Globale Migrationsbewegungen und ihre Auswirkungen auf Deutschland Prof. Dr. Andreas Pott Geograph und Direktor des Instituts für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien (IMIS) Herbsttagung des Bundeskriminalamtes 16.11.2016
Wandel der gesellschaftlichen Debatte • Migration: Vom Rand ins Zentrum gesellschaftlicher und politischer Debatten • Vom „Nichteinwanderungsland“ zur „postmigrantischen Gesellschaft“? • Von der Defizit- und Problem- zur Potentialorientierung • Von der Ausnahme/Krise zur Normalität? • Polarisierung: Gelassenheit und Affirmation versus Ablehnung
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Kennzeichen der Debatte • Ad hoc-Thematisierung – keine nachhaltige Diskussion über Migration und ihre Folgen • gesprochen wird über Instrumente, keine Formulierung von Zielen • sehr Deutschland-zentriert: Zuwanderung, Integration, „Entdeckung“ von Migration • Wenig migrationsbezogenes Wissen in Politik, Verwaltung, Medien und gesellschaftlichen Organisationen • geschichtsblind • raumvergessen 3
Ziele des Vortrags • Einordnung des Migrationsgeschehens in Deutschland in globale Zusammenhänge und Trends • Migrationsinduzierter Wandel • Aufräumen mit Mythen
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Gliederung 1. Deutschland in Europa in der Welt: Globale Migrationsbewegungen 2. Deutschland als Migrationsgesellschaft 3. Gesellschaftlicher Wandel durch Migration
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1. Teil
GLOBALE MIGRATIONSBEWEGUNGEN
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Deutschland in Europa in der Welt • „Die wollen alle nach Deutschland!“
"Balkanroute 2015 " tagesschau.de; Stand: 08. März 2016
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Entwicklung der Asylantragszahlen, 1990-2016
BAMF 2016
8
Anzahl der (erstmaligen) Asylbewerber in Deutschland und der EU, 2010-2016
EUROSTAT (Stand: 14. November) 2016
9
Anzahl der vom UNHCR verzeichneten Asylerstantragsteller, 2015
UNHCR 2016
10
Flüchtlinge und „people in refugee-like conditions“, Ende 2015
UNHCR 2016
11
Anzahl der vom UNHCR verzeichneten Binnenvertriebenen, 2015
UNHCR 2016
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Push-Pull-Theorie nicht ausreichend • Geographische Nähe • Politische, ökonomische, soziale und ökologische Bedingungen • Multidirektionalität • Finanzielle Ressourcen • Soziale Netzwerke und Kettenmigration
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Internationale Migranten, 1960-2015 Mio.
300
10%
250
8%
200 6% 150 4% 100 2%
50
0
0% 1960
1970
1980
1990
Entwickeltere Länder Castles/Miller 2013; ab 1990 UNDESA 2015
2000
2005
Weniger entwickelte Länder
2010
2015
Internationale Migranten, 1960-2015 Mio.
300
10%
250
8%
200 6% 150
100
2,5%
2,9% 2,2%
2,8%
2,9%
3,2%
3,3%
4%
2,2% 2%
50
0
0% 1960
1970
1980
Entwickeltere Länder Castles/Miller 2013; ab 1990 UNDESA 2015
1990
2000
Weniger entwickelte Länder
2005
2010
2015
Anteil Weltbevölkerung
Zielstaaten internationaler Migranten, 2000 und 2015 Spanien Australien Frankreich Kanada Vereinigte Arabische Emirate
2015 Vereinigtes Königreich
2000
Saudi-Arabien Russische Föderation Deutschland Vereinigte Staaten 0 UNDESA 2015
5
10
15
20
16
25
30
35
40
45
50
Mio.
Herkunftsstaaten internationaler Migranten, 2000 und 2015 Vereinigtes Königreich Syrien Philippinen Ukraine Pakistan
2015 Bangladesch
2000
China Russische Föderation Mexiko Indien 0 UNDESA 2015
2
4
6
8
17
10
12
14
16
18
Mio.
Globale Migrationsbewegungen, 2010-2015
Abel 2016 (Basis: UNDESA 2015)
Migration in und nach Europa, 2015
Gans/Pott 2015
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Migranten in Italien und Spanien, 2013
Gans/Pott 2015
20
2. Teil
DEUTSCHLAND ALS MIGRATIONSGESELLSCHAFT
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Einwanderungsland Deutschland ? • „Deutschland ist kein Einwanderungsland“ − Deutschland ist auch ein Einwanderungsland (Aus-, Ein-, Rück-, Durchwanderungsland) − Deutschland ist ein Migrationsland: permanent verschiedene Formen von Mobilität und Migration
22
Wanderungssaldo zwischen Deutschland und dem Ausland, 1950-2015*
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Pluralisierung der Migration in Deutschland • Formen der Wanderung (temporär, dauerhaft, zirkulär – Wechsel der Formen): – Flüchtlinge – Familienmigration – Bildungsmigration/Studierende – Arbeit – Irreguläre Migration – u.a. 24
3. Teil
WANDEL DURCH MIGRATION
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Migration und gesellschaftlicher Wandel • Demographischer Wandel („älter, weniger, bunter“)
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Zusammensetzung der Bevölkerung in Deutschland, 2015
SVR 2016
27
Wachsende Diversität vor Ort: von multiethnischen zu superdiversen Kommunen
Ausländische Staatsangehörige in Frankfurt am Main, 2008
Destatis (Stichtag 31. Dezember 2008)
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Migration und gesellschaftlicher Wandel • Demographische Revolution: – Sedimentierung der Migrationserfahrung – Pluralisierung der Migrationsformen und Herkünfte – Globalisierung der Migration
• „Super-Diversität“ (Stephen Vertovec) – Mehrheitlich-Minderheiten-Städte (majority minority cities); Beispiele: Rotterdam, Zürich, Sindelfingen …
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Querschnittsphänomen • Migration betrifft – unterschiedlich stark – ganz verschiedene gesellschaftliche Felder, Organisation und Institutionen, z.B. – Krankenhäuser und Arztpraxen – Polizei – Schulen und Universitäten – Arbeitsmarkt – Sport – … 31
„Unwahrscheinlich erfolgreich“
Aydan Özuğuz
Bülent Ucar Esra Küçük
Pathways to Success Germany
Neue soziale Mobilität • soziale Aufstiege (in der zweiten und dritten Generation) • „Unwahrscheinlich erfolgreich“ • Migration = Mehrgenerationenprozess! • Aufstiegskarrieren und gesellschaftliche Kontexte • „Agents of Change“
Statt eines Resümees: Wie weiter? • Deutschland braucht migrationspolitischen Kompass => u.a. Ausbau der Migrationsforschung ! • Bedeutung Deutschlands im globalen Migrationsgeschehen; Migration ist auch in Zukunft zu erwarten • Demographische Revolution und gesellschaftlicher Wandel • „Wir“ als neues, sich permanent wandelndes „Wir“ • Nationales/lokales/ethnisches Containerdenken überwinden
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Vielen Dank! Prof. Dr. Andreas Pott
www.imis.uni-osnabrueck.de
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