1. Vor Vertragsabschluss

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1. Vor Vertragsabschluss Der Abschluss eines Vertrags steht oft am Ende einer längeren Vorbereitungsphase. In dieser reift der Entschluss der Vertragsparteien, miteinander ein Rechtsgeschäft abschließen zu wollen, es wird ein gegenseitiges Vertrauensverhältnis aufgebaut, eventuell eine Absichtserklärung (LOI) abgeschlossen, und der Vertrag verhandelt. Bereits in dieser Phase, also vor dem eigentlichen Vertragsabschluss, gibt es eine Reihe von rechtlichen Besonderheiten, die man im Auge behalten sollte.

1.1. Vorvertragliche Rechte und Pflichten 1.1.1. Was sind vorvertragliche Rechte und Pflichten? Bereits vor einem Vertragsabschluss befinden sich zukünftige Vertragspartner in einem gesetzlichen Schuldverhältnis, das sie zu gegenseitiger Rücksicht bei der Vorbereitung des Vertrags verpflichtet. Aus diesem Umstand hat sich im österreichischen Recht die Lehre von den vorvertraglichen Pflichten entwickelt; eine schuldhafte Verletzung dieser Verhaltens- und Rücksichtspflichten bezeichnet man als „culpa in contrahendo“. Vorvertragliche Rechte und Pflichten bestehen bereits bei der ersten Kontaktaufnahme: Beim ersten Telefonat, bei einer Anfrage per E-Mail und beim Eintritt in Vertragsverhandlungen sind vorvertragliche Verpflichtungen gegenüber dem zukünftigen Vertragspartner zu beachten. Diese Verpflichtungen sind ein Bündel von Aufklärungs-, Schutz- und Sorgfaltspflichten, die zukünftige Vertragspartner einander schon vor Abschluss eines Vertrags schulden. Man kann dieses Bündel von Pflichten unter dem Oberbegriff „Fairness“ zusammenfassen. Geschäftspartner sind rücksichtsvoll und entsprechend den Usancen des Geschäftsverkehrs zu behandeln. Dies gilt auch, wenn ein Vertragsabschluss letztendlich nicht zustande kommt. Worin die vorvertraglichen Pflichten konkret bestehen, hängt vom jeweiligen Einzelfall ab – von der Art des beabsichtigten Geschäfts, von der Beziehung der Parteien (besteht eine ständige Geschäftsbeziehung oder handelt es sich nur um einen Einmalkontakt), sowie von den Anlaufkosten, die mit der Vorbereitung eines Vertragsabschlusses verbunden sind. Die Rechtsprechung hat dazu eine Vielzahl von Grundsätzen entwickelt. Zwei davon sollen im Folgenden herausgegriffen werden.

1.1.2. Aufklärung über vertragswesentliche Umstände Geschäftspartner müssen einander über vertragswesentliche Umstände informieren. Der Verkäufer hat den Käufer über die Beschaffenheit des Kaufgegenstands aufzuklären. Wenn dem Verkäufer bekannt ist, dass der Käufer die Sache für einen bestimmten Zweck verwenden will, muss der Verkäufer den Käufer aufklären, wenn der Kaufgegenstand dafür nicht geeignet ist. Umgekehrt muss der Käufer den Verkäufer darüber informieren, dass der Kaufpreis noch fremdfinanziert werden muss, damit der Verkäufer die Möglichkeit in Betracht ziehen kann, dass das Geschäft im Fall eines Scheiterns der Fremdfinanzierung nicht zustande kommt. Renner/Lunzer, Vertragsrecht kompakt, LexisNexis

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1. Vor Vertragsabschluss

➲ BEISPIEL: Wer einen Baugrund verkaufen möchte, für den die erforderlichen Widmungen und Genehmigungen noch nicht vorliegen, hat den Kaufinteressenten darauf hinzuweisen. In den meisten Fällen hat der Käufer, wenn der Verkäufer eine notwendige Aufklärung unterlassen hat und es trotzdem zu einem Vertragsabschluss gekommen ist, einen Gewährleistungsanspruch oder sonstige Rechtsbehelfe. Daneben besteht ein Schadenersatzanspruch wegen der Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten.

➲ PRAXISTIPP: Im österreichischen Recht herrscht der Grundsatz der vollen Konkurrenz der verschiedenen Rechtsbehelfe. Ein Anspruch kann auf alle zur Verfügung stehenden Rechtsgrundlagen (culpa in contrahendo, Gewährleistung, Schadenersatz, Irrtum, Verkürzung über die Hälfte, Sittenwidrigkeit etc) gestützt werden. Dies erhöht die Chancen auf ein Obsiegen in einem etwaigen Gerichtsverfahren; versagt eine Anspruchsgrundlage, kann sich der Kläger oft auf eine Reihe weiterer Anspruchsgrundlagen berufen.

1.1.3. Ernsthafter Wille zum Vertragsabschluss Wer in Vertragsverhandlungen tritt, muss einen ernsthaften Willen zum Vertragsabschluss haben. Den Geschäftspartner über diese Absicht zu täuschen, verletzt vorvertragliche Aufklärungs- und Rücksichtspflichten. Dem Geschäftspartner sind daher alle Umstände mitzuteilen, die einem Vertragsabschluss möglicherweise entgegenstehen.

➲ BEISPIEL: Ist der Vertragsabschluss von der Zustimmung anderer Personen oder bei juristischen Personen von der Zustimmung bestimmter Organe (Aufsichtsrat, Beirat, Gesellschafter etc) abhängig, ist der Geschäftspartner darüber aufzuklären.

➲ BEISPIEL: Es ist unzulässig, Parallelverhandlungen mit mehreren Interessenten zu führen, wenn man ein Rechtsgeschäft von vornherein mit einem bestimmten Partner abschließen möchte und mit den anderen Interessenten nur verhandelt, um die Verhandlungsposition gegenüber dem Wunschpartner zu verbessern (sog „Scheinverhandlungen“). Das bedeutet jedoch nicht, dass potenziellen Vertragspartnern alle Umstände mitgeteilt werden müssen, die auf den eigenen Entschluss Einfluss haben könnten: 2

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1.1. Vorvertragliche Rechte und Pflichten

Grundsätzlich ist niemand verpflichtet, den Verhandlungspartner darüber zu informieren, dass alternative Angebote eingeholt werden. Ebenso ist es nicht erforderlich, im Laufe von Verhandlungen den jeweiligen Favoriten zu identifizieren; solange alle Verhandlungspartner eine theoretische Chance auf den Geschäftsabschluss haben, wird der ernsthafte Wille zum Vertragsabschluss vermutet. Zeigt sich aber im Laufe von Vertragsverhandlungen, dass sich ein Verhandlungspartner für den Vertragsabschluss disqualifiziert, etwa weil er zu teuer anbietet oder nicht die geforderte Qualität liefern kann, ist das ohne Verzug mitzuteilen. Das gilt vor allem, wenn der Verhandlungspartner schon vor Vertragsabschluss oder während der Vertragsverhandlungen diverse Vorleistungen erbringen oder Kosten tragen muss.

➲ BEISPIEL: Kontaktiert man einen Makler zwecks Besichtigung einer Eigentumswohnung, muss man diesem nicht ausdrücklich mitteilen, dass man andere Objekte besichtigt hat und besichtigen wird – es entspricht dem Geschäftsgebrauch und versteht sich von selbst, dass ein Kaufinteressent für eine Immobilie mehrere Objekte besichtigt und nicht mit einem festen Vertragsabschlusswillen zur Besichtigung kommt.

➲ BEISPIEL: Der Auftrag für ein größeres Bauvorhaben soll vergeben werden und dazu sind drei Bauunternehmer, A, B und C, eingeladen. Alle drei müssen einen aufwendigen Budgetplan erstellen, auf eigene Kosten einen Architekten mit der Vorplanung beauftragen und auf dem Grundstück Bodenanalysen durchführen lassen. – Der Auftraggeber hat mit Bauunternehmer A schon gute Erfahrungen gemacht und daher eine klare Präferenz für A. Solange zumindest die theoretische Möglichkeit besteht, dass der Auftraggeber das Geschäft mit B oder C abschließt, kann diese Präferenz verschwiegen werden. – Wird dem Auftraggeber im Laufe der Gespräche klar, dass er das Geschäft keinesfalls mit C abschließen möchte, weil C am teuersten anbietet und nicht die Kapazität hat, fristgerecht zu leisten, so muss er C darüber informieren. Die vorvertragliche Aufklärungspflicht soll C davor schützen, dass er in Hoffnung auf eine Abschlusschance weitere Anlaufkosten hat. – Außerhalb des Vergaberechts ist der Auftraggeber übrigens frei in seiner Entscheidung, an wen er den Auftrag vergibt. Er kann nach Sympathie entscheiden, es muss nicht der Bestbieter den Zuschlag erhalten. Wann und inwieweit eine Aufklärung erforderlich ist, variiert von Fall zu Fall. Eine allgemeine Richtschnur stellen die „Grundsätze des redlichen Geschäftsverkehrs“ dar, doch letztlich ist jeder Einzelfall nach seinen besonderen Umständen zu beurteilen. Renner/Lunzer, Vertragsrecht kompakt, LexisNexis

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1.1.4. Unterschiedliche Intensität Wie hoch die Intensität der Verhaltens- und Rücksichtspflichten ist, hängt von der Art der Geschäftsbeziehung ab: Bei Einmal- und Umsatzgeschäften ohne besondere Treue- und Vertrauensbande sind die Anforderungen gering.

➲ BEISPIEL: Die vorvertraglichen Aufklärungspflichten eines Möbeldiskonters, dessen Geschäftskonzept es ist, keine Kundenbetreuung anzubieten – der Kunde muss die Möbel selbst aus den Regalen nehmen, nach Hause transportieren und zusammenbauen –, sind gering. In einem exklusiven Einrichtungshaus in der Wiener Innenstadt mit persönlicher Beratung besteht hingegen ein weitaus intensiverer Kontakt, der eine höhere Anforderung an vorvertragliche Rechte und Pflichten rechtfertigt. Bei ständigen Geschäftsbeziehungen bestehen erhöhte Verhaltens- und Rücksichtspflichten; schließlich kennen die Geschäftspartner einander und ihre gegenseitigen Bedürfnisse bereits.

➲ BEISPIEL: Bei Vorliegen eines jahrzehntelangen Handelsvertreterverhältnisses haben die Vertragsparteien sehr intensive Verhaltens- und Rücksichtspflichten. Sie kennen die besonderen Wünsche und Vorgaben des Vertragspartners aus der Vertragshistorie. Besonders hoch sind die Anforderungen beim Abschluss eines Gesellschaftsvertrags oder Joint Venture-Vertrags, weil die Gründung einer Gesellschaft als Startschuss für eine langfristige Geschäftsbeziehung ein starkes Vertrauensverhältnis voraussetzt. Auch ein Dienstvertrag gilt als enge geschäftliche Beziehung, weswegen laut Rechtsprechung bereits für das Stadium der Bewerbung und des Vorstellungsgesprächs strenge Vorgaben gelten. Im Bankwesen besteht eine erhöhte Aufklärungs- und Hinweispflicht. Das gilt insbesondere für Haftungen und Bürgschaften bei der Kreditvergabe oder für die umfassende Aufklärung über Risiken im Zusammenhang mit der Veranlagung beim Verkauf von Bankprodukten.

➲ BEISPIEL: Ein Anleger interessiert sich für eine sichere Geldanlage mit fünfjähriger Bindung. Der Anlageberater empfiehlt einen bis zu diesem Zeitpunkt erfolgreichen Hedgefonds. Kurze Zeit nach dem Kauf bricht der Fonds zusammen und das gesamte eingesetzte Kapital ist verloren. Die Bank ist schadenersatzpflichtig, weil sie ihre Aufklärungs- und Beratungspflichten verletzt hat, wobei ein besonders strenger Maßstab an die Sorgfalt der Bank und die umfassende Beratung anzulegen ist. Je spekulativer die Anlage und je unerfahrener der Kunde, desto weitergehend sind die Aufklärungspflichten. 4

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1.2. Absichtserklärung (Letter of Intent)

1.1.5. Haftungsumfang Liegt ein Fall von culpa in contrahendo vor, ist der sog Nichterfüllungs- bzw Vertrauensschaden zu ersetzen. Der geschädigte Teil ist so zu stellen, wie er stünde, wenn die vorvertragliche Pflicht nicht verletzt worden wäre (sog „frustrierte Kosten“). In Unternehmenskauftransaktionen sind typische frustrierte Kosten die Kosten für die Durchführung einer Due Diligence-Prüfung und die Beraterkosten.

➲ BEISPIEL: Der Auftrag für ein größeres Bauvorhaben soll vergeben werden und dazu sind drei Bauunternehmer, A, B und C, eingeladen. Alle drei müssen einen aufwendigen Budgetplan erstellen, auf eigene Kosten einen Architekten mit der Vorplanung beauftragen und auf dem Grundstück Bodenanalysen durchführen lassen. Welche Kosten müssen bei der Verletzung vorvertraglicher Pflichten ersetzt werden? Die Kosten für die Erstellung des Budgetplans, das Honorar des Architekten und die Kosten für die Durchführung der Bodenanalyse. Zum Vertrauensschaden gehören darüber hinaus Nachteile wegen der Versäumung anderer Abschlussgelegenheiten.

➲ BEISPIEL: Im zuvor angeführten Beispiel: Kann der ausgeschiedene Bauunternehmer C nachweisen, dass er ein anderes Bauvorhaben ausgeschlagen hat, um sich auf die vermeintlich aussichtsreichen Verhandlungen mit dem Auftraggeber zu fokussieren, so ist er berechtigt, den dadurch erlittenen Schaden (und zwar einschließlich des entgangenen Gewinns) zu beanspruchen.

➲ ZUSAMMENFASSUNG: Bereits vor einem konkreten Vertragsabschluss bestehen zwischen zukünftigen Geschäftspartnern gegenseitige Aufklärungs- und Sorgfaltspflichten, deren Umfang von der Art und Komplexität des Rechtsgeschäfts sowie von etwaig zu erbringenden Vorleistungen durch einen Geschäftspartner abhängt. Wer diese Regeln missachtet, haftet dem Geschäftspartner für den dadurch entstandenen Schaden. Eine ernsthafte und offene Gesprächskultur zwischen den Verhandlungspartnern ist der Grundstein für eine erfolgreiche Geschäftsbeziehung.

1.2. Absichtserklärung (Letter of Intent) 1.2.1. Was ist eine Absichtserklärung? Die Absichtserklärung wird im Vorfeld von besonders komplexen Verträgen und Transaktionen verwendet, um einen Verhandlungsstand und die weitere Vorgangsweise mit Blick auf den Vertragsabschluss festzuhalten. Im Englischen wird die Absichtserklärung Letter of Intent (LOI) genannt; der Begriff ist der US-amerikanischen Wirtschaftspraxis entlehnt. Renner/Lunzer, Vertragsrecht kompakt, LexisNexis

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3. Wesentliche Vertragsinhalte 3.1. Vertragsgegenstand und Gegenleistung 3.1.1. Allgemeines Der Abschluss eines Vertrags begründet ein Schuldverhältnis. Im Wirtschaftsleben ist die häufigste Form eines Schuldverhältnisses der zweiseitige bzw gegenseitige Vertrag, dh ein Rechtsgeschäft mit wechselseitigen Rechten und Pflichten. Jede Vertragspartei ist zugleich Gläubiger und Schuldner zumindest einer Hauptleistungspflicht sowie diverser Nebenleistungs- und Nebenpflichten, die entweder vertraglich vereinbart werden oder sich direkt aus dem Gesetz ergeben.

➲ BEISPIEL: Beispiele für einseitige Rechtsgeschäfte sind das Testament, die Auslobung oder die Kündigung. Die Auslobung richtet sich an einen unbestimmten Personenkreis und verspricht eine Belohnung, wenn ein bestimmter Erfolg/Leistung erbracht wird.

3.1.2. Hauptleistungsgegenstand Der Vertrags- bzw Hauptleistungsgegenstand ist der Mittelpunkt des Rechtsgeschäfts und ausschlaggebend dafür, welcher Vertragstyp vorliegt. Wird eine Ware gegen Zahlung eines Kaufpreises erworben, liegt ein Kaufvertrag vor. Wird eine Ware im Austausch gegen eine andere Ware erworben, handelt es sich um einen Tauschvertrag. Stellt ein Tischler ein Möbelstück nach Anweisung des Kunden gegen Zahlung eines Honorars her, wurde ein Werkvertrag abgeschlossen. Wird ein Vertrag über die Nutzung einer Wohnung gegen Zahlung eines Mietzinses abgeschlossen, spricht man von einem Mietvertrag. Der Hauptleistungsgegenstand kann in mehrere Bestandteile zerfallen, die verschiedenen Vertragstypen zuzuordnen sind (sog Mischvertrag). Zur rechtlichen Einordnung von Mischverträgen wird geprüft, ob Elemente eines Vertragstyps überwiegen, und der Gesamtvertrag dann entsprechend typisiert. Mangels anderer Anhaltspunkte ist darauf abzustellen, wie hoch das Entgelt für die einzelnen Vertragsbestandteile ist.

➲ BEISPIEL: A bestellt eine Therme bei B. Der Kaufpreis beträgt EUR 5.000, für Lieferung und Montage ist eine Pauschale von zusätzlich EUR 500 vorgesehen. Es liegt ein Mischvertrag vor, der Komponenten eines Kaufvertrags (Kauf der Therme), eines Transportvertrags (Lieferung der Therme) und eines Werkvertrags (Montage der Therme) enthält. Da die Elemente des Kaufvertrags überwiegen, ist der Vertrag insgesamt als Kaufvertrag einzuordnen. Renner/Lunzer, Vertragsrecht kompakt, LexisNexis

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3. Wesentliche Vertragsinhalte

➲ BEISPIEL: Sachverhalt wie zuvor, mit dem Unterschied, dass A die Therme bestellt und es einen separaten Auftrag für Lieferung (EUR 100) und Montage (EUR 400) gibt: In diesem Fall liegen zwei Verträge vor – ein Kaufvertrag über EUR 5.000 und ein Werkvertrag über EUR 500 (da der Wert der Montage den Wert der Lieferung überwiegt). Auch bei der Zuordnung eines Vertrags zu einem bestimmten Vertragstyp gilt der Grundsatz „falsa demonstratio non nocet“.

➲ BEISPIEL: Sachverhalt wie zuvor. Der Vertrag wird von beiden Parteien einvernehmlich als „Werkvertrag“ bezeichnet. Es liegt, trotz der einvernehmlichen Bezeichnung durch die Parteien, ein Kaufvertrag vor. Die Parteien können zwar im Vertragstext diverse Rechtsfolgen des Werkvertrags ausschließen oder modifizieren, sie können aber keine einvernehmliche Typenänderung herbeiführen. Es ist möglich und zulässig, dass ein Vertrag keinem der Rechtsordnung bekannten Vertragstyp zuzuordnen ist. In diesem Fall liegt ein sog atypischer Vertrag oder Vertrag „sui generis“ vor (ein Beispiel dafür ist die Absichtserklärung, die im österreichischen Recht nicht typisiert ist). Die Abgrenzung zwischen den diversen Vertragstypen ist nicht immer einfach. Besondere Schwierigkeiten bereitet die Abgrenzung zwischen Kaufvertrag und Werkvertrag, weil beide Vertragstypen auf Lieferung einer Sache gerichtet sind. Im Unterschied zum Kaufvertrag wird beim Werkvertrag ein Werk nach speziellen Anweisungen des Werkbestellers hergestellt, der (zumindest entsprechend dem Grundgedanken des Werkvertrags) darüber hinaus den Werkstoff zur Verfügung stellt. Im Allgemeinen gilt daher: Stellt der Besteller das Material zur Verfügung, liegt ein Werkvertrag vor; kommt das Material vom Hersteller, liegt ein Kaufvertrag vor. Warum ist die Unterscheidung von Bedeutung? Jeder Vertragstyp hat ein eigenes rechtliches Regime. So gibt es im Werkvertragsrecht Warn-, Aufklärungs- und Sorgfaltspflichten, die sowohl den Werkbesteller als auch den Werkhersteller treffen können; im Gegensatz dazu hat der Käufer keine derartigen Pflichten. Eine weitere Besonderheit des Werkvertragsrechts ist der gesetzlich geregelte Kostenvoranschlag, der dem Werkhersteller erlaubt, die ursprüngliche Preisvereinbarung um bis zu 10 % zu überschreiten; der Kaufpreis hingegen ist im Regelfall fix und unterliegt keinen nachträglichen Anpassungen. Die Abgrenzung kann daher im Einzelfall erhebliche wirtschaftliche und haftungsrechtliche Folgen haben.

➲ BEISPIEL: A möchte sich selbstständig machen und dazu eine GmbH gründen. Zu diesem Zweck geht er wie folgt vor: 38

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3.1. Vertragsgegenstand und Gegenleistung

Variante 1: A kauft online per Download ein nicht individualisiertes Muster für einen Gesellschaftsvertrag für einen Preis von EUR 15. Es liegt ein Kaufvertrag vor. Variante 2: A sucht den Rechtsanwalt B auf, der die komplette Gesellschaftsgründung für ein Pauschalhonorar von EUR 2.500 anbietet. Es liegt ein Werkvertrag vor; B schuldet einen bestimmten Erfolg, nämlich die Eintragung der GmbH im Firmenbuch. Variante 3: A sucht den Rechtsanwalt B auf, der ihm Beratung bei der Gründung der GmbH für einen Stundensatz von EUR 250 plus USt anbietet. Es liegt ein Dienstleistungsvertrag vor, da lediglich eine Beratungsleistung, nicht aber ein Erfolg zugesagt wird. Wesentlich ist auch die Unterscheidung zwischen Dienstvertrag und Dienstleistungsvertrag. In beiden Fällen verpflichtet sich eine Person zur Erbringung von Dienstleistungen gegen Entgelt. Entscheidender Unterschied ist, dass ein Dienstleister seine Leistungen selbstständig erbringt, während der Dienstnehmer in einem persönlichen Abhängigkeitsverhältnis zum Dienstgeber steht, diesem weisungsunterworfen und in dessen Betrieb eingegliedert ist. Die Rechtsfolgen könnten unterschiedlicher nicht sein: Während der Dienstleister auf Augenhöhe mit seinem Auftraggeber ist und die Erbringung der Dienstleistung den allgemeinen zivilrechtlichen und unternehmensrechtlichen Bestimmungen unterliegt, sind auf ein Dienstverhältnis spezifische arbeits-, sozialversicherungs- und steuerrechtliche Bestimmungen anzuwenden.

➲ PRAXISTIPP: Lassen Sie im Vorfeld eines Vertragsabschlusses nicht außer Acht, dass es verschiedene Vertragstypen mit Rechtsfolgen gibt, die sich rechtlich und wirtschaftlich erheblich voneinander unterscheiden können. Es besteht ein (eingeschränkter) Gestaltungsspielraum, wobei der Grundsatz „falsa demonstratio non nocet“ immer zu beachten ist.

3.1.3. Nebenleistungs- und Nebenpflichten Neben den Hauptleistungspflichten bestehen zwischen den Parteien selbstständige und unselbstständige Nebenleistungspflichten. Selbstständige Nebenleistungspflichten zeichnen sich dadurch aus, dass sie für die Parteien von besonderem Interesse sind; dies kommt darin zum Ausdruck, dass ihnen ein selbstständiger Teil der Gegenleistung zugeordnet werden kann.

➲ BEISPIEL: Im Regelfall beinhaltet der Kauf einer Therme ihre Lieferung und Montage. Sofern nicht ausdrücklich Gegenteiliges vereinbart ist, bezieht sich das vereinbarte Entgelt auf diese Nebenleistungspflichten. Weitere derartige Pflichten können der Testbetrieb oder die regelmäßige Wartung der Therme sein. Um Streitigkeiten zu vermeiden, empfiehlt es sich, sämtliche Leistungspflichten – insbesondere die Nebenleistungspflichten – sorgfältig zu formulieren und zu vereinbaren. Renner/Lunzer, Vertragsrecht kompakt, LexisNexis

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Unselbstständige Nebenleistungspflichten sind jene Pflichten, welche die Erfüllung der Hauptleistung mit sich bringt. Sie ergeben sich aus der ergänzenden Vertragsauslegung oder aus den Usancen im Geschäftsverkehr, können aber ebenso gesondert vereinbart werden.

➲ BEISPIEL: B hat die unselbstständige Nebenpflicht, die Therme ordnungsgemäß zu verpacken, damit sie beim Transport nicht beschädigt wird, und eine verlässliche Transportfirma mit der Lieferung zu beauftragen. B ist weiters verpflichtet, eine Gebrauchsanweisung mitzuliefern, selbst wenn dies nicht ausdrücklich vereinbart ist. Von den Nebenleistungspflichten sind die Nebenpflichten zu unterscheiden: Jede Vertragspartei hat ihre Leistungen unter Beachtung von Schutz- und Sorgfaltspflichten so zu erbringen, dass der Vertragspartner nicht an seiner Person oder an sonstigen Rechtsgütern geschädigt wird.

➲ BEISPIEL: B ist verpflichtet, bei Montage der Therme sorgsam vorzugehen, keine Schäden in der Wohnung des Auftraggebers zu verursachen und die Wohnung nicht unverhältnismäßig zu verschmutzen.

3.1.4. Gegenleistung bzw Entgelt Jeder Hauptleistung steht eine Gegenleistung gegenüber. Bei zweiseitigen Rechtsgeschäften ist dies zumeist das Entgelt (je nach Vertragstyp: Kaufpreis, Werklohn, Honorar, Mietzins, Gehalt, Lizenzgebühr etc). Die Gestaltung des Entgelts bleibt weitgehend den Parteien überlassen. Insbesondere die Entgelthöhe unterliegt regelmäßig der vertraglichen Vereinbarung. Nur in wenigen Fällen ist sie durch Gesetz oder Verordnung geregelt oder ist ein gesetzliches Mindest- oder Höchstentgelt vorgesehen.

➲ BEISPIEL: Das Maklergesetz legt die maximal zulässige Höhe der Provision des Immobilienmaklers fest. Die Rundfunk & Telekom Regulierungs-GmbH (RTR) beaufsichtigt die Tarifgestaltung der Telekommunikationsbranche, die E-Control die Tarife der Elektrizitätswirtschaft. Die ansonsten herrschende Gestaltungsfreiheit zwischen den Geschäftspartnern ist weiter durch die Grenze der Sittenwidrigkeit eingeschränkt: Die Sittenwidrigkeit ist eine generalklauselartige Norm, die ermöglichen soll, dass Grundgedanken der Rechtsordnung auch dann angewendet werden, wenn es keine konkrete gesetzliche Regelung gibt. Die Sittenwidrigkeit ist ein Unterfall der Rechtswidrigkeit für diejenigen Fälle, die nicht ausdrücklich im Gesetz geregelt sind, und dient damit der Schließung von Regelungslücken durch die Gerichte. 40

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3.1. Vertragsgegenstand und Gegenleistung

Als sittenwidrig gilt ein Rechtsgeschäft dann, wenn es gegen die Prinzipien und Werte verstößt, die sich aus der allgemeinen Rechtsordnung ergeben. Dies ist zB der Fall, wenn Leistung und Gegenleistung in krassem Missverhältnis stehen oder wenn ein Vertragspartner den Leichtsinn, die Zwangslage, die Verstandesschwäche, die Unerfahrenheit oder die Gemütsaufregung des Gegenübers ausbeutet. Typische Beispiele sind die Gewährung eines Kredits mit wucherischen Zinsen oder die Vermietung eines Zimmers zu einem stark überhöhten Mietzins unter Ausbeutung einer Zwangslage des Mieters. Die überwiegende Rechtsprechung der letzten Jahre setzt sich mit Kreditgeschäften und Kreditsicherheiten auseinander, wodurch der Handlungsspielraum von Banken gegenüber Kunden – vor allem gegenüber Verbrauchern – erheblich eingeschränkt wurde.

➲ BEISPIEL: Jedenfalls sittenwidrig ist ein Vertrag, der zu einer rechtswidrigen oder gar einer strafbaren Handlung verpflichtet. Knebelverträge, die einen Vertragspartner stark in seiner Handlungsfähigkeit einschränken, sind sittenwidrig, ebenso übermäßig einschränkende Konkurrenzverbote, überlange Wettbewerbsverbote und stark überhöhte Vertragsstrafen. Eine absolute gesetzliche Schranke ist die sog Verkürzung über die Hälfte („laesio enormis“): Wenn der Wert der erhaltenen Leistung weniger als die Hälfte des Werts der erbrachten Gegenleistung ist, kann die benachteiligte Partei die Aufhebung des Vertrags verlangen. Die andere Partei kann die Vertragsaufhebung dadurch abwehren, indem sie das Entgelt freiwillig auf den Verkehrs- bzw Marktwert anhebt.

➲ BEISPIEL: A verkauft B einen fünf Jahre alten BMW 320d für einen Kaufpreis von EUR 50.000. Der Eurotax-Wert des Fahrzeugs beträgt EUR 20.000. B kann den Kaufvertrag wegen Verkürzung über die Hälfte anfechten, da der Wert des erworbenen Fahrzeugs weniger als die Hälfte des gezahlten Kaufpreises beträgt. Die Verkürzung über die Hälfte kann nicht geltend gemacht werden, wenn eine Sache in Kenntnis ihres wahren Werts oder aus besonderer Vorliebe oder im Rahmen einer gerichtlichen Versteigerung erworben wurde oder wenn es sich um eine gemischte Schenkung handelt.

➲ BEISPIEL: A kauft ein Gemälde von Klimt um einen Kaufpreis von EUR 100 Millionen. Vergleichbare Bilder haben bisher einen Kaufpreis von maximal EUR 30 Millionen erzielt. A kann den Kaufvertrag trotzdem nicht wegen Verkürzung über die Hälfte anfechten, da er das Bild aus besonderer Vorliebe erworben hat. Renner/Lunzer, Vertragsrecht kompakt, LexisNexis

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3. Wesentliche Vertragsinhalte

➲ PRAXISTIPP: Die Verkürzung über die Hälfte wurde lange Zeit als „totes“ Recht betrachtet, hat aber in jüngster Zeit eine Renaissance erlebt. Grund dafür ist, dass die Anfechtung unter Unternehmern bis vor Kurzem ausgeschlossen war; nach der neuen Regelung im UGB ist die Verkürzung über die Hälfte unter Unternehmern anzuwenden, sofern sie nicht ausdrücklich vertraglich ausgeschlossen wurde. Seit Inkrafttreten dieser Regelung haben Anfechtungsverfahren sprunghaft zugenommen. In dem seltenen Fall, dass kein Preis bzw Entgelt vereinbart wurde, kommt mangels Bestimmtheit kein Vertrag zustande. Eine Ausnahme ist für Dienst- und Werkverträge vorgesehen, in denen im Zweifel – in Ermangelung einer anderen Regelung – ein angemessenes Entgelt als vereinbart gilt. Angemessen ist jenes Entgelt, das sich unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Bedachtnahme auf das, was unter ähnlichen Umständen geschieht oder geschehen ist, ergibt. In Dienstverträgen ist das im Allgemeinen der im anwendbaren Kollektivvertrag festgelegte Lohn, sofern nicht ortsüblicherweise ein höheres Entgelt geleistet wird. Für Werkverträge sind Gebühren- und Honorarordnungen heranzuziehen.

➲ PRAXISTIPP: Empfohlen wird, die Entgeltvereinbarung sorgfältig und unter Bedachtnahme auf etwaige Nebenkosten zu formulieren. Dies gilt insbesondere, wenn das Entgelt bei Vertragsabschluss nicht feststeht, sondern nachträglich zu berechnen oder anzupassen ist (Preisanpassungsklausel, Erfolgshonorar oder Earn-out-Klausel). Zu berücksichtigende Nebenkosten sind die Kosten der Vertragserrichtung, Rechts- oder Steuerberatungskosten und die Gebühren eines etwaig erforderlichen Notars, weiters Rechtsgeschäftsgebühren, Grunderwerbsteuer und sonstige Steuern und Abgaben. Für den Fall eines Zahlungsverzugs werden meist Verzugszinsen vereinbart. Neben der Festlegung ihrer Höhe ist zu beachten, ab wann der Zinsenlauf beginnt und ob Zinsen kapitalisiert und Zinseszinsen verrechnet werden.

3.1.5. Fälligkeit des Entgelts Die Fälligkeit des Entgelts ist gesetzlich geregelt: Für zweiseitig verbindliche Verträge gilt das Zug-um-Zug-Prinzip, Leistung und Gegenleistung sind in unmittelbarem Austausch zu bewirken. Bei einem Kaufvertrag ist der Kaufpreis gleichzeitig mit der Übergabe der Ware fällig. Sinn und Zweck der gesetzlichen Zug-um-Zug-Verpflichtung besteht darin, den an einem Waren- oder Leistungsaustausch Beteiligten Schutz davor zu gewähren, dass sie ihre Leistung erbringen, aber die Gegenleistung nicht erhalten. Das Zug-um-Zug-Prinzip ist aber nicht zwingend; im Gegenteil: Im Regelfall wird heutzutage vertraglich eine abweichende Regelung vereinbart. Bei der Anzahlung oder Vorauszahlung wird das Zug-um-Zug-Prinzip zulasten des Käufers verschoben. Bei der – zumindest im Kaufrecht üblichen – Zahlung innerhalb einer bestimmten Frist 42

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4. Allgemeine Geschäftsbedingungen 4.1. Was sind Allgemeine Geschäftsbedingungen? 4.1.1. Definition von Allgemeinen Geschäftsbedingungen Das österreichische Recht enthält keine Definition für Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB). Im deutschen Recht sind Allgemeine Geschäftsbedingungen als „alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrages stellt“, definiert. Im allgemeinen Sprachgebrauch versteht man unter Allgemeinen Geschäftsbedingungen ein vorformuliertes Vertragsformular, welches ein Unternehmen erstellt hat, um Rahmenbedingungen für alle zukünftigen Vertragsabschlüsse zu schaffen.

4.1.2. Wer benötigt Allgemeine Geschäftsbedingungen? Allgemeine Geschäftsbedingungen werden vor allem von Unternehmen verwendet, die täglich zahlreiche Verträge abschließen, die inhaltlich weitgehend gleichgeschaltet sind und daher schon aus organisatorischen Gründen standardisiert sein müssen. Für eine Versicherung, eine Bank oder einen Mobilfunkanbieter wäre es unökonomisch, mit jedem einzelnen Kunden die Details der Vertragsbeziehung zu verhandeln. Aus diesem Grund werden dem Kunden Allgemeine Geschäftsbedingungen vorgelegt, die nur einige wenige Punkte (Anzahl und Spezifikation der Produkte oder Dienstleistungen, Preis, Vertragsdauer etc) offenlassen, während die allgemeinen Bestimmungen wie Verzugsregelungen, Gewährleistung, Schadenersatzbestimmungen, Pönaleregelungen, Rechtswahl und Gerichtsstand bereits festgelegt sind. Ist der Kunde mit diesen nicht einverstanden, bleibt ihm im Regelfall nur die Möglichkeit, vom Vertragsabschluss Abstand zu nehmen, weil bei den meisten Unternehmen kein Verhandlungsspielraum besteht und die konkreten Ansprechpartner keine Befugnis zur Verhandlung von Änderungen haben. Viele Unternehmen haben für verschiedene Geschäftsvorgänge unterschiedliche Allgemeine Geschäftsbedingungen: So etwa „Einkaufsbedingungen“ für Beschaffungsgeschäfte und „Verkaufsbedingungen“ für Veräußerungsgeschäfte.

4.1.3. Wie kommt man zu Allgemeinen Geschäftsbedingungen? AGB sollten aus mehreren Gründen besonders sorgfältig formuliert werden: Erstens werden die AGB Bestandteil von zahlreichen Einzelverträgen und haben daher eine Bedeutung, die über einen einzelnen Vertragsabschluss hinausgeht. Zweitens sind AGB besonders angreifbar, wie im Folgenden noch näher erläutert wird. Gesetzliche Regelungen und eine umfangreiche Rechtsprechung legen fest, welche Bestimmungen AGB enthalten dürfen. Darüber hinausgehende Bestimmungen, insbesondere gegenRenner/Lunzer, Vertragsrecht kompakt, LexisNexis

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4. Allgemeine Geschäftsbedingungen

über dem Verbraucher, werden nicht auf das gesetzlich zulässige Maximum reduziert, sondern sind meist unwirksam. Unternehmen, die AGB auf ständiger Basis verwenden, sollten daher bei deren Errichtung nicht sparen und sie von professioneller (juristischer) Seite erstellen lassen. Alternativ sind ein guter Ansatzpunkt die AGB, die von Berufsvertretungen oder der Wirtschaftskammer zur Verfügung gestellt werden. Diese sind juristisch geprüft, auf die Bedürfnisse der jeweiligen Branche angepasst und entsprechen den gesetzlichen Mindestanforderungen, doch sind sie zumeist sehr allgemein gehalten und daher nicht auf die besonderen Bedürfnisse des konkreten Unternehmens zugeschnitten.

➲ PRAXISTIPP: Unternehmen, welche in einer risikogeneigten Branche tätig und des Öfteren mit Haftungsfällen konfrontiert sind, sollten besonderes Augenmerk darauf legen, das zulässige Maximum an Sicherheiten, Haftungsausschlüssen etc in den AGB auszuschöpfen. Manche Versicherungsunternehmen machen die Höhe von Prämien heute davon abhängig, ob der Versicherungsnehmer im Geschäftsverkehr von Rechtsanwälten geprüfte AGB verwendet.

4.2. Geltungskontrolle – erste Ebene Die Geltung von AGB muss vereinbart werden: Niemand ist berechtigt, für seinen Vertragspartner einseitig Recht zu schaffen, indem er seinen Geschäften zwingend seine AGB zugrunde legt. Allgemeine Geschäftsbedingungen haben denselben Geltungsgrund wie alle anderen Vertragsbestimmungen, nämlich eine ausdrückliche oder konkludente Vereinbarung durch alle beteiligten Vertragspartner.

4.2.1. Ausdrückliche oder schlüssige Vereinbarung Die Vereinbarung von AGB kann ausdrücklich oder stillschweigend erfolgen. Im Regelfall ist es ausreichend, dass der Unternehmer erklärt, nur zu seinen AGB kontrahieren zu wollen. Der Vertragspartner muss im Vorfeld darauf hingewiesen werden und die Möglichkeit haben, vom Inhalt der AGB Kenntnis zu nehmen. Es genügt nicht, die gewünschten AGB im Unternehmen aufzulegen oder auszuhängen. Die bloße Übermittlung gemeinsam mit einem Auftrag oder einer Bestellung bedeutet noch nicht, dass der Vertragspartner die AGB akzeptiert. Im Einzelnen: ■

Ausdrückliche Vereinbarung: Schließt der Unternehmer mit seinem Geschäftspartner bzw Kunden einen schriftlichen Vertrag ab, sollten die AGB entweder im Vertragstext enthalten sein oder der Vertragstext ausdrücklich auf die AGB verweisen, die dem Vertrag als Anlage beizufügen sind.

➲ PRAXISTIPP: Sind die AGB Anlage zum Vertrag, ist auf etwaige Formerfordernisse achtzugeben (zB Schriftform der Schiedsklausel, empfohlene Schriftform der Gerichtsstandsver80

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4.2. Geltungskontrolle – erste Ebene

einbarung). Die Anlage muss von den Parteien unterschrieben werden, um den Formvorschriften zu genügen. ■

Konkludente Vereinbarung: Die Gerichte legen an die konkludente Vereinbarung von AGB einen sehr strengen Maßstab an. Das kommentarlose Übersenden von AGB wird meist nicht als rechtsgeschäftliche Willenserklärung bewertet. Die Rechtsprechung anerkennt dies nur, wenn bereits eine Geschäftsbeziehung zwischen den Parteien besteht und schon früher zu den AGB des Übersenders abgeschlossen wurde.



Aushang im Geschäftslokal: Der Aushang von AGB in Geschäftslokalen ist nur dann beachtlich, wenn der Vertragsabschluss dort stattfindet. Der Kunde ist auf den Aushang mündlich hinzuweisen oder der schriftliche Vertrag muss einen Hinweis auf die AGB enthalten. Der bloße Aushang allein reicht nicht aus.



Verweis auf AGB im Internet: Die AGB müssen nicht physisch vorliegen; ein Verweis auf eine Internetseite, auf der die AGB abgerufen werden können, ist im Regelfall ausreichend. Ebenso nicht erforderlich ist, dass der Vertragspartner die AGB tatsächlich liest; entscheidend ist, dass dazu die theoretische Möglichkeit besteht.



Vertragsabschluss mit ausländischen Unternehmen: Für Kaufverträge enthält das UN-Kaufrecht spezielle Bestimmungen. AGB werden nur dann Vertragsinhalt, wenn sie im vollen Wortlaut und in der jeweiligen Vertragssprache vorgelegt werden. Weichen sie von der Vertragssprache ab, werden sie nicht Vertragsbestandteil, außer die Parteien vereinbaren das ausdrücklich.

4.2.2. Geltung kraft Gesetzes oder Gebrauchs Neben der vertraglichen Vereinbarung können Allgemeine Geschäftsbedingungen kraft objektiven Rechts Geltung erlangen. Manche AGB werden vom Gesetzgeber in Gesetzesform bzw von Behörden als Verordnung erlassen. Beispiele dafür sind die Beförderungsbedingungen von Post und Bahn. Ein weiterer Geltungsgrund für AGB kann ihr ständiger Gebrauch im Geschäftsverkehr sein. Ein ständiger Gebrauch kann nicht dadurch entstehen, dass ein einziges Unternehmen seine AGB über Jahre hinweg anwendet; der Gebrauch muss sich auf eine gesamte Branche beziehen.

➲ BEISPIEL: Aufgrund konsequenter Anwendung über einen längeren Zeitraum wird die Geltung der allgemeinen österreichischen Spediteurbedingungen, der AGB der Elektrizitätsunternehmen und die Allgemeinen Bedingungen der Versicherungsindustrie kraft ständigen Gebrauchs im Geschäftsverkehr anerkannt.

4.2.3. Zeitpunkt der Vereinbarung AGB gelten nur dann als wirksam vereinbart, wenn sie spätestens bei Abschluss des Vertrags vorliegen. Es reicht nicht aus, wenn der Geschäftspartner nach VertragsRenner/Lunzer, Vertragsrecht kompakt, LexisNexis

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Anhang ABSICHTSERKLÄRUNG zwischen Verkäufer GmbH Handelskai 125 1200 Wien - nachstehend auch „Verkäufer“ genannt einerseits und Käufer GmbH Ottakringer Straße 123 1160 Wien - nachstehend auch „Käufer“ genannt andererseits: 1.

BEABSICHTIGTE TRANSAKTION

1.1. Target GmbH mit dem Sitz in Wien, FN 12345 a (nachstehend auch „Gesellschaft“) ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit einem zur Gänze eingezahlten Stammkapital im Nennwert von EUR 100.000,00. Der Verkäufer ist Eigentümer des gesamten Stammkapitals der Gesellschaft. 1.2. Der Käufer beabsichtigt, das gesamte Stammkapital der Gesellschaft zu kaufen und zu übernehmen. Kauf und Übernahme sind in einem gesonderten Anteilskauf- und Abtretungsvertrag zu regeln, welcher zwischen den Parteien noch zu verhandeln ist (nachstehend „Kaufvertrag“). 1.3. Ausgangsbasis für die Bewertung ist ein Bewertungsgutachten der ABC Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft mbH vom 31. März 2012, welches einen Unternehmenswert von EUR 10 Mio ergibt. Die Vertragsparteien nehmen diesen Betrag als Ausgangspunkt für ihre Verhandlungen, wobei klargestellt wird, dass dieser Betrag keine Präjudizwirkung für eine endgültige Einigung hat. 1.4. Der Zweck dieser Absichtserklärung ist es, Rahmenbedingungen für nach Treu und Glauben zu führende Verhandlungen festzulegen, und die wesentlichen Parameter der beabsichtigen Transaktion zusammenzufassen. 1.5. Diese Absichtserklärung ist mit Ausnahme der Artikel 2 bis 7 unverbindlich. Sie ist weder ein annahmefähiges Angebot, noch eine Verpflichtung zum Abschluss eines Kaufvertrags oder einem sonstigen Leistungsaustausch. Eine diesbezügliche Auslegung wird hiermit ausgeschlossen. Mit Ausnahme von Ansprüchen aus den verbindlichen Bestimmungen (Artikel 2-7) kann keine Partei kann aus Renner/Lunzer, Vertragsrecht kompakt, LexisNexis

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