, so dass unterschiedliche Alternativen durch den gleichen Prozess abgebildet werden können. Von anderen Prozessbeschreibungsmethoden unterscheidet sich das SCORModell durch Festlegung und Definition folgender Supply Chain Inhalte: • Standardprozessbeschreibung – Mit der Standardprozessbeschreibung kann der SCOR-Anwender die einzelnen Prozesse und deren Inhalte verstehen. Sie bildet ein allgemeingültiges, softwareunabhängiges Gerüst für alle die Supply Chain betreffenden Teilprozesse. 44

Vgl. http://supply-chain.org/.

82

2 Methoden des Prozessmanagements

Diese Standardprozessbeschreibung dient zwei Anwendungsfällen; erstens lassen sich die Unterschiede zwischen Ist- und Referenzsituation herausarbeiten und zweitens kann mit dem Referenzwerk relativ einfach ein neuer Sollprozess entworfen werden. • Best Practices – Die Best Practices dokumentieren in der Praxis erfolgreicheAnsätze für die Optimierung der einzelnen Prozesse. Mit diesen Hinweisen können die Anwender Ansätze zur Optimierung der Supply-Chain-Leistungsfähigkeit identifizieren. • Messgrößen – Im SCOR-Modell liegen standardisierte Definitionen von Messgrößen vor, mit denen alle Prozesse gemessen und gesteuert werden können. Diese allgemeingültig definierten Messgrößen erleichtern ein Benchmarking verschiedener Unternehmen. Prozess-Stufen Das idealtypische Referenzmodell ist hierarchisch aufgebaut und umfasst mehrere Ebenen. Dabei nimmt die Konkretisierung des Modells über die einzelnen Stufen zu (s. Abb. 2.13). Top-Level Die Ebene Top-Level definiert den Umfang sowie den Inhalt der Supply Chain Aktivitäten, mit den fünf Spezifizierungen (Prozesskategorien): • Planen (Plan): In dieser Phase werden die Angebots- und Nachfragestrukturen geplant. Dazu werden Lieferquellen bewertet, Nachfrageanforderungen ermittelt und Bestände geplant sowie Anforderungen an die Produktion und den Vertrieb gestellt, Materialien definiert, Kapazitäten im Mengengerüst abgeglichen und die erforderliche Infrastruktur festgelegt. • Beschaffen (Source): Nach der Planungsphase sind im SCOR-Modell alternative Beschaffungsquellen zu vergleichen, um die Versorgungssicherheit im Unternehmen zu gewährleisten. Der Prozess setzt sich aus unternehmensinternen (z. B. Warenannahme, Qualitätsprüfung) und unternehmensexternen (Zertifizierung der Lieferanten, Abschluss von Rahmenverträgen) Aktivitäten zusammen. • Herstellen (Make): Das dritte Aktivitätenbündel umfasst die Herstellung der nachgefragten Güter. Dazu muss der Fertigungsprozess mit seinen Schnittstellen abgestimmt werden. Top-Level

Configuration-Level

Process Element-Level

Abb. 2.13 Stufen im SCOR-Modell. (Vgl. Werner 2008, S. 49)

Implementation-Level

2.2 Prozesserhebung und -analyse

83

• Liefern (Deliver): Dieses Aktivitätenbündel beinhaltet alle Maßnahmen, um die nachgefragten Güter beim Kunden verfügbar zu machen. Hierzu werden die Kundenaufträge verwaltet (z. B. Bestellerfassung, Fakturierung), das Lager bewirtschaftet (z. B. Kommissionierung, Verpackung, Versandabwicklung) und die Waren distribuiert (z. B. Auswahl des Transportweges und der Transportart). • Rückführung (Return): Hierunter werden sowohl Aktivitäten, die mit der Rückführung bereits ausgelieferter Produkte verbunden sind, als auch Dienstleistungen aus dem Bereich Kundenservice und Kundenunterstützung zusammengefasst. Configuration Level Auf der Grundlage der Top-Level Aktivitäten werden auf der Ebene Configuration Level 17 verschiedene Standard-Module definiert, mit denen sich mögliche Supply Chains darstellen lassen. Diese Standard-Module können in einer Matrix in Kombination mit den Prozesstypen dargestellt werden (s. Tab. 2.10): • Planung (Planning): Der Prozesstyp Planung umfasst alle Aktivitäten zur Harmonisierung von Angebot und Nachfrage, worunter die revolvierende Durchführung des Planungsprozesses und die Festlegung eines möglichen Planungshorizontes zu zählen ist. • Ausführung (Execution): In diesem Schritt werden die Aktivitäten festgeschrieben, die zur Transformation der Planung dienen. Dazu gehören Terminplanung und Maschinenbelegungsplanung. • Infrastruktur (Infrastructure): Die Infrastruktur beinhaltet alle Aktivitäten, die die Voraussetzungen für die Realisierung der Planung und Ausführung schaffen. Hierunter fallen insbesondere Informationsaufbereitung und -pflege. Der Prozess – Typ Ausführung wird nach dieser Matrix noch weiter untergliedert und zwar in die drei Ausführungsprozesse „standardisierte Katalogteile Tab. 2.10 Aktivitätenbündel im SCOR-Modell. (Vgl. Werner 2008, S. 53)

Aktivitätenbündel Planning

Prozesstypen

Plan P0 – P4

Source S0 – S3

Make M0 – M3

P1 Plan Supply Chain

P2 Plan Source S1 Source stocked Products

P3 Plan Make M1 Make to stock products

Execution

Infrastructure

P0 Plan Infrastructure

Deliver D0 – D3

P4 Paln Deliver D1 Deliver stocked products D2 Deliver S2 Source M2 Make to Make to Make to order oder order products products products D3 Deliver S3 Source M3 Make to engineer to engineer to engineer order order products products products M0 Make D0 Deliver S0 Source Infrastructure Infrastructure Infrastructure

84

2 Methoden des Prozessmanagements

Tab. 2.11 Beispiel einer Input-Output-Relation im SCOR-Modell. (Vgl. Koch 2004, S. 127) Input

Prozesselement

Output Bestellung in der Fertigung Auftragsbestätigung an den Kunden Wareneingangsbuchung im Lager

Kundenauftrag

D.2.1

Bestellung der erforderlichen Teile in der Fertigung

Lieferschein

D.2.2

Verpackungsvereinbarung Rahmenvertrag

D.2.3

Vereinnahmung der angelieferten Waren aus der Fertigung inkl. Qualitätskontrolle Versandabwicklung

Frachtpapiere

D.2.5

D.2.4

Auswahl des Spediteurs, abhängig von Lieferzeit Auslieferung der Waren

Versandpapiere Dokumentation Auftrag an den Spediteur Empfangsbestätigung

(Stocked Products)“, „auftragsspezifische Kaufteile (Make to Order Products)“ und „auftragsspezifische Konstruktionsteile (Engineer to Order Products)“. Prozess Element Level In der dritten Stufe, der Gestaltungsebene, erfolgt eine weitere Konkretisierung der Prozesse. Hier werden die Aktivitätenbündel in einzelne Prozesselemente zerlegt und die zugehörigen Input-Output-Relationen bestimmt. Wenn möglich sind für jedes Prozesselement Benchmarks festzulegen. Dazu werden die Leistungsmerkmale mit dementsprechenden Bewertungsmaßstab, (möglichst eine Kennzahl) sowie mit einem Hinweis auf die Best Practice und eine Angabe zur Software, festgelegt. So können Rückstände identifiziert werden. Schließlich ist die in der Suppy Chain zu berücksichtigende Software zu spezifizieren. Jedes Feld in der Toolbox kann auf dieser dritten Ebene mit Input-Output-Relationen je Prozesselement versehen werden (s. Tab. 2.11). Bei der Nutzung eines Referenzmodells ist es erforderlich ein geeignetes Modell zu finden, so gibt es zurzeit noch nicht für alle Unternehmensbereiche adäquate Referenzmodelle. Darüber hinaus ist der Vergleich zwischen Ist- und Referenzmodell aufgrund unterschiedlicher Strukturierungen oder Begrifflichkeiten sehr aufwändig. Daher ist im Einzelfall zu entscheiden, ob die Verwendung eines Referenzmodells zur Problemlösung im konkreten Anwendungsfall beitragen kann.

2.2.2.5

Unterstützung der Istanalyse durch Benchmarkting

Um einschätzen zu können, wie gut oder schlecht die derzeitigen Unternehmensprozesse sind, können die erhobenen Prozesse mit denen anderer Abteilungen oder Unternehmen verglichen werden. Diese Möglichkeit wird als Benchmarking bezeichnet. Definition des Begriffs Benchmarking Robert Camp, einer der Begründer des Managementinstruments Benchmarking, definiert den Begriff Benchmarking als „den kontinuierlichen Prozess Produkte, Dienstleistungen und Praktiken [. . . ] gegen den stärksten Mitbewerber oder die Firmen[zu messen], die als Industrieführer anzusehen

2.2 Prozesserhebung und -analyse

85

sind“45 . Aus der ökonomischen Perspektive betrachtet, werden unter Benchmarks Orientierungs- oder Richtgrößen verstanden, an denen sich die Performanceerstellung orientieren soll46 . Die Definition von Camp gibt den Kerngedanken dieses modernen Managementinstrumentes wieder. Oftmals wird an das Benchmarking die Forderung gestellt, dass die zum Vergleich herangezogenen Unternehmen in den entsprechenden Bereichen sehr gute Ergebnisse aufweisen. Allerdings wird diese Forderung in der Praxis häufig nicht eingehalten. Hier hat sich für jeden systematischen, von beiden Seiten organisierten Vergleich zwischen Unternehmen oder Unternehmensteilbereichen der Begriff des Benchmarking eingebürgert. Ziele des Benchmarking Das Managementwerkzeug Benchmarking hilft, zielorientiert und gezielt nach neuen Ideen für Prozesse, Verfahren und Methoden außerhalb des eigenen Unternehmens oder auch außerhalb der eigenen Branche zu suchen47 . Der Fokus des Benchmarking liegt jedoch nicht allein bei der Herausstellung von Unterschieden zu anderen Unternehmen, sondern auch in der Identifikation von Best Practices, mit denen Wettbewerbsvorteile geschaffen werden können. Anhand von Benchmarks werden qualitative und quantitative Messgrößen erarbeitet, mit deren Unterstützung eine vergleichende Beurteilung von Leistungen und Prozessen gegenüber den Wettbewerbern möglich ist48 . Eine der wesentlichen Zielvorstellungen des Benchmarking besteht darin, durch den schlüssigen Vergleich mit anderen Unternehmen Verbesserungspotenziale aufzudecken. Diese können sich auf technologische, qualitäts- und kostenbezogene oder organisatorische Fragstellungen beziehen. Das bedeutet, dass Benchmarking auch Ergebnisse über realisierbare Rationalisierungsmaßnahmen liefert. Das allgemeine Ziel von Benchmarking ist es, die im Rahmen des Vergleichs festgestellten Lücken zu schließen. Durch den Vergleich mit anderen Unternehmen werden Lösungsideen fernab der „Betriebsblindheit“ oder den eigenen Perspektiven geschaffen. Daher ist die Durchführung eines Benchmarkings eine gute Möglichkeit, bestehende Prozesse zu überprüfen und neue Lösungsideen zu gewinnen49 . Formen des Benchmarking Die unterschiedlichen Arten von Benchmarking können nach den Kriterien Benchmarking-Objekt und Benchmarking-Partner differenziert werden50 . Abbildung 2.14 zeigt eine Übersicht der unterschiedlichen Formen des Benchmarking, die in der Praxis am häufigsten angewandt werden. Als Benchmarking-Objekte kommen nicht nur Produkte in Betracht. Es können ebenso Prozesse, strategische Ziele und Performanceleistungen miteinander verglichen werden. Tabelle 2.12 zeigt beispielhaft eine Übersicht von vier verschiedenen Benchmarking-Arten und den dazugehörigen Objekten und Zielen. 45

Vgl. Camp (1994, S. 13). Vgl. Hans und Warschburger (2009, S. 159). 47 Vgl. http://www.benchmarking.fraunhofer.de/Benchmarking; Zugegriffen: 24.04.2010. 48 Vgl. Gerberich (2005, S. 311). 49 Vgl. Gerberich (2005, S. 311). 50 Vgl. Hans und Warschburger (2009, S. 160). 46

Objekte

86

2 Methoden des Prozessmanagements

ProduktBenchmarking

Prozess Benchmarking

Strategisches Benchmarking

Performance Benchmarking

Benchmarking-Arten

Partner

Internes Benchmarking

Externes Benchmarking

Unternehmensbezogenes Benchmarking

Konkurrenzbezogenes Benchmarking

Konzernbezogenes Benchmarking

Branchenbezogenes Benchmarking Branchenfremdes Benchmarking

Abb. 2.14 Arten des Benchmarking. (In Anlehnung an Siebert und Kempf (2008, S. 34)) Tab. 2.12 Beispiel Benchmarking-Arten mit Objekten und Zielen. (http://www.benchmarkingforum.de/benchmarking-arten.html, Zugegriffen: 25.04.2010) Benchmarking

Objekt

Ziele

Produkt-Benchmarking

Produkte Leistungsumfang Dienstleistungen Hintergründe Kernprozesse Vorgehensweisen Leistungen Strategien Erfolgsfaktoren Wettbewerbsvorteile

Kostenreduktion Produktverbesserung

Prozess-Benchmarking

Performance-Benchmarking Strategisches Benchmarking

Prozessoptimierung Leistungssteigerung Positionierung Strategieentwicklung Wettbewerbsvorteil

Nach Auswahl der Vergleichspartner wird zwischen internem und externem Benchmarking unterschieden. Das interne Benchmarking umfasst den Vergleich zwischen den Teileinheiten eines meist relativ großen Unternehmens. Dabei kann es sich um rechtlich selbständige Tochterunternehmen eines Konzerns oder um rechtliche unselbstständige Geschäftsbereiche oder auch Funktionsbereiche eines Unternehmens handeln. Im Vergleich zum internen Benchmarking werden beim externen Benchmarking Unternehmen miteinander verglichen, die keine gemeinsame Leitung aufweisen51 . 51

Vgl. Hans und Warschburger (2009, S. 161).

2.2 Prozesserhebung und -analyse

87

Das externe Benchmarking besteht aus dem konkurrenz-beziehungsweise branchenbezogenem Benchmarking (auch wettbewerbsfokussiertes Benchmarking) und dem branchenfremden Benchmarking (auch funktionales Benchmarking)52 . Prozess-Benchmarking Für die Belange des Prozessmanagements ist das ProzessBenchmarking von besonderer Bedeutung. Es ist auch die in der Praxis am häufigsten angewendete Form53 . Unter Prozess-Benchmarking wird der Vergleich von gleichen oder ähnlichen Prozessen mit dem Ziel der Prozessoptimierung verstanden54 . Der Nutzen der Benchmark-Ergebnisse richtet sich nach der Zielsetzung des Unternehmens. Da die Prozesse nicht branchenbezogen sind, ist es leichter und weniger konfliktreich geeignete Benchmarking-Partner mit besseren Prozessabwicklungen zu finden. Durch die Vielzahl der Prozesse in einem Unternehmen können diese von der obersten Prozessebene, z. B. Einkauf, Produktion, Absatz, in weitere hierarchisch untergeordnete Ebenen zerlegt werden. Dadurch ist es möglich, unterschiedliche Prozessebenen zu verändern bzw. zu optimieren. Durch die Prüfung aller Geschäftsprozesse können Ursachen und Möglichkeiten zur Verbesserung ermittelt werden. Dabei ist es wichtig, die entscheidenden Arbeitsabläufe zu erkennen und zu verstehen55 . Mit Hilfe des Prozess-Benchmarking können innovative Lösungen zur Ausformung von Geschäftsprozessen gefunden werden. Hierbei wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass in anderen Unternehmen gewisse Prozesse effektiver beziehungsweise produktiver durchgeführt werden als im eigenen Unternehmen. Eine präzise Definition, geeignete Strukturierung sowie eine Quantifizierung anhand von relevanten und geeigneten Messgrößen sind zwingende Voraussetzungen, um Prozesse zwischen Unternehmen vergleichbar zu machen. Diese Messgrößen bilden die Grundlage für den Vergleich mit den entsprechenden Prozessen der BenchmarkingPartner. Hierbei wird zwischen primären Messgrößen, die den Benchmark bilden, und sekundären Messgrößen differenziert. Als Beispiel könnten die Durchlaufzeiten als primäre Messgröße und Schnittstellen sowie Anzahl der Mitarbeiter als sekundäre Messgrößen dienen56 . Durch die Unterstützung der sekundären Messgrößen werden die Benchmarkunterschiede erklärt. Einerseits können die sekundären Messgrößen das Umfeld des Benchmarking-Partners schildern und andererseits potenzielle Ursachen für Abweichungen darlegen, die wiederum Anhaltspunkte für gute Praktiken sind. Eine Gegenüberstellung der Messgrößen hilft dabei festzustellen, warum ähnliche beziehungsweise vergleichbare Prozesse beim Benchmarking-Partner besser gelöst werden. Danach wird das Fremdwissen in Systemwissen transferiert. Um ein Prozess-Benchmarking erfolgreich durchzuführen, muss neben der Vergleichbarkeit der Prozesse auch die Übertragbarkeit von Praktiken anderer Unternehmen auf die eigenen Prozesse gewährleistet sein. Der größte Wert beim 52

Vgl. Werner (2008, S. 219). Vgl. Stockmann (2007, S. 87). 54 Vgl. Wötzel (2007, S. 8). 55 Vgl. Siebert und Kempf (2008, S. 48). 56 Vgl. Binder (2003, S. 104 f.). 53

88

2 Methoden des Prozessmanagements

Tab. 2.13 Vor- und Nachteile Prozess-Benchmarking. (In Anlehnung an Siebert und Kempf (2008, S. 48)) Vorteile

Nachteile

• Großes Verbesserungspotenzial durch branchenübergreifende Sichtweise • Hoher Langzeitnutzen

• Prozessdenken nicht bei allen Unternehmen in gleicher Art ausgeprägt • Umfangreiche Datenerhebung zur Herstellung der Vergleichbarkeit erforderlich • Prozessmessgrößen und -Dokumentation nur bei Kernprozessen vorhanden

• Gute Übertragbarkeit der gefundenen „Best (Good) Practices“

Prozess-Benchmarking liegt darin, die Prozesse, die zu den entsprechenden Resultaten (Kennzahlen) führten, richtig zu interpretieren. Das Quantifizieren und Messen der eigenen Leistung nimmt an dieser Stelle eine eher untergeordnete Rolle ein. Viel wichtiger ist es, die eigenen für das Unternehmen relevanten Arbeitsabläufe zu identifizieren und zu verstehen, warum vergleichbare Prozesse beim Benchmarking-Partner besser funktionieren. Prozess-Benchmarking sollte nicht nur auf Kernprozesse, sondern auch auf Unterstützungsprozesse angewandt werden. In zahlreichen Branchen sind die Kernprozesse schon so weit optimiert, dass ein Benchmarking nur bedingt weitere Verbesserungsmöglichkeiten offenlegt. Im Gegensatz hierzu wurden bei Unterstützungsprozessen, die in manchen Unternehmen heute noch einen hohen Prozentsatz an Ressourcen binden, Optimierungsmöglichkeiten vernachlässigt. Tabelle 2.13 stellt die Vor- und Nachteile des Prozessbenchmarktings gegenüber. Im Rahmen des Prozess-Benchmarking müssen Unternehmen gefunden werden, die identische oder ähnliche Prozesse aufweisen und diese erfolgreicher durchführen. Im Falle von fehlenden Ähnlichkeiten in der Prozessstruktur und Nichtübereinstimmung der Zielgrößen sind Prozesse nicht oder nur bedingt vergleichbar57 . Der Ablauf eines Benchmarking-Projektes basiert auf einer strukturierten Vorgehensweise, das heißt aus einer Reihe von Aktivitäten, die in einer festgelegten Reihenfolge zueinander stehen58 . Der Benchmarking-Prozess nach Camp59 gliedert sich in fünf verschiedene Phasen, die als Planungs-, Analyse-, Integrations-, Aktionsund Reifephase bezeichnet werden. Das übergeordnete Ziel der Planungsphase ist die Bestimmung des Benchmarkingobjektes. Neben dem zu untersuchenden Objekt wird in der Planungsphase auch das Benchmarking- Team bestimmt, welches das Benchmarking-Projekt durchführt. Außerdem sollte die Methodik der Datengewinnung festgelegt werden60 . Genutzt werden können interne oder externe Informationsquellen. Ebenfalls in die Phase der Planung fallen die Entscheidungen über die Art des Benchmarking und die Wahl des 57

Vgl. Siebert und Kempf (2008, S. 44 f.). Vgl. Östblom und Karlöf (1994, S. 71 f.). 59 Vgl. Heinz and Wesselmann (2002, S. 8 f.). 60 Vgl. Baus (2003, S. 185).

58

2.2 Prozesserhebung und -analyse

89

Benchmarking-Partners. Bei der Wahl des Partners ist darauf zu achten, dass dieser in dem Benchmarkingobjekt eine bessere Leistung als das eigene Unternehmen erzielt. In dieser Analysephase wird das zu betrachtete Benchmarkingobjekt im eigenen Unternehmen sowie im Partnerunternehmen betrachtet. Ziel ist es, eigene Schwachstellen und Leistungsdefizite aufzudecken und diese durch konkrete Kennzahlen zu definieren61 . Dabei können zum einen finanzielle Kennzahlen, wie zum Beispiel die Umsatzrentabilität eines bestimmten Produktes, berechnet werden. Es können auch zeitliche Aspekte berücksichtigt werden, wie z. B. die Durchführungszeit eines bestimmten Prozesses62 . Im Rahmen der Integrationsphase geht es um die Kommunikation der Ergebnisse innerhalb des eigenen Unternehmens. Mitarbeiter sowie Unternehmensleitung sollen über das Benchmarking-Projekt und dessen Nutzen informiert werden. Nachdem die Ergebnisse des Benchmarking-Projektes im Unternehmen kommuniziert wurden, müssen die Erkenntnisse aus der Analysephase in konkrete Verbesserungsschritte und Zielvorgaben im Sinne von angestrebter Leistung umgesetzt werden63 . In der Aktionsphase wird eine aus dem an den relativ besten Praktiken orientierten Zielsystem eine strukturierte Vorgehensweise zur Zielerreichung abgeleitet. Dabei können Ziele beispielsweise in Form von jährlichen Budgetvorgaben oder operativen Leistungskennzahlensystemen für einzelne Bereiche des Unternehmens existieren. Zur Erzielung von Verbesserungen ist detailliert festzulegen, welche Aktivitäten durchgeführt werden müssen und wie einzelne Aufgaben ausgeführt und gegebenenfalls kontrolliert werden. Die Reifephase beinhaltet die ständige Kontrolle der bisherigen Aktionen und den damit verbundenen Erfolgen. Der Fortschritt der Implementierung und der Erfolg der durchgeführten Maßnahmen sollte anhand von aussagekräftigen Größen verfolgt und mit den geplanten Größen verglichen werden. Die permanente Durchführung von Benchmarking erfordert auch eine stetige Anpassung an Neuerungen. Benchmarking wird zu einem eigenständig fortlaufenden Unternehmensprozess64 . In der Reifephase soll Benchmarking den erreichten Unternehmenserfolg erhalten und diesen ständig ausbauen. Daher ist die fortlaufende Anwendung von großer Bedeutung. Ein wesentlicher Vorteil des Benchmarking ist die externe oder interne Informationsgewinnung. Die Erkenntnis, dass Unternehmen Prozesse bewältigen, wird die Einstellung der Mitarbeiter gegenüber internen Prozessen beeinflussen. Benchmarking gibt nicht nur Antworten auf das „Wo“, sondern auch auf das „Wie“. Durch Benchmarking gelangen Unternehmen zu konkreten Hinweisen, wie sie bestimmte Leistungsniveaus erreichen können65 . 61

Vgl. Mentzel (1999, S. 69). Vgl. Baus (2003, S. 186). 63 Vgl. Camp (1994, S. 175). 64 Vgl. Mentzel (2002, S. 70 f.). 65 Vgl. Werner (2008, S. 221). 62

90

2 Methoden des Prozessmanagements

Der Nutzen des Benchmarking liegt insbesondere in der Verbesserung der Kundenzufriedenheit und die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit. Durch eine Optimierung der Leistungserbringung und einer Orientierung an den Kundenanforderungen wird eine höhere Kundenzufriedenheit erreicht. Des Weiteren wird anhand der Orientierung an besseren Wettbewerbern die Wettbewerbsfähigkeit und -position des Unternehmens verbessert66 . Neben den Möglichkeiten, die das Benchmarking bietet, gibt es auch Grenzen, auf die während eines Benchmarking-Projekts getroffen werden kann. Bei Benchmarking handelt es sich zum einen um ein relativ junges Verfahren, so dass es zum Teil nur wenige Fachleute gibt, die den entsprechenden Erfahrungsschatz in Bezug auf die Durchführung einer Benchmarking-Studie haben. Zum anderen ist das Beschaffen der notwendigen Daten, die für das Benchmarking benötigt werden, nicht immer leicht67 . Eine Erhebung mit unüberschaubaren Daten, die Fehlbesetzung des Benchmarking-Teams oder der falsche Benchmarking-Partner sind einige Gründe für ein Scheitern eines solchen Projekts. Darüber hinaus entstehen während eines Benchmarking-Projekts Kosten, wie zum Beispiel für Personal und Reisen68 . Weitere Probleme beim Benchmarking können durch eine mangelhafte Datenqualität und inadäquate Messinstrumente verursacht werden. Um die Vergleichbarkeit und Akzeptanz der Daten zu garantieren, ist zum einen die Validität der Indikatoren zu sichern, das heißt die Indikatoren sollen die operationalisierten Ziele möglichst exakt messen. Zum anderen sollen die Indikatoren verlässlich sein, damit die Wiederholbarkeit der Analysen in Zeitreihen gewährleistet ist. Beim Benchmarking besteht auch die Gefahr des einfachen „Kopierens“ der Strategie des Besten69 .

2.3 2.3.1

Erarbeitung des Sollprozesses Ziele der Sollmodellierung

Aufbauend auf den Istmodellen und deren Analyse ist im nächsten Schritt eine Modellierung von Sollprozessen durchzuführen. Die Soll-Konzeption dient der Entwicklung von umsetzungsfähigen Lösungsideen zu den in der Istanalyse aufgedeckten Schwachstellen und Problembereichen. Sie orientiert sich an den definierten Zielen des Optimierungsprojektes. Vor der Erarbeitung verschiedener Lösungskonzepte sollten daher nochmals die Untersuchungsziele betrachtet werden. In der Phase der Soll-Konzeption wird ein gezielter Weg zur Entwicklung der Lösungsansätze durchlaufen. Hierbei fließen auch die ausgewerteten Hinweise und Anregungen der Beschäftigten aus der Istanalyse mit ein. 66

Vgl. Jung (2007, S. 311 f.). Vgl. Siebert und Kempf (2008, S. 19). 68 Vgl. Mertins et al. (2007, S. 19 f.). 69 Vgl. Werner (2008, S. 221). 67

2.3 Erarbeitung des Sollprozesses

91

An die Ergebnisse der Sollmodellierung werden vielfältige nach innen und außen gerichtete Erwartungen geknüpft: Dies sind intern beispielsweise70 : • • • • • • •

Erlössteigerung, Kostenreduzierung, Verbesserung und damit Verkürzung von Arbeitsabläufen, Reduzierung von Planungszeiten, Verkürzung von Bearbeitungszeiten, Schnellere Verfügbarkeit von Informationen, Bessere Kommunikation zwischen Unternehmensbereichen, d. h. Abbau von Schnittstellen, • Minimierung von Beständen. Nach außen gerichtete Erwartungen beinhalten beispielsweise71 : • • • • •

Höhere Prozess- und Produktqualität, Bessere Kundennähe und damit verbundene Kundenbindung, Schnellere Kommunikation mit den Marktpartnern, Höhere Prozesstransparenz für die Kunden, Schnellere Reaktion auf Veränderungen des Marktes und damit eine Sicherung und Verbesserung von Marktanteilen.

Bevor mit der Sollmodellierung begonnen werden kann, sind die mit den Sollprozessen verbundenen Erwartungen zu präzisieren. Hierbei gilt es zu verhindern, dass die Mitarbeiter und Führungskräfte falsche oder überzogene Erwartungen an die Ergebnisse der Sollmodelle stellen.

2.3.2 Vorbereitung der Sollmodellierung Im Regelfall bewirkt die Dokumentation der Istprozesse bei den Prozessbeteiligten bereits einen gewissen „Aha-Effekt“, d. h. neue Erkenntnisse und Einsichten. Dies ist der erste Schritt zur Erarbeitung von Sollprozessen. Analog der Modellierung der Istanalyse ist auch bei der Sollmodellierung zunächst der Detaillierungsgrad festzulegen. Die dabei anzuwendenden Kriterien unterscheiden sich von denjenigen der Istmodellierung dadurch, dass hier konkrete Verbesserungen bestehender Prozesse, informationstechnische Unterstützung oder neue Prozesse abgebildet werden müssen. Auch spielt das Ziel der Sollmodellierung bei der Festlegung der Modellierungstiefe eine wichtige Rolle. So muss beispielsweise bei der informationstechnischen Unterstützung bisher manueller Prozesse eine wesentlich detailliertere Modellierung durchgeführt werden, als bei der Modellerstellung zu Schulungszwecken. 70 71

Vgl. z. B. Speck und Schnetgöke (2005, S. 185). Vgl. z. B. Speck und Schnetgöke (2005, S. 185).

92

2 Methoden des Prozessmanagements

2.3.3

Erarbeitung der Sollmodelle

2.3.3.1

Entwicklung der optimierten Prozesse

Die Sollprozesse orientieren sich an den strategischen Zielen des Unternehmens. Daher müssen alle Prozesse und Teilprozesse des Unternehmens auf ihren Beitrag zur Zielerreichung hin untersucht werden. Alle Teilprozesse, die nicht wertschöpfend sind, können aus den Geschäftsprozessen entfernt werden. Dabei gilt es jedoch, unternehmensexterne Einflüsse zu berücksichtigen, wie z. B. rechtliche Vorgaben. Auf Basis der identifizierten Schwachstellen der bestehenden Prozesse müssen nun Potenziale zur Prozessverbesserung gefunden und umgesetzt werden. Am besten werden neue Prozesse teamorientiert erarbeitet und entsprechende Workshops durchgeführt. Dabei sollten die gleichen Prozessteammitglieder teilnehmen, die auch die Istprozesse dokumentiert haben, um auf Erfahrungen bei der Prozessmodellierung zurückgreifen zu können. Zusätzlich sollten nicht nur die Verantwortlichen des Istprozesses einbezogen werden, sondern auch – in Abhängigkeit der Zielsetzung – Mitarbeiter aus angrenzenden Prozessbereichen oder der IT-Abteilung. Dabei kann es hilfreich sein, spezielle Prozessanalysten hinzuzuziehen. Hilfreich ist hierbei der Einsatz so genannter Kreativitätstechniken wie Brainstorming, Brainwriting oder Morphologie72 . Die erstellten Sollmodelle müssen unabhängig von Detaillierungsgrad mindestens das Ziel und den Gegenstand des Prozesses sowie eine möglichst genaue Beschreibung der prozessprägenden Objekte beinhalten. Analog dem Istprozess sollte auch der Sollprozess durch einen geeigneten Namen gekennzeichnet sein. Leiten sich die Sollprozesse direkt von den Istprozessen ab, so können die Sollmodelle auch durch einen entsprechenden Vermerk von den Istprozessen unterschieden werden, z. B. Eilbeschaffung_IST und Eilbeschaffung_SOLL. Die Sollmodelle können zusätzlich je nach Verwendungszweck und Detaillierungsgrad durch weitere Informationen ergänzt werden73 : • Prozessmodell – – – – – –

Ablaufverantwortlicher (Name, Funktion, Organisationseinheit), Art und Inhalt der Prozessänderung, Schnittstellen zu externen Geschäftspartnern, Geplante Häufigkeit, mit der ein Prozess durchgeführt wird, Geplante Durchlaufzeit, Geplante Kosten für den Prozess.

• Datenmodell und Fachbegriffsmodell (insbesondere wenn die Sollmodelle zur Entwicklung einer EDV-Anwendung genutzt werden sollen. – Datenverantwortlicher (Name, Funktion, Organisationseinheit), – Liste veränderter und ergänzter Daten- und Fachbegriffsdefinitionen, 72 73

Siehe Anhang. Vgl. Speck und Schnetgöke (2005, S. 211).

2.3 Erarbeitung des Sollprozesses

93

– Verändertes Datenmodell (unter einem Datenmodell versteht man in der Datenorganisation ein Modell der zu beschreibenden und verarbeitenden Daten eines Anwendungsbereichs (z. B. Daten des Produktionsbereichs, des Rechnungswesens oder die Gesamtheit der Unternehmensdaten) und ihrer Beziehungen zueinander). • Funktionsmodell – – – –

Veränderte Beziehungen in der Funktionshierarchie, Geplante Häufigkeit mit der ein Prozess durchgeführt wird, Geplante Durchlaufzeit, Grad der informationstechnischen Unterstützung der abgebildeten Funktionen.

Die Akzeptanz der neuen Prozesse ist das Ergebnis der Zusammenarbeit aller Prozessbeteiligten. Die graphische Darstellung ist eine wertvolle Hilfe um Veränderungen, Varianten, Komplexität, Schnittstellen, ideale Abläufe darzustellen und Veränderungen sichtbar zu machen. Ansätze für neue Prozesse ergeben sich durch: • • • • • • •

Eliminieren überflüssiger Prozesse bzw. Unterprozesse, Änderung der Prozessreihenfolge, Hinzufügen fehlender Prozesse bzw. Unterprozesse, Integration/Zusammenlegung von Prozessen, Automatisierung (Datenverarbeitung, Workflow) von Prozessen, Beschleunigen von Prozessen, Parallelisieren von Prozessen.

Abbildung 2.15 gibt ein Beispiel für die Dokumentation eines erarbeiteten Sollprozesses.

2.3.3.2 Abbildung von Varianten Ein weiterer Punkt bei der Prozessgestaltung ist die Bildung von Varianten. Dabei versteht man unter einer Prozessvariante ein vom Standardprozess abweichender Prozess, der grundsätzlich die gleichen Abläufe beinhaltet, aber unterschiedliche Beschreibungen für verschiedene Prozessobjekte aufweist74 . Dabei können, je nach Änderung des inhaltlichen oder örtlichen Umfeldes, Variationen in Art und Umfang der Inhalte zum Standardprozess auftreten. Bei der hierarchischen Gestaltung der Prozessstrukturen gibt es zwei grundsätzliche Möglichkeiten der Abbildung von Varianten. Zum einen können Varianten bereits auf einer hohen Abstraktionsebene abgebildet werden, zum anderen können diese Prozessvarianten auch erst auf einer weiteren Detaillierungsebene dargestellt werden. Der Vorteil einer frühen Variantenbildung liegt in der Komplexitätsreduktion der entstehenden Modelle. Die unterschiedlichen Variationen werden als weitgehend unabhängige Modelle erstellt. Ein weiterer Vorteil liegt in der einfachen Darstellung und damit guten Lesbarkeit 74

Vgl. Schmelzer und Sesselmann (2006, S. 117 f.).

94

2 Methoden des Prozessmanagements Durchlaufzeiten verkürzen eliminieren

parallelisieren

Schnittstellen abbauen

zusammenfassen

Wartezeit abbauen

Out-Sourcing (Auslagern)

Abb. 2.15 Beispiel für die Erarbeitung eines Sollprozesses

der Modelle. Damit verbunden ist aber auch ein Nachteil der unabhängigen Variantenmodellierung. Es besteht die Gefahr der redundanten Erfassung von Abläufen und die erschwerte Ermittlung von Synergien zwischen den Modellen. Diese Nachteile können durch die späte Variantenbildung behoben werden, denn hier werden die Prozesse soweit wie möglich einheitlich abgebildet und erst auf einer tiefen Modellierungsstufe in Varianten untergliedert. Ein Nachteil liegt in der Vernachlässigung von individuellen Prozesseigenschaften, welche nur zum Teil durch eine verbesserte Dokumentation ausgeglichen werden können. Treten während des Entwurfs des Gesamtmodells Änderungen an einzelnen Prozessen auf, so sind diese bei einer späten Variantenbildung einfacher umzusetzen, als bei einer frühen Aufteilung der Modelle in Varianten75 . Grundsätzlich sollte vor der Variantenbildung zunächst genau geprüft werden, ob es sich tatsächlich um eine abbildungswürdige Variante handelt. Oftmals können aufwändige Prozessvarianten vermieden werden, indem Abläufe für verschiedene Prozessobjekte vereinheitlicht werden. Dies kann bereits das Ergebnis einer Analyse des Istprozesses sein.

75

Vgl. Speck und Schnetgöke (2005, S. 208).

2.3 Erarbeitung des Sollprozesses

2.3.3.3

95

Unterscheidung zwischen Sollprozess und Idealprozess

Ein weiterer Aspekt bei der Sollmodellierung ist die Unterscheidung zwischen Sollprozess und Idealprozess. Der Sollprozess muss innerhalb eines angemessenen Zeitraumes von ca. sechs Monaten umgesetzt werden können. Der Idealprozess hingegen bedarf weiter reichender Veränderungen und ggf. auch Änderungen der Rahmenbedingungen, die als „Fernziel“ angesehen werden können76 . Dieser Idealprozess ist die Grundlage für die Einrichtung eines kontinuierlichen Prozessmanagements. Die betriebswirtschaftlichen Konzepte, die zur Erarbeitung der Idealmodelle herangezogen werden, sind meist deutlich langlebiger als technische oder organisatorische Restriktionen. Eine Möglichkeit zur Erstellung von Sollprozessen ist die Erarbeitung eines Idealprozesses, in den dann die aktuellen unternehmensspezifischen Restriktionen eingearbeitet werden77 .

2.3.4

Bewertung der Sollmodelle

Alle ermittelten Lösungsansätze werden anhand der zu erreichenden Ziele auf Geeignetheit überprüft. Unter Umständen erweisen sich Lösungsvorschläge aufgrund interner oder externer Rahmenbedingungen (Rechtsvorschriften etc.) von vornherein als nicht umsetzbar und sind zu verwerfen. Eine kurze Dokumentation der verworfenen Lösungsvorschläge empfiehlt sich aber trotzdem, um zu verhindern, dass in künftigen Untersuchungen erneut Aufwand zur Erarbeitung bereits entwickelter Lösungen entsteht. Darüber hinaus können sich Rahmenbedingungen ändern, so dass verworfene Lösungsideen wieder an Bedeutung gewinnen können. Die verbleibenden Ansätze müssen erneut einer vergleichenden Bewertung unterzogen werden, um den sachlich und wirtschaftlich sinnvollsten Lösungsvorschlag zu finden. 2.3.4.1

Quantitative Bewertungsverfahren

Die Bewertung der Alternativen ist dann einfach, wenn bei allen Lösungen ausschließlich eindeutig messbare monetäre Unterschiede bewertet werden müssen, die Leistung oder der Nutzen jedoch gleich ist. Die Bewertung kann dann anhand von quantitativen Bewertungsmethoden erfolgen. Quantitative Bewertungsmethoden dienen der Bewertung und Entscheidungsfindung bei mengenmäßig bezifferbaren Problemen oder Themenstellungen. Innerhalb der quantitativen Bewertungsverfahren kann zwischen statischen und dynamischen Verfahren unterschieden werden (s. Tab. 2.14). Während statische Verfahren mit Durchschnittswerten arbeiten, wird bei den dynamischen Verfahren davon ausgegangen, dass Ausgaben und Einnahmen 76 77

Vgl. Speck und Schnetgöke (2005, S. 208). Vgl. Speck und Schnetgöke (2005, S. 210).

96

2 Methoden des Prozessmanagements

Tab. 2.14 Übersicht der quantitativen Bewertungsverfahren. (Vgl. Bundesministerium des Innern (2010)) Statische Bewertungsverfahren

Dynamische Bewertungsverfahren

Verfahren

• • • •

Vorteile

• Relativ geringer Informationsbedarf • Einfach gut handhabbare Rechenmethoden • Weite Verbreitung in der betrieblichen Praxis

Nachteile

• Keine Berücksichtigung des zeitlichen Aspektes der Ein- und Auszahlung zur Finanzierung einer Investition • Starke Vereinfachung des wahren Sachverhaltes, da mit Durchschnittswerten gearbeitet wird (Einperiodenbetrachtung) • Keine Aufteilung in fixe und variable Kostenbestandteile • Zurechnung von Gewinnen zu einzelnen Investitionsobjekten schwierig • Keine Berücksichtigung von Kostenund Erlösentwicklungen • Unternehmensumfeld bleibt unberücksichtigt

• Kapitalwertmethode • Endwertmethode • Interne Zinssatzmethode, interner Zinsfuß • Annuitätenmethode • MAPI-Methode • Keine Durchschnittsbetrachtung wie bei den statischen Verfahren, sondern Erfassung der Ein- und Auszahlungen während der gesamten Nutzungsdauer • Der unterschiedliche zeitliche Anfall von Ein- und Auszahlungen wird durch Auf- oder Abzinsung berücksichtigt, d. h. Beträge, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten anfallen werden vergleichbar gemacht (mehrperiodige Betrachtungsweise) • Hoher Informationsaufwand aufgrund periodengerechter Zuordnung der Zahlungen • Daten in der Zukunft müssen prognostiziert werden (unsicher)

Kostenvergleichsrechnung Gewinnvergleichsrechnung Rentabilitätsrechnung Amortisationsrechnung

zu unterschiedlichen Zeitpunkten während der Nutzungsdauer in unterschiedlicher Höhe anfallen und deshalb abgezinst werden müssen78 . Einsatzgebiet der quantitativen Bewertungsmethoden ist die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit einer Lösungsvariante und der damit verbundenen Investition. Sie eignen sich dann, wenn mehrere Lösungsalternativen bei der Sollkonzeption zur Auswahl stehen oder eine oder mehrere Alternativen mit dem Istzustand verglichen werden sollen und die Entscheidung für ein alternatives Lösungskonzept maßgeblich über Kostenaspekte getroffen werden soll. Vorraussetzung für die Anwendung quantitativer Bewertungsmethoden ist das Vorhandensein möglichst exakter monetärer Daten der Investitionsauswirkungen der 78

Zu den statischen und dynamischen Verfahren s. z. B. Carstensen (2008, S. 31 ff. und S. 129 ff.).

2.3 Erarbeitung des Sollprozesses

97

zu vergleichenden Alternativen. Es muss bezifferbar sein, welche Ausgaben und Einnahmen beziehungsweise Kosten und Erlöse in welcher Höhe mit der Investition verbunden sind.

2.3.4.2

Qualitative Bewertungsverfahren

Stehen neben quantitativen auch qualitative Aspekte zur Bewertung an, wird die Entscheidung komplexer und qualitative Bewertungsmethoden sind (zusätzlich) anzuwenden. Qualitative Bewertungsmethoden spielen dann eine Rolle, wenn nichtmonetäre Aspekte (z. B. Qualität oder Sicherheit) in die Bewertung verschiedener Alternativen einbezogen werden sollen, also wenn rein quantitative Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen keine eindeutigen Ergebnisse liefern oder wenn sie nicht sinnvoll durchführbar sind. Als Ergebnis der Sollkonzeptionsphase liegt ein Sollkonzept mit umsetzungsfähigen Lösungsalternativen vor. Auf Basis der durchgeführten Bewertungen wird ein eindeutiges Votum für die am besten geeignete Lösung und zum weiteren Vorgehen abgegeben. Nutzwertanalyse79 Die Nutzwertanalyse ist ein vielseitig einsetzbares Werkzeug, das bei Auswahlentscheidungen sinnvoll anzuwenden ist. Sie kann nach Zangemeister80 definiert werden, als eine „Analyse einer Menge komplexer Handlungsalternativen mit dem Zweck, die Elemente dieser Menge entsprechend den Präferenzen des Entscheidungsträgers bezüglich eines multidimensionalen Zielsystems zu ordnen“. Die Abbildung der Ordnung erfolgt durch die Angabe der Nutzwerte (Gesamtwerte) der Alternativen. Der Nutzwert ist dabei der subjektive Wert, der durch die Eignung zur Bedürfnisbefriedigung bestimmt wird. Ziel der Nutzwertanalyse ist es, verschiedene komplexe Lösungsalternativen in Abhängigkeit zu den Präferenzen des Entscheidungsträgers und dem daraus abgeleiteten systematischen Zielsystem in eine Rangfolge zu bringen. Bei der Nutzwertanalyse ist das Ergebnis der Gesamtnutzwert. Die Alternative mit dem höchsten Gesamtnutzwert entspricht am Besten den formulierten Vorstellungen und Zielen. In die Nutzwertanalyse können sowohl qualitative als auch quantitative Kriterien einbezogen werden. Quantitative Kriterien sind jedoch nur insoweit einzubeziehen, als es sich nicht um Zahlungs-, Kosten-/Ertragsgrößen handelt. Diese sind in einer gesonderten monetären Analyse zu bewerten. Um eine höhere Objektivität zu erreichen, ist es empfehlenswert, die Bewertungen von mehreren Personen unabhängig voneinander vornehmen zu lassen. 1. Bestimmung und Gewichtung der Bewertungskriterien Um aus mehreren Lösungsalternativen die am besten geeignete auswählen zu können, werden Kriterien benötigt, anhand derer die Güte der Alternativen bewertet werden kann. 79 80

Vgl. Hoffmann (2008, S. 278 ff.). Zangemeister (1976, S. 45).

98

2 Methoden des Prozessmanagements

Die „Muss“-Ziele aus dem Projektvorhaben sind in der Nutzwertanalyse nicht näher zu untersuchen, da ihre Erfüllung ohnehin Voraussetzung ist. Die aus den „Kann“Zielen abgeleiteten Kriterien müssen hingegen durch die Vergabe von Punkten gewichtet werden. Die Summe der zu vergebenden Punkte für alle Kriterien wird meist auf 100 Punkte festgelegt. Je höher die Punktzahl, die für ein Kriterium vergeben wird, desto wichtiger und einflussreicher ist es. 2. Beurteilung der Alternativen Es werden in der Nutzwertanalyse nur die Alternativen betrachtet, die alle vorgegebenen Muss-Ziele erfüllen. In diesem Schritt wird beurteilt, wie gut eine Lösungsalternative die einzelnen Kriterien erfüllt. Der Grad der Zielerfüllung wird durch den Zielerfüllungsfaktor ausgedrückt. Der Zielerfüllungsfaktor ist eine Punktzahl, die für alle Kriterien den gleichen Höchstwert haben muss. In der Regel wird der Punktwert durch eine Bewertungsskala von 0–10 ausgedrückt, wobei der Punktwert 10 vergeben wird, wenn eine Alternative das betrachtete Kriterium überragend erfüllt, der Punktwert 0, wenn das Kriterium nicht erfüllt wird (s. Tab. 2.15). Für jedes Kriterium und jede Lösungsalternative wird nun der Punktwert für den Zielerfüllungsfaktor vergeben. Es empfiehlt sich zeilenweise vorzugehen, um die Überschaubarkeit des Bewertungsvorganges sicherzustellen. 3. Berechnung des Nutzwertes Durch die Multiplikation der Gewichtungsfaktoren mit den Zielerfüllungsfaktoren werden für jede Lösungsalternative die Teilnutzwerte der einzelnen Kriterien errechnet. Der Gesamtnutzwert einer Alternative ergibt sich aus der Summe ihrer Teilnutzwerte. Die Gesamtnutzwerte der einzelnen Lösungsalternativen werden nun in eine Rangfolge gebracht. Liegen die Nutzwerte nahe beieinander, so ist eine eindeutige Wertung nicht möglich und weitere Schritte zur Bewertung der Lösungsalternativen sollten unternommen werden. Möglich wäre das Hinzufügen weiterer Kriterien zur Nutzwertanalyse, die Verfeinerung der Wertmaßstäbe (Bewertungsskala von 10 auf 100 Punkte erhöhen) oder die Durchführung einer Risikoanalyse. Zum Abschluss der Nutzwertanalyse empfiehlt es sich, die Ergebnisse mit denen der quantitativen (monetären) Bewertung (nach der Kostenvergleichsrechnung oder

Tab. 2.15 Zuordnung des Zielerfüllungsfaktors zum Grad der Zielerfüllung

Erfüllung des Kriteriums

Zielerfüllungsfaktor

Nicht erfüllt Gerade noch ausreichend Ausreichend Ausreichend – befriedigend Befriedigend Befriedigend – gut Gut Gut – sehr gut Sehr gut Sehr gut – überragend Überragend

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

2.3 Erarbeitung des Sollprozesses

99

Kapitalwertmethode) zusammenzuführen. Für den Fall, dass beide Berechnungsverfahren zu unterschiedlichen Entscheidungen führen, ist die Auswahl im Einzelfall zu begründen. Prioritätenanalyse81 Sobald mehrere Ziele zu berücksichtigen sind, ist die Priorität der einzelnen Ziele zu bestimmen. Bei der Prioritätenanalyse wird eine Rangfolge für mehrere unabhängige Ziele (Einzelkriterien) durch Gewichten ihrer Bedeutung gebildet. Dabei kann eine unübersichtliche Kriterien- oder Zielsammlung sehr schnell vereinfacht und in eine Rangfolge gebracht werden. Zu diesem Zweck wird jedes einzelne Kriterium in einer Präferenzmatrix mit jedem anderen paarweise verglichen und je nach Bedeutung mit 0, 1 oder 2 Punkten bewertet, wobei 0 die niedrigste und 2 die höchste Bewertung darstellt. Die Summe der Einzelbewertungen führt zu einer Aussage über das Gesamtgewicht jedes einzelnen Kriteriums. Um eine höhere Objektivität zu erreichen, werden solche Bewertungen meist von mehreren Personen vorgenommen. Dabei bewertet jeder die Kriterien für sich. Aus den verschiedenen Rangreihen, die so entstehen, wird eine einheitliche Gesamtrangreihe gebildet. Die Prioritätenanalyse ist geeignet, eine Vielzahl voneinander unabhängiger Kriterien hinsichtlich ihrer Bedeutung zu gewichten. Besonders für die Priorisierung von Projektzielen ist die Prioritätenanalyse ein gutes Hilfsmittel. Die Methode ist einfach anwendbar, komplexe Kriterien- oder Zielsammlungen werden überschaubar. Die Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen wird durch die Anwendung der Methode und Dokumentation der Ergebnisse gewährleistet. Allerdings ist eine subjektive Beeinflussung der Ergebnisse durch die Bewertenden möglich. 1. Vorbereitung Zunächst werden die Kriterien oder Ziele formuliert, die später gewichtet werden sollen. Dabei ist wichtig, dass die Kriterien voneinander unabhängig und hinreichend aussagefähig sind. Lautet ein Bewertungskriterium beispielsweise allgemein „Wirtschaftlichkeit“, sollte es weiter konkretisiert werden, zum Beispiel in Kosten pro Leistungseinheit, Wartungskosten, Serviceintervalle oder ähnliches. 2. Durchführung Die formulierten Kriterien werden in eine Präferenzmatrix82 eingetragen und zeilenweise bewertet (s. Tab. 2.16). Dabei werden die Bewertungspunkte in das entsprechende Feld eingetragen. Die Punkte werden folgendermaßen vergeben: 2:0 = Kriterium 1 wichtiger als Kriterium 2 1:1 = Kriterium 1 gleich gewichtig mit Kriterium 2 0:2 = Kriterium 1 weniger wichtig als Kriterium 2 Es sind auch Differenzierungen wie 2:1 und 1:2 möglich. 3. Auswertung Die einzelnen Punktwerte jeder Zeile werden addiert. Die Summe gibt die Rangfolge der Kriterien wieder. Dabei gilt, dass das Kriterium mit der 81 82

Vgl. z. B. Birl (2007, S. 30). Zur Referenzmatrix s. beispielsweise Hahn und Laßmann (1993, S. 298 ff.).

100

2 Methoden des Prozessmanagements

Tab. 2.16 Beispiel Präferenzmatrix. (In Anlehnung an Bundesministerium des Innern (2010))

Bewertungskriterien Farbe

Bewertungskriterien 1 1 Farbe

Lautstärke

Kosten Warpro tungsEinheit kosten

2

3

4

0

0

0

0

4

1

1

4

2

2

5

1

3

3

2 Lautstärke

2

3 Kosten pro Einheit

2

1

4 Wartungskosten

2

1

0

PunktGewich- Rang summe je tungsKriterium faktor in %

höchsten Punktzahl den ersten Rang belegt und somit am wichtigsten ist. Auf die Erfüllung dieses Kriteriums durch eine Lösungsvariante muss besonders viel Wert gelegt werden. SWOT-Analyse83 Die SWOT-Analyse (engl. Akronym für Strengths, Weaknesses, Opportunities und Threats) ist ein Werkzeug des strategischen Managements. In dieser einfachen und flexiblen Methode werden sowohl innerbetriebliche Stärken und Schwächen (Strength-Weakness), als auch externe Chancen und Gefahren (Opportunities-Threats) betrachtet, welche die Handlungsfelder des Unternehmens betreffen (s. Tab. 2.17). Aus der Kombination der Stärken/Schwächen- und der Chancen/GefahrenAnalyse kann eine ganzheitliche Strategie für die weitere Ausrichtung der Unternehmensstrukturen und der Entwicklung der Geschäftsprozesse abgeleitet werden. Tab. 2.17 SWOT-Modell in Matrixdarstellung. (In Anlehnung an Wittmann et al. (2006, S. 32)) Interne Analyse Externe Analyse Chancen (Opportunities)

Gefahren (Threats)

83

Stärken (Strengths)

Schwächen (Weaknesses)

S-O-Strategien: Verfolgen von neuen Möglichkeiten, die gut zu den Stärken des Unternehmens passen S-T-Strategien: Stärken nutzen, um Bedrohungen abzuwenden

W-O-Strategien: Schwächen eleminieren, um neue Möglichkeiten zu nutzen

Vgl. z. B. Homburg (2000, S. 134).

W-T-Strategien: Verteidigungen entwickeln, um vorhandene Schwächen nicht zum Ziel von Bedrohungen werden zu lassen

2.3 Erarbeitung des Sollprozesses

101

Die Stärken und Schwächen sind dabei relative Größen und können erst im Vergleich mit den Konkurrenten beurteilt werden. In der externen Analyse wird die Unternehmensumwelt untersucht, man spricht auch von Umweltanalyse. Die Chancen/Gefahren kommen von Außen, und ergeben sich aus Veränderungen im Markt, in der technologischen, sozialen oder ökologischen Umwelt. Die Umweltveränderungen sind für das Unternehmen weitgehend vorgegeben, die hier wirkenden Kräfte sind weitgehend exogen. Das Unternehmen beobachtet oder antizipiert diese Veränderungen und reagiert darauf mit Strategieanpassung. Inweltanalyse (interne Analyse) analysiert die Stärken/Schwächen, die sich auf das Unternehmen selber beziehen. Es ergibt sich eine Introspektion, d. h. eine Innensicht des Unternehmens. Man spricht deshalb auch von der Inweltanalyse. Stärken/Schwächen produziert das Unternehmen selbst. Das sind Eigenschaften des Unternehmens bzw. werden vom Unternehmen geschaffen, sind also Ergebnisse der organisationalen Prozesse. Die Durchführung einer SWOT-Analyse erfolgt in sieben Schritten: 1. Inweltanalyse: Suchen nach Stärken und Schwächen. Einsatz von Moderationstechniken und Bildung von Gruppenkonsens. Gruppieren, strukturieren und gewichten der gefundenen Stärken und Schwächen, ggf. Einsatz von Kreativitätstechniken. Die Stärken und Schwächen werden in den Matrixfeldern mit den entsprechenden Titeln aufgelistet. 2. Umweltanalyse: Suchen nach den strategisch relevanten Chancen und Gefahren. 3. Nun wird versucht den Nutzen aus Stärken und Chancen zu maximieren, und die Verluste aus Schwächen und Gefahren zu minimieren. Hierzu wird gezielt nach folgenden Kombinationen gesucht, danach wird gefragt, welche Initiativen und Maßnahmen sich daraus ableiten lassen: 4. SO Stärke/Chancen-Kombination: Welche Stärken passen zu welchen Chancen? Wie können Stärken eingesetzt werden, so dass sich die Chancenrealisierung erhöht? 5. ST Stärke/Gefahren-Kombination: Welchen Gefahren können wir mit welchen Stärken begegnen? Wie können welche Stärken eingesetzt werden, um den Eintritt bestimmter Gefahren abzuwenden? 6. WO Schwäche/Chancen-Kombination: Wo können aus Schwächen Chancen entstehen? Wie können Schwächen zu Stärken entwickelt werden? 7. WT Schwäche/Gefahren-Kombination: Wo befinden sich unsere Schwächen und wie können wir uns vor Schaden schützen? Portfolioanalyse84 Die ursprünglich aus dem Bereich Finanzwirtschaft stammende Analysemethode wird im Bereich der strategischen Planung angewendet. Sie eignet sich insbesondere dazu, für verschiedene Produkte oderAufgabenbereiche Strategien

84

Vgl. z. B. Bruhn (2007, S. 69) oder Bea und Haas (2005, S. 136 ff.).

102

2 Methoden des Prozessmanagements

abzuleiten, die die Erreichung der langfristigen strategischen Ziele einer Institution unterstützen. Der Einsatz der Portfolioanalyse ist besonders dann geeignet, wenn die strategische Perspektive verschiedener Handlungsalternativen bewertet werden soll. Voraussetzung für die Portfolioanalyse ist die Untersuchung der Organisation und ihrer Aufgaben hinsichtlich ihrer Stärken und Schwächen und die Analyse des Umfeldes hinsichtlich vorhandener Chancen und Risiken. Ergebnis dieser Betrachtung ist ein Überblick über die strategischen Aufgaben der Organisation und der Faktoren, die deren Erfolg beeinflussen könnten. Abbildung 2.16 zeigt beispielhaft das Aufgabenportfolio einer Bundesbehörde, welches hinsichtlich Nachfrage und benötigter Fachkompetenz bewertet und eingeordnet wurde. Die Größe der Kreise gibt die Höhe des Aufwands wieder, der durch die Wahrnehmung der Aufgabe entsteht. Anhand dieser Informationen, die aus einer sorgfältigen Untersuchung der Behörde und des Umfeldes stammen, können nun Handlungsalternativen entwickelt und/oder hinsichtlich ihres Nutzens für die strategischen Ziele der Behörde bewertet werden. In Abb. 2.16 ist zu erkennen, dass die Wahrnehmung der Aufgabe zwei einen vergleichsweise hohen Aufwand verursacht, dabei aber nur auf wenig öffentliches Interesse stößt. Zusätzlich ist die notwendige Fachkompetenz in der Behörde kaum vorhanden. Eine mögliche Handlungsalternative ist die Auslagerung der Aufgabe an eine andere Organisation oder der Wegfall der Aufgabe. Aufgabe fünf hingegen stößt auf eine hohe Nachfrage, die Kompetenz in der Behörde ist vorhanden. Diese Aufgabe könnte ausgebaut werden. Zu beachten ist, dass die Handlungsspielräume in der öffentlichen Verwaltung meist eingeschränkt sind, so dass nicht alle abgeleiteten Alternativen tatsächlich durchführbar sind.

hoch Aufgabe 4

Aufgabe 5 Öffentliches Interesse/ Nachfrage Aufgabe 3

Abb. 2.16 Portfolioanalyse der Aufgaben einer Bundesbehörde. (In Anlehnung an Bundesministerium des Innern (2010))

Aufgabe 2

Aufgabe 1

niedrig

hoch Fachkompetenz

2.3 Erarbeitung des Sollprozesses

2.3.4.3

103

Kombinierte Verfahren

Kosten-Wirksamkeitsanalyse85 Die Kostenwirksamkeitsanalyse ist ein Verfahren, welches sowohl die quantitativen Kostenaspekte, als auch die qualitativen Nutzenaspekte gemeinsam betrachtet und so eine fundierte Aussage über die Wirtschaftlichkeit verschiedener Maßnahmen oder Lösungsalternativen zulässt. Die qualitative Bewertung der Wirksamkeit findet dabei über die Nutzwertanalyse statt, die Bewertung der Kosten über die Kapitalwertmethode oder hilfsweise über die Kostenvergleichsrechnung. Die Kosten-Wirksamkeits-Analyse findet dann Anwendung, wenn zwar die Kosten einer Maßnahme oder Lösungsalternative monetär bezifferbar sind, ihr Nutzen sich aber nicht monetär messen lässt oder diese Messung umstritten ist (beispielsweise Menschenleben, Umweltschutz). Zunächst werden die nicht monetär bewertbaren Wirkungen der Alternativen mit Hilfe der Nutzwertanalyse bewertet und eine Rangfolge der Wirksamkeiten der Alternativen ermittelt. Im zweiten Schritt werden die monetär bezifferbaren Kosten der Maßnahmen mit Hilfe der Kostenvergleichsrechnung oder der Kapitalwertmethode ermittelt und ebenfalls eine Rangfolge der Lösungsalternativen aus Kostengesichtspunkten gebildet. Die Heranziehung von Kostenvergleichen ist aufgrund der generellen Einschränkungen der Kostenvergleichsrechnung nur hilfsweise vorzunehmen. Die beiden gebildeten Rangfolgen können sich hinsichtlich der Ränge der verschiedenen Alternativen unterscheiden. Dadurch entsteht ein Auswahlproblem, welches mittels eines Kosten-Wirksamkeits-Index gelöst werden kann. Zu diesem Zweck werden die Kosten jeder Alternative durch deren Nutzwert dividiert und so die Kosten pro Nutzwertpunkt ermittelt. Als Auswahlprämisse gilt: Es ist die Alternative auszuwählen, deren Kosten-Wirksamkeits-Index am kleinsten ist, also pro Nutzenpunkt die geringsten Kosten verursacht. Die Vorteile dieses kombinierten Verfahrens liegen in der Transparenz und Nachvollziehbarkeit durch das systematische Vorgehen. Die Kosten-WirksamkeitsAnalyse bietet auch dann Entscheidungshilfe, wenn Probleme schwer monetär bewertbar sind. Allerdings sind die gleichen Nachteile wie bei der Nutzwertanalyse zu beachten. Wirtschaftlichkeitsbetrachtung (WiBe)86 Die Struktur des WiBe-Konzeptes ist auch für Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen innerhalb eines Organisationsprojektes gut geeignet, wenn die Kriteriengruppen „monetäre Wirkungen“, „Dringlichkeit“, „strategische Qualität“ und „externe Effekte“ für die Betrachtung der Wirtschaftlichkeit entscheidend sind. Zunächst werden die Einflussgrößen für die Wirtschaftlichkeit der zu untersuchenden Maßnahme (Projekt) und die Ausprägungen dieser Einflussgrößen (Kriterien) festgestellt. 85 86

Vgl. z. B. Rau (2004, S. 248). Vgl. z. B. Winkelhofer (2005, S. 31 f.).

104

2 Methoden des Prozessmanagements

Im zweiten Schritt erfolgt die Ermittlung der Wirtschaftlichkeit. Sie stützt sich auf Überlegungen zur „Wirtschaftlichkeit im monetären Sinne“ beziehungsweise zur „Wirtschaftlichkeit im weiteren Sinne“ und verbindet damit quantitative und qualitative Betrachtungsweisen. Methodische Grundlage für WiBe sind die Kapitalwertmethode und die Nutzwertanalyse.

2.4

Umsetzen der Sollmodelle

Nach erfolgreicher Istaufnahme von Prozessen sowie Erarbeitung und Bewertung von Lösungsalternativen liegt eine wesentliche Aufgabe des erfolgreichen Prozessmanagements in der Einführung dieser neuen Strukturen und Prozesse. Betreffen diese neuen Strukturen auch die Organisation des Unternehmens, so spricht man von Change Management oder Management of Change. Unter dem Begriff Management of Change wird der Prozess des Organisierens von geplanten Veränderungen verstanden. Der Schwerpunkt der Betrachtung liegt dabei weniger auf der technischen und methodischen Umsetzung, sondern vielmehr auf der mitarbeiterbezogenen Begleitung der Veränderungsprozesse. Dies ist entscheidend für das Gelingen der von umfassenden Veränderungen in Organisationen. Alle durch die anstehenden Veränderungen betroffenen Beschäftigten müssen die neuen Prozesse und Organisationen annehmen und aktiv umsetzen87 . Oft stehen die Mitarbeiter Veränderungen skeptisch gegenüber, da diese als Bedrohung wahrgenommen werden. Wird daher über geplante Veränderungen nicht rechtzeitig und umfassend informiert, so kommt es unter den Betroffenen oftmals zu Spekulationen und Bedenken. Die sich daraus ergebende Unsicherheit kann sich in Angst und defensivem Verhalten bis hin zu Widerständen äußern. Sind erst einmal Spekulationen und Gerüchte im Umlauf, wird das Projektteam in eine argumentative Defensive gedrängt und muss – statt über die tatsächlich geplanten Prozess- und Organisationsänderungen zu informieren – Gerüchte und Spekulationen dementieren, anstatt die tatsächliche Situation objektiv zu vermitteln. Das Projektteam und insbesondere der Projektleiter müssen sich darüber im Klaren sein, dass Widerstände gegen Veränderungen ebenso wie Konflikte übliche Begleiterscheinungen von Veränderungsprozessen sind. Konflikte müssen offen angesprochen und zusammen mit den Beteiligten gelöst werden. Der Angst und den Vorurteilen der Beschäftigen wird am besten durch die frühzeitige und offene Kommunikation, sowie die Einbindung in den Veränderungsprozess entgegengewirkt.

2.4.1

Umsetzung und Einführung der neuen Prozesse88

Aufgrund der Vielfalt von Projekten gibt es keinen allgemeingültigen Vorschlag zur Implementierung der neuen Prozesse. InAbhängigkeit der sachlogischen, politischen 87 88

Vgl. Hansmann et al. (2005, S. 269). Siehe zu den Rolloutstrategien Hansmann et al. (2005, S. 269–298).

2.4 Umsetzen der Sollmodelle

105

und kulturellen Gegebenheiten der bestehenden Organisation sowie dem Umfang des Reorganisationsvorhabens müssen geeignete Maßnahmen ausgewählt und sinnvoll miteinander kombiniert werden.

2.4.1.1

Einführungsreihenfolge der neuen Prozesse (Sollprozesse)

Neben der Frage nach einer geeigneten organisatorischen Struktur zur Unterstützung der Umsetzung muss die Abfolge der Einführung der neuen Prozesse und der dazugehörigen Aufbauorganisation geklärt werden. Dazu stehen folgende drei Möglichkeiten zur Verfügung: • Einführung der Sollprozesse und anschließende Anpassung der Aufbauorganisation. • Umsetzung der neuen Aufbauorganisation und anschließende Einführung der Sollprozesse. • Parallele Einführung von neuer Aufbauorganisation und Sollprozessen. Durch ein sequenzielles Vorgehen sind das Risiko und der Umfang der Veränderung zu einem gegebenen Zeitpunkt geringer. Allerdings spricht die enge Verzahnung der aufbau- und ablauforganisatorischen Fragestellungen für eine parallele Einführung von Aufbauorganisation und Sollprozessen. Oft ist es nicht möglich, Aufbauorganisation und Sollprozesse getrennt voreinander einzuführen. Dies ist der Fall, wenn an den neuen Prozessen Organisationseinheiten beteiligt sind, die bislang nicht oder in anderer Form existierten. Soll zuerst die Aufbauorganisation umgestellt werden, lassen sich viele Prozesse nicht mehr ohne weiteres durchführen. Es kommt zu „Notlösungen“, die mit der Einführung der Sollprozesse wieder abgeschafft werden müssen. Trotz der hohen Komplexität und dem damit verbundenen erhöhten Risiko ist in der Regel die parallele Umstellung der Aufbauorganisation und die Einführung der Sollprozesse sinnvoll.

2.4.1.2

Einführungsstrategie

Nach der Entscheidung über die Einführungsreihenfolge der Sollprozesse und der neuen Organisation stellt sich nun die Frage, ob die Sollprozesse schrittweise (Sukzessivstrategie = Step-by-step) oder zu einem Stichtag (Big Bang) umgesetzt werden sollen89 . Sukzessive Einführung Bei der schrittweisen Einführung der Sollprozesse müssen zunächst die nacheinander durchzuführenden Schritte definiert und abgestimmt werden. Danach ist ein Ablaufplan zu erstellen, aus dem hervorgeht, wann welche Prozesse und Organisationseinheiten umgestellt werden. Diese Vorgehensweise ist 89

Vgl. Gadatsch (2010, S. 357).

106

2 Methoden des Prozessmanagements

mit geringeren Risiken verbunden als die Stichtagsumstellung90 . Die stufenweise Einführung der Sollprozesse ermöglicht ein kontinuierliches Lernen der beteiligten Mitarbeiter als auch des Projektteams. Erfahrungen aus den ersten Einführungen können bei zur Verbesserung bei Folgeumstellungen genutzt werden. Durch die überschaubare Anzahl von Fachabteilungen, die von der Prozesseinführung betroffen sind, kann der Betreuungsaufwand durch die Prozessorganisatoren insbesondere zu Beginn der Einführung intensiviert werden91 . Darüber hinaus können auch die in frühen Schritten geschulten Mitarbeiter bei einer regionalen Aufteilung der Sollprozesseinführung ihren Kollegen in anderen Regionen bei der Einarbeitung helfen92 . Die Nachteile der sukzessiven Strategie liegen in der mit zunehmender Anzahl von Schritten entstehenden temporären Schnittstellen zwischen Teilbereichen mit unterschiedlichen Organisationsanweisungen. Auch liegen nicht immer die erforderlichen Voraussetzungen, zur Umsetzung dieser Einführungsstrategie vor. Ein weiterer Nachteil ist darin zu sehen, dass erst nach Abschluss des gesamten Roll-Outs, der sich je nach Größe des Unternehmens über einen langen Zeitraum hin erstrecken kann, ein optimierter Gesamtprozess vorliegt und sich die damit verbundenen Vorteile generieren lassen. Big-Bang Die Stichtagseinführung stellt die theoretisch optimale Lösung dar, weil in diesem Fall keine Schnittstellenprobleme auftreten können. Auch stehen nach dem „Big-Bang“ sofort die neuen optimierten Prozesse zur Verfügung. Ist der Sollprozess mit der Einführung eines EDV-Systems verbunden, so müssen keine Übergangsprobleme in Form von Doppelarbeiten im Alt- und Neusystem oder „Notlösungen“ behoben werden. Die Gefahr von Dateninkonsistenzen wird vermieden, da strikt nach alten Daten vor dem Stichtag und neuen Daten nach dem Stichtag unterschieden werden kann93 . Im Vergleich zur stufenweisen Vorgehensweise lassen sich kürzere Einführungszeiträume realisieren. Es entstehen keine Reibungsverluste durch Organisationseinheiten, die mit unterschiedlichen Versionen während der Umstellung von Prozessen arbeiten und bereichsübergreifende Prozesse können in einem Schritt umgesetzt werden94 . Allerdings ist das Einführungsrisiko bei einem Big-Bang deutlich höher als bei einer stufenweisen Einführung, da der Umfang des Projekts höhere Anforderungen hinsichtlich der Beherrschung der Interdependenzen stellt. Aus diesem Grunde ist eine derartige Strategie nur auf der Basis eines straffen Projektmanagements möglich. Darüber hinaus muss das Projekt beim Management eine sehr hohe Priorität besitzen, damit erforderliche Entscheidungen unverzüglich getroffen und Bereichskonkurrenzen schnell beseitigt werden können. Bei dieser Vorgehensweise werden innerhalb eines begrenzten Zeitintervalls die Organisatoren besonders stark beansprucht, da 90

Vgl. Gadatsch (2010, S. 361). Vgl. Hansmann et al. (2005, S. 272). 92 Vgl. Hansmann et al. (2005, S. 273). 93 Vgl. Gadatsch (2010, S. 358). 94 Vgl. Hansmann et al. (2005, S. 273). 91

2.4 Umsetzen der Sollmodelle

107

eine Vielzahl organisatorischer und DV-technischer Risiken innerhalb eines sehr kurzen Zeitraums anfallen. Zudem existiert bei dieser Strategie keine Erprobungsphase, in deren Rahmen Erfahrungen gesammelt werden können. Kombinierter Rollout Die Vorteile der schrittweisen und der stichtagsbezogenen Einführung können mit einem pilotierten Big-Bang realisiert werden. Dabei erfolgt die Einführung der neuen Prozesse zunächst in einer Niederlassung oder einer Abteilung für genau eine Funktion, die für die weiteren Prozesseinführungen Pilotcharakter hat. Die hierbei gewonnenen Erfahrungen können genutzt werden, um die Prozesse erneut anzupassen oder die Methoden der Umsetzung für die anderen Niederlassungen zu verbessern. Mögliche Probleme entstehen bei dieser Vorgehensweise nur in einem klar definierten und eng gefassten Umfeld, so dass sie gut kontrolliert und umgehend behoben werden können. Bei einer solchen Einführungsstrategie wird ein hohes Maß an Sicherheit erreicht. Nachteilig ist die im Vergleich zur Stichtagseinführung deutlich verlängerte Einführungsdauer. Zudem sind bei stark vernetzten Strukturen Schnittstellenprobleme zu beachten, die zwischen dem bereits umgestellten Bereich und anderen Bereichen auftreten95 . Bewertung der Strategien Die Stichtagsumstellung setzt auf eine möglichst schnelle Umsetzung der Organisations- und Prozessverbesserung, während bei der stufenweise Einführung die Sicherheitsaspekte im Vordergrund stehen. Die Entscheidung für eine Rolloutstrategie hängt von der konkreten Unternehmenssituation, dem Umfang der Änderungen und weiteren Aspekten ab, die im Vorfeld der Entscheidung für eine spezielle Rolloutstrategie zu beachten sind. Tabelle 2.18 stellt wesentliche Vor- und Nachteile zusammenfassend dar. Tab. 2.18 Vor- und Nachteile unterschiedlicher Roll-out Strategien. (Vgl. Welti 1999, S. 7 ff.) Rollout Strategie

Charakterisierung

Vorteile

Nachteile

Kombinierter Rollout

Piloteinführung in einer Niederlassung und einem Funktionsbereich Schrittweise Einführung der Sollprozesse

• Reduzierung des Risikos • Keine Fehlerwiederholung • Erfahrungsgewinn • Keine Fehlerwiederholung • Geringes Risiko

• Zeitintensiv • Schnittstellenprobleme

Sukzessiver Rollout

Stichtagseinführung

95

Einführung erfolgt gleichzeitig in allen Niederlassungen und Funktionsbereichen

Vgl. Hansmann et al. (2005, S. 272).

• Lange Einführungszeit • Schnittstellenprobleme • Umfangreiche Rolloutstrategie • Nicht für alle Sollprozesseinführungen geeignet • Schnelle Einführung • Hohes Risiko der Sollprozesse • Hohe Belastung der • Schnelle Beteiligten Realisierung der erwarteten Optimierungen

108

2 Methoden des Prozessmanagements

2.4.2

Projektmarketing und -kommunikation

2.4.2.1

Nutzen von Projektmarketing

Die Umsetzung der erarbeiteten Sollprozesse gehört zu den schwierigsten Aufgaben im Prozessmanagement. Insbesondere wenn mit der Einführung der Sollprozesse umfangreiche Reorganisationsmaßnahmen verbunden sind, ist mit Widerständen der Mitarbeiter zu rechnen. Ohne geeignete Maßnahmen zur Schaffung von Akzeptanz von Projektbeginn an und insbesondere während des Rollouts ist diese Phase nicht erfolgreich umzusetzen. Auch ist eine umfangreiche Unterstützung des Vorhabens durch das Top-Management erforderlich96 . Die Widerstände der von der Reorganisation „Betroffenen“ können durch eine frühzeitige Einbeziehung vermieden werde. Es muss gelingen, die „Betroffenen“ zu „Beteiligten“ werden zu lassen, die sich mit den neuen Prozessen identifizieren können. Bei umfangreichen Reorganisationsprojekten haben einzelne Bereiche eines Unternehmens oftmals unterschiedliche Informationsstände bezüglich der geplanten Umstrukturierung, was wiederum zu unerwünschten Spekulationen und auf Grund einer weitverbreiteten Angst vor dem „Ungewissen“ zum Aufbau einer negativen Grundhaltung gegenüber dem Reorganisationsprojekt führt und damit die Akzeptanz des gesamten Projekts verhindert. Um diesen negativen Einflüssen entgegenzuwirken, ist ein zielorientiertes Projektmarketing erforderlich. Ziel des Projektmarketings ist es, das Projekt optimal unter Berücksichtigung des Projektumfeldes und der strategischen Ausrichtung zu unterstützen. Das Projektmarketing stellt damit dem Projektleiter Instrumente zur Verfügung, um negativen Entwicklungen im Projekt vorzubeugen und ihnen möglichst frühzeitig zu begegnen. Der Nutzen des Projektmarketings liegt in der Verbesserung des Projektablaufs durch eine positive Grundeinstellung der betroffenen Mitarbeiter und des damit verbundenen besseren Arbeitsklimas. Dadurch wird auch die Akzeptanz des Projektes erhöht. Die ständige und kontrollierte Kommunikation der Ziele und der Fortschritte des Projekts in alle Unternehmensbereiche sind wichtige Voraussetzung für den Erfolg des Vorhabens97 .

2.4.2.2 Aufgaben des Projektmarketing98 Von großer Bedeutung ist es, allen Beteiligten und Betroffenen die Ziele und den Nutzen des Projektes zu erläutern und dabei auch speziell den Nutzen für die unterschiedlichen Zielgruppen aufzuzeigen. Die Erarbeitung einer Projektvision sollte auch emotional vermittelt werden, um eine möglichst große Begeisterung für das 96

Vgl. Hansmann et al. (2005, S. 275). Vgl. Hansmann et al. (2005, S. 276). 98 Zum Projektmarketing vgl. z. B. Friedrich (2005). 97

2.4 Umsetzen der Sollmodelle

109

Projekt wecken zu können. Die Projektvision und die Ziele müssen allen Mitarbeitern auf allen Hierarchieebenen bekannt sein und vom Management „von oben nach unten“ vorgelebt werden. Im Rahmen des Projektmarketing sind die projektrelevanten Personen vorzustellen, damit die unterschiedlichen Zielgruppen die richtigen Ansprechpartner kennen. Insbesondere zu Beginn des Projektes bestehende Informationslücken sind aufzuarbeiten. Dazu gehört es, die offenen Fragen aufzunehmen, das Interesse positiv zu bewerten, die nächsten Schritte im Projektablauf bekannt zu geben und einen groben Zeitrahmen vorzustellen. Besonders wichtig ist die geeignete Vermittlung von Informationen. Dabei darf nicht nur über Entscheidungen und Ergebnisse des Projektteams informiert werden, sondern es sollte immer herausgestellt werden, welche Vorteile eine bestimmte Entscheidung für welche Zielgruppe bietet. Den Betroffenen sollte auch aufgezeigt werden, warum eine bestimmte Entscheidung so getroffen wurde, welche Alternativen zur Diskussion standen und warum diese nicht gewählt wurden. Dabei sollte Kritik aufgenommen und bearbeitet werden. UmÄngsten und Widerständen vorzubeugen, bietet sich die frühzeitige Durchführung mitarbeiterorientierter Kommunikations- und Motivationsveranstaltungen an. Das dabei gewonnene Feedback kann für ein effektives Veränderungsmanagement genutzt werden. Durch rechtzeitige Information lässt sich die Akzeptanz eines geplanten Reorganisationsprojektes erhöhen und Widerstände gegen das Projekt abbauen. Hierbei sind allen Beteiligten (=Stakeholder) wie Betriebsrat, Mitarbeiter und Manager, aber auch Externe wie Kunden, Lieferanten, Kreditgeber und Anteilseigner, die jeweils für sie relevanten Informationen bereitzustellen. Mit dem Fortschreiten des Projektes wechseln die Stakeholder, die durch das Projektmarketing anzusprechen und ins Projekt mit einzubeziehen sind. Jeder Stakeholder hat Interessen am Projekterfolg und am Nutzen für das Projektumfeld. Je stärker die Ziele und Interessen eines Stakeholders durch das Projekt beeinflusst werden, desto stärker wird dieser auf das Projekt reagieren und versuchen, es in einer für ihn günstigen Weise zu beeinflussen (fördern oder aber auch stören). Die größte Schwierigkeit liegt dabei in der Abgrenzung und Bewertung von berechtigten und unberechtigten Ansprüchen sowie die damit verbundene Informationsbereitstellung. Jeder Stakeholder hat individuelle Interessen, die sein Handeln beeinflussen. Je mehr über seine Interessen bekannt ist, desto besser kann der Informationsbedarf abgeschätzt und umgesetzt werden. Aus Beobachtungen und Gesprächen des Projektteams mit den unterschiedlichen Stakeholdern lassen sich deren Interessen ableiten (Stakeholderanalyse). Diese Interessen haben nicht unbedingt mit dem Arbeitsgebiet des Stakeholders übereinzustimmen, sondern können sich auch aus der Herkunft oder der Ausbildung herleiten lassen. Art und Umfang der notwendigen Informationsbereitstellung für die entsprechenden Stakeholder durch das Projektmarketing hängt von seiner Stellung innerhalb des Unternehmens und seiner Bedeutung für den Projekterfolg ab. Nach der Durchführung der Stakeholderanalyse liegt eine bewertete Liste über den Informationsbedarf der Stakeholder vor. Auf Grund dieser Liste lässt sich eine Informations-

110

2 Methoden des Prozessmanagements

und Kommunikationsstrategie entwickeln. Damit kann ein qualitativ hochwertiges Stakeholder-Management zur verbesserten Orientierungs-, Reaktions- und Adaptionsfähigkeit eines Projektes aufgebaut werden. 2.4.2.3

Mittel zur Umsetzung des Projektmarketings

Wie bereits angesprochen reicht der Entwurf einer prozessorientierten Organisationsstruktur durch ein zentrales Reorganisationsteam nicht zur erfolgreichen Einführung der Prozesse aus. Um eine möglichst weit reichende Information und Beteiligung der Mitarbeiter zu erreichen, ist es sinnvoll, eine Reihe unterschiedlicher Kommunikationskanäle parallel einzusetzen99 . Nutzung vorhandener Unternehmensmedien Zur Umsetzung des Projektmarketings können bereits vorhandene Unternehmensmedien (z. B. interne Firmenzeitung) eingesetzt werden. Darin wird das Projekt, seine Zielsetzung der geplante zeitliche Projektrahmen und die Projektmitarbeiter einschließlich deren Kontaktdaten vorgestellt. Diese Informationen sollten von guter Qualität sein, um eine positive Identifikation mit dem Projekt zu ermöglichen. Projektbroschüre Eine eigene Projektbroschüre ist nur bei komplexen Projekten mit vielen Zielgruppen sinnvoll. Um Kontinuität zu vermitteln ist das regelmäßige Erscheinen der Broschüre erforderlich. Informationen in diesem Medium können beispielsweise die Vorstellung des Projektteams mit den jeweiligen Aufgaben innerhalb des Projektes, der Fortschritt oder wesentliche Änderungen im Projekt sein. Kundenmedien (z. B. Kundenzeitung) Bei einem Projekt mit großer Kundenwirkung, kann nach erfolgreichem Abschluss, über das Projekt möglicherweise in der Kundenzeitung berichtet werden. So wird die erbrachte Leistung einem weiten Interessentenkreis vorgestellt. Intranet und Internet Das Intranet eignet sich besonders gut für das Projektmarketing. Über diese Plattform lassen sich alle Mitarbeiter erreichen. Wichtig hierbei ist eine häufige Aktualisierung der Informationen und ein unverwechselbarer Aufbau der Informationsseite. 99

Vgl. Krüger (2009, S. 316).

2.4 Umsetzen der Sollmodelle

111

Weitere Informationsmöglichkeiten In Abhängigkeit des Projektumfanges und der Projektbetroffenen können Informationen über Serienbriefe und -Mails oder Brief der Geschäftsleitung verbreitet werden. Insbesondere bei IT-Projekten ist die Erstellung einer Multimedia-, Höroder Mini-CD hilfreich. Große Projekte, deren Inhalte auch für die Öffentlichkeit interessant sind, können durch besondere Events wie Feiern oder Tagungen sowie Vorträge und Diskussionsrunden oder Einrichtung von Chatrooms vorgestellt werden. Bei technischen Projekten können Demonstrationen zur Schaffung von Akzeptanz beitragen. Risiken des Projektmarketings Bei ungezieltem und zu häufig eingesetztem Projektmarketing werden die Informationen durch die Zielgruppen nicht mehr aufgenommen. Dies ist auch dann der Fall, wenn die Schwerpunkte der Informationen falsch gewählt werden.

2.4.3

Einbezug der Mitarbeiter

2.4.3.1

Schulung100

Die Schulung der Mitarbeiter bezüglich der neuen Prozesse ist neben der reinen Information ein wichtiger Erfolgsfaktor für das Gelingen eines Projektes. Eine positive Einstellung gegenüber den Zielen und den Maßnahmen des Projekts reicht nicht aus. Alle Beteiligten sind in die Lage zu versetzen, ihre zukünftigen Aufgaben auch kompetent ausführen zu können. Hierzu können rechtzeitig vor Einführung der Sollprozesse Schulungsmaßnahmen geplant und durchgeführt werden. Die Vielfalt der beteiligten Zielgruppen und der zu schulenden Inhalte erfordert ein differenziertes Vorgehen. Tabelle 2.19 gibt einen Überblick über die unterschiedlichen Anforderungen der Schulungsinhalte. Tab. 2.19 Schulungsanforderungen. (Entnommen aus Hansmann et al. (2005, S. 281)) Fachlich

Methodisch

Top-Management Mittleres Management

Gesamtunternehmen überschauen Zu verantwortendes Prozesse erläutern

Ausführungsebene

Prozesse mit Beteiligung leben

Prozessmanager

Zu betreuende Prozesse überschauen und erläutern

Wertketten verstehen Wertketten und ereignisgesteuerte Prozessketten verstehen und erläutern Ereignisgesteuerte Prozessketten verstehen Wertketten und ereignisgesteuerte Prozessketten modellieren, verstehen und erläutern

100

Hansmann et al. (2005, S. 281 f.).

112

2 Methoden des Prozessmanagements

Für die jeweilige Zielgruppe ist zu entscheiden, welcher Ausschnitt der Prozesse vorzustellen ist und wie detailliert sie mit den Prozessen vertraut sein muss. Für jede der oben genannten Zielgruppen ist ein unterschiedlich tiefes methodisches Verständnis erforderlich. Das Top-Management muss einen Überblick der Gesamtprozesse und deren Zusammenspiel haben. Dazu ist meist eine grobe Darstellung der Wertketten ausreichend. Zu den Aufgaben des mittleren Managements gehört die Information und Schulung der Mitarbeiter in den Fachabteilungen und Regionen. Daher ist für sie ein tieferes Verständnis der Prozesse erforderlich, so dass die Vertreter des mittleren Managements die Wertketten und die sich daraus ableitenden ereignisgesteuerten Prozessketten verstehen und für ihren Verantwortungsbereich erläutern können. Für die ausführenden Mitarbeiter ist es wichtig, die Prozessmodelle soweit zu verstehen, dass sie auf Basis dieser Prozesse ihre Arbeit aufführen können. Der Prozessmanager übernimmt die Rolle eines Moderators. Dabei hat er die fachlichen Inhalte in modellierte Prozessabläufe gemäß den abgestimmten Modellierungsvorgaben umzusetzen. Dazu ist für den Prozessmanager ein sicherer Umgang mit den Modellierungsmethoden und aufgestellten Modellierungsstandards zwingend erforderlich. Neben diesen technischen Fertigkeiten benötigt der Prozessmanager ein inhaltliches Verständnis der Prozesse, da er unstrukturierte Istprozesse und Forderungen der Fachexperten mit dem Gesamtprozessmodell abgleichen und so eine Konsistenz der Modelle zu gewährleisten hat. Prozessverantwortliche und Fachexperten können diese Konsistenz nur bedingt sicherstellen. Für die Schulung, insbesondere der Ausführungsebene, ist der Einsatz eines Multiplikatorenmodell sinnvoll bei dem die zentralen Projektmitarbeiter das mittlere Management qualifizieren. Diese geben dann ihr Wissen an die Ausführungsebene unternehmensweit weiter. Das dafür notwendige Schulungsmaterial sowie vorbereitete Szenarien, die mit den neuen Prozessen zu bearbeiten sind, können von zentraler Stelle zur Verfügung gestellt werden. Damit wird ein effiziente und einheitliche Durchführung der Schulungen in allen Fachbereichen gewährleistet. 2.4.3.2

Maßnahmen zur personellen Umsetzung101

Bei der Implementierung einer prozessorientierten Organisationsstruktur sind mehrere, voneinander abhängige Aspekte zu berücksichtigen. Die zeitliche Abfolge der Implementierung der Maßnahmen kann unterschiedlich gewählt werden. Nach Durchführung aller Maßnahmen liegen als Ergebnis Prozessmodelle und Organigramme vor, die die zukünftige Unternehmensstruktur abbilden. Bis spätestens zum beginn des Roll-outs in der Fläche muss die Zuordnung der Mitarbeiter zu den neuen organisatorischen Einheiten vorliegen. Zur Kommunikation dieser neuen Zuordnung stehen mehrere Instrumente zur Verfügung: • Stellentransferlisten, • Aufgabentransferlisten und • Personentransferlisten. 101

Vgl. Hansmann et al. (2005, S. 282 ff.).

2.4 Umsetzen der Sollmodelle

113

Tab. 2.20 Stellentransfermatrix. (In Anlehnung an Hansmann et al. 2005, S. 283)

Stelle NEU_01 Stelle ALT_01

Stelle NEU_02

Stelle NEU_xy

X

Stelle ALT_02 Stelle ALT_03

Stelle NEU_03

70 %

30 %

X 50 % X

Stelle ALT_xy

X

X

In einer Stellentransferliste werden in einer Tabelle die alten und neuen Stellenbezeichnungen gegenüber gestellt und markiert, in welche neue Stelle die alte Stelle übergeht (s. Tab. 2.20). Wenn sich die alten und neuen Stellen in der neuenAufbauorganisation nicht direkt zuordnen lassen, so kann in der Matrix der quantitative, nicht jedoch der qualitative Anteil, der an die jeweils neuen Stellen übergeht, eingetragen werden. Die Ermittlung der Anteile kann z. B. durch den zeitlichen Anteil der Aufgabenerfüllung oder die Anzahl der Teilaufgaben, welche die neue Stelle übernimmt, bestimmt werden. Für eine Stellentransfermatrix reicht die grobe Abschätzung des Anteils aus, der Nutzen einer derartigen Ermittlung muss im Verhältnis zum Erhebungsaufwand stehen. Auch muss die Summe in Zeilen und Spalten nicht zwingend 100 % ergeben, da entweder Aufgaben alter Stellen wegfallen bzw. neue Aufgaben hinzukommen. Falls sich Informationen über die Aufteilung nicht ermitteln lassen, können die Übergänge durch Kreuze markiert werden, wobei eine bisherige Stelle auch in mehrere Folgestellen übergehen kann und umgekehrt. Für Fragestellungen nach den Anforderungsprofilen ist die Erstellung einer Aufgabentransferliste hilfreich (s. Tab. 2.21). Hierbei werden nicht die alten und neuen Stellen gegenübergestellt, sondern die dazugehörigen Aufgaben. Für alle bisherigen Stellen werden die durchzuführenden Aufgaben aufgelistet und denjenigen der neuen Stellen gegenübergestellt. Zum besseren Verständnis werden hierbei die einzelnen Aufgaben der alten Stelle der jeweils neue zugeordnet. Allerdings ist die Erstellung einer Aufgabentransferliste mit einem hohen Aufwand verbunden. Hinzu kommt, dass ab einer bestimmten Detaillierungstiefe die Listen unübersichtlich werden, insbesondere dann, wenn einige Aufgaben entfallen oder erst durch die Reorganisation entstehen. Die Stellen- und Aufgabentransfermatrix bilden die neuen Strukturen personenunabhängig ab. Bei einer tatsächlichen Reorganisation ist jedoch auch festzulegen,

114

2 Methoden des Prozessmanagements

Tab. 2.21 Aufgabentransfermatrix. (In Anlehnung an Hansmann et al. 2005, S. 284) Stelle Aufgabe 1 NEU_01

Aufgabe 2

Stelle Aufgabe 3 NEU_02

Aufgabe 4

Aufgabe 5

Stelle Aufgabe xx NEU_xy

Stelle ALT_01 Aufgabe 1

X

Aufgabe 2

X

Aufgabe 3 Stelle ALT_02 Aufgabe 4

X

Aufgabe 5

X

Aufgabe 6

X X

Stelle ALT_xy Aufgabe xx

X

Tab. 2.22 Personentransfermatrix. (In Anlehnung an Hansmann et al. 2005, S. 285)

Stelle ALT_01 Müller

Stelle ALT_02

X

Stelle NEU_0

X

Schulze X

Koch

X

Stelle NEU_03

X X

X

Wager

Stelle NEU_02

X

Meyer

Groß

Stelle ALT_03

X X X

X

welcher Mitarbeiter welche neue Stelle besetzt. Dies kann durch Personentransferlisten abgebildet werden (s. Tab. 2.22). Diese geben an, welcher Mitarbeiter von welcher bisherigen Stelle auf welche zukünftige Stelle wechselt. Ein Mitarbeiter ist dabei genau einer Stelle zugeordnet, umgekehrt kann eine Stelle durch mehrere Mitarbeiter besetzt werden. Aus den Personentransferlisten kann auch der notwendige individuelle Schulungsbedarf abgeleitet und eventuelle Lücken der Abdeckung der neuen Stellen durch interne Mitarbeiter aufgezeigt werden. Sie liefern somit die Basis für Personalbeschaffungs- und Personalentwicklungsmaßnahmen durch die Personalabteilung.

http://www.springer.com/978-3-642-01120-7