SCHRIFTEN DER GESELLSCHAFT W OZIALWISSENSCHAFTEN DES

ABGRENZUNG, BEWERTUNG, INTERNALISIERUNG EXTERNER EFFEKTE DER LANDBEWIRTSCHAFTUNG von ... ''Externalitäten'', die nach einer knappen Definition vorlieg...

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SCHRIFTEN DER GESELLSCHAFT FÜR WIRTSCHAFTS- UND SOZIALWISSENSCHAFTEN DES LANDBAUES E.V.

Schrader, J.-V.: Abgrenzung, Bewertung, Internalisierung externer Effekte der Landbewirtschaftung. In: Hanf, C.-H., Scheper, W.: Neuer Forschungskonzepte und -methoden in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften des Landbaues. Schriften der Gesellschaft für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften des Landbaues e.V., Band 25, Münster-Hiltrup: Landwirtschaftsverlag (1989), S. 101-106.

ABGRENZUNG, BEWERTUNG, INTERNALISIERUNG EXTERNER EFFEKTE DER LANDBEWIRTSCHAFTUNG von J.-V. SCHRADER, Kiel

EINFOHRUNG Nachdem sich die Landwirtschaft über Jahrhunderte scheinbar im Einklang mit ihren Marktpartnem und der natürlichen Umwelt entwickelt hat, zeichnen sich seit einigen Jahren Konflikte ab, die sich offenbar nicht selbsttätig über Marktprozesse lösen. Die Landbewirtschaftung iührt z.B. zu Oberflächen- und Grundwasserverunreinigungen und vernichtet angeblich schützenswerte Biotope, ohne daß diese "Nachteile" für andere Wirtschaftssubjekte in die Kostenkalkulation der Landwirte und damit die Produktpreise eingehen. Andererseits wird unterstellt, daß die Landwirte Dörfer und Landschaft erhalten ohne iür diese Sonderleistungen bezahlt zu werden. Alle diese Beispiele genügen dem ökonomischen Tatbestand von ''Externalitäten'', die nach einer knappen Definition vorliegen, wenn "an activity of one party (a household or a firm) effects the utility or production possibilities of another party without being priced" (Boadway/Wildasin 1984, S. 105). Anhand der genannten Beispiele soll in der gebotenen Kürze untersucht werden, welche Möglichkeiten zur Verbesserung der Ressourcenallokation durch Internalisierung der Nebenwirkungen bestehen.

1 EXTERNE EFFEKTE Externe Effekte lassen sich als Differenz von marginalen privaten und sozialen Kosten- bzw. Nutzenkurven darstellen. Art und Ausmaß der Probleme, die bei der Angleichung von privaten und sozialen KostenINutzen zu überwinden sind, hängen u.a. davon ab, wieviel Agenten betroffen sind, ob es sich um Produzenten und/oder Konsumenten handelt und welche Eigenschaft das betroffene Gut hat. Je größer die Zahl der Agenten desto größer das "free-rider"Problem, um so wahrscheinlicher sind staatliche Interventionen erforderlich. Grundsätzlich sind Externalitäten, also das Ausbleiben von Marktlösungen, darauf zurückzuführen, das Verfügungsrechte (1) nicht existieren, (2) schwer zu definieren oder (3) schwer durchzusetzen sind. Handelt es sich um private Güter und wenige Beteiligte, dürfte eine Marktlösung durch Festlegung von Verfügungsrechten relativ einfach zu erzielen sein. Sehr viel schwieriger gestaltet sich die Internalisierung, wenn es sich um öffentliche Güter handelt also Nichtrivalität im Konsum vorliegt und das Nichtausschließbarkeitsprinzip gilt, da in diesem Fall vor allem die Ermittlung der Verbraucherpräferenzen Probleme bereitet (Pommerehne 1987).

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NEGATIVE EXTERNE EFFEKTE

Das Vorliegen negativer externer Effekte ist gedanklich eng mit dem (physikalischen) Verursacherprinzip verknüpft und suggeriert, quasi selbsttätig, Handlungsanweisungen für die Internalisierung: Der Verursacher ist zu bestrafen. Handelt es sich um Produzenten, müssen die "zu niedrigen" privaten Kosten, z.B. durch eine Steuer, auf das Niveau der sozialen Grenzkosten angehoben werden. Die Einsicht, daß es bei ökonomischer Betrachtung um die überwindung von Knappheiten und nicht um die Klärung der Schuldfrage geht, haben wir vor allem Coase zu verdanken. Er hat gezeigt, daß allokativ effiziente Lösungen (Pareto-Op-

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timalität) bei Festlegung handelbarer Verfügungsrechte, unabhängig davon möglich sind, welcher Seite (Verursacher oder Nutznießer) die Verfügungsrechte zugesprochen werden 1 2.1

Grundwasserverschmutzung

überträgt man diesen Gedanken auf das Problem der Nitratanreicherung im Grundwasser, wie es Bonus (1986) getan hat, folgt daraus, daß nicht nur die Landwirte als physikalische Verursacher sondern auch die Wasserverbraucher mit der Knappheit konfrontiert werden müssen. Unter der Voraussetzung, daß vermehrter Wasserverbrauch die Knappheit vergrößert2 , ergibt sich theoretisch unter plausiblen Modellannahmen eine effiziente Lösung des Allokationsproblems (Linde, 1988, S. 71). Da eine private Verhandlungslösung u.a. wegen der großen Zahl der Marktteilnehmer aber auch wegen nicht eindeutig festgelegter Verfügungsrechte kaum möglich erscheint, bietet sich die Approximierung einer Marktlösung durch die staatliche Einführung und Festlegung eines Wasserpfennigs - zumindest auf den ersten Blick - als ein sachgerechter Ausweg an (Linde, 1988, S. 72). Abstrahiert man zunächst von verzerrten Agrarpreisen und gesteht die Verfligungsrechte den Landwirten zu, so könnte der Staat durch die "richtige" Festlegung eines Wasserzinses, der auf die Bereitstellungskosten aufgeschlagen wird und eine "ausreichende" Begrenzung des Düngemitteleinsatzes in Wasserschutzgebieten, verbunden mit flächenbezogenen Ausgleichszahlungen an Landwirte, zu einer effizienten Allokationslösung beitragen. Diese Lösung entspricht im Prinzip jener in Baden-Württemberg. Lägen die Verfügungsrechte bei den Wasserverbrauchern (Wasserwerke), müßten die Landwirte einen Verschmutzungszins zahlen, auch dann würden beide Seiten mit der Knappheit konfrontiert und es könnte prinzipiell zu einer effizienten Lösung kommen. Nähert man sich nun schrittweise der Realität, so rucken eine Reihe von Hindernissen in das Blickfeld. So ist nicht quantifizierbar, welche Werte die input-Beschränkungen flir die Landwirte und der Wasserzins für die Verbraucher konkret annehmen müssen, da die Marginalbedingungen nur qualitativ bekannt sind. Weiterhin führen quantitative Normen wie in diesem Fall die Einhaltung des Höchstgehalts an Nitrat im Trinkwasser oder die Düngebeschränkung zu Ineffizienzen. Kann man eine Trinkwassernorm - gegenüber "freier Konsumentenwahl" - aus technischen wie aus Gründen gesundheitlicher Vorsorge akzeptieren (vermutlich wären die Transaktionskosten höher als der Allokationsverlust), gilt dies nicht für Düngenormen. Einmal wäre ohnehin die ausgewaschene Nitratmenge (und nicht der Düngeraufwand) die geeignete Bezugsgröße flir die Marginalbetrachtung, da sonst wiederum die landwirtschaftliche Bodennutzung prämiert wird und kein Anreiz zur Suche nach der wirtschaftlichen Verwendung bestünde (Blankart 1987, S. 154). Zum anderen führten auch dann einheitliche Entschädigungsbeträge, die am marginalen Schaden orientiert wären, zur Entstehung von Quasi-Renten. Notwendig wäre deshalb zweierlei. 1. Die f1ir die Grundwasserverschmutzung relevanten Nitratmengen müßten vor Ort, d.h. direkt unter den Feldern gemessen werden. Die derzeitige jährliche Auswaschungsmenge würde als Verschmutzungsrecht zugeteilt und innerhalb abgegrenzter Wassereinzugsgebiete handelbar sein. Die Gesamtrechte könnten je nach Notwendigkeit mit oder ohne Entschädigung gekürzt oder ausgeweitet werden. Der Lizenzpreis pendelt sich in der Höhe des Wertgrenzproduktes der marginalen Verschmutzungseinheit ein. 2. Die Wasserwerke würden als Marktpartner gleichgestellt, d.h. sie wären gegenüber den Landwirten kompensationsfähig (Blankart, 1987, S. 153). Wenn sie die Wasserschutzge~ die gewählte Verteilungslösung_Ietztlich doch Einftull auf die Allokation hat oder zu Schwierigkeiten der Implementierung vgl. Boadway 1984, S. 122 f .• Henze 1986, S. 387.

1. Zu ein"" näheren Qualifikation dieses Ergebnisses, so z.B. zu Hinweisen,

2. Diese Annahme erscheint sachgerecht, da bei steigendem Wasserverbrauch und einer gegebenen H5chstnorm fUr den Nitratgehalt des Trinkwassers die Wasserschutzgebiete ausgeweitet werden müssen, um wen!ger belastetes Wasser zum Aufmischen zur Verfügung zu haben. Der Vorwurf an Bonus (Linde, 1988, S. 71, Fullnote 7), da~ AnSpruchskonkurrenz nicht ausreiche, geht zum Teil in die Irre, da hier modellbedingte Abstraktionen deutlieh werden. Eigentlich wird nur das Trinkw!"'!""l""blem behandelt. In d.. Realität wild dieses auch als Brauchwasser ve
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biete ausweiten, würden sie Lizenzen ausgeben. Der Lizenzpreis würde den marginalen Säuberungskosten des Wasserwerkes entsprechen3. Angesichts der Fortschritte in der Düngetechnik und -kontrolle scheint 4ie notwendige MeJ3technik mittelfristig nicht als wirklich begrenzender Faktor. Eine flächendeckende Kontrolle wäre wahrscheinlich zu teuer und dann überflüssig, wenn die Verstöße nachträglich nachweisbar wären und unter ausreichender Strafandrohung stünden. Im übrigen muß gesehen werden, daß sich das Kontrollproblem auch für die gegenwärtige Regelung (Düngebegrenzung) stellt Das so erreichbare privatwirtschaftliche Gleichgewicht bezieht sich nur auf Wassereinzugsgebiete. Läge das Verfügungsrecht bei den Wasserwerken, hätten die Landwirte im Wassereinzugsgebiet Kostennachteile (Standortnachteile) gegenüber außerhalb liegenden Landwirten, da eine überwälzung über die Produktpreise kaum möglich wäre. Dies ist eine unvermeidbare Folge der Neufestlegung von Verfügungsrechten, wobei in diesem Fall wohl eher nur die tatsächliche Rechtslage durchgesetzt würde (Blankart, 1987, S. 151). Wegen der z.T. langen Durchlaufzeiten von Nitrat scheint es aus Vorsorgegründen (Vermeidung "neuer Altlasten" in späteren Jahren) angezeigt, den Nitrateintrag auch in den anderen Gebieten zu reduzieren. Hier wäre der Staat (Steuerzahler), der Marktpartner der Landwirte. Je nach Verfügungsrechten würden die Lizenzen aufgekauft oder kompensationslos gekürzt. Regional unterschiedliche Knappheiten an Grundwasser würden sich in unterschiedlich hohen Lizenzpreisen niederschlagen, deren Ursache sowohl natürliche Standortunterschiede als auch unterschiedliche prinzipielle Ansprüche der Bevölkerung an die Sauberkeit des Grundwassers widerspiegeln (lokale öffentliche Güter). Der Streit um die Grundwasserverschmutzung kann nicht unabhängig von deren Ursachen gesehen werden. Ein entscheidender Grund dürfte die intensive Landbewirtschaftung infolge sehr hoher Agrarpreise sein. Niedrigere Agrarpreise und ein effizienterer Düngereinsatz könnten obige überlegungen u.U. weitgehend überflüssig werden lassen, da die hier diskutierten externen Effekte zumindest erheblich geringere Bedeutung hätten. In engem Zusammenhang hiermit steht die Diskussion darüber, welche Seite die Verfügungsrechte erhalten soll. In der Tat führen überhöhte Agrarpreise zu hohen Bodenrenten (Quasirenten), die sich durch ein Kompensationssystem wie in Baden-Württemberg noch weiter erhöhen (Scheele/Schmitt, 1986, S. 573). Hieraus folgt allerdings noch nicht, das die Verfügungsrechte den Verbrauchern zugesprochen werden sollten, sondern daß Rentenbildung zu vermeiden wäre. Sieht man allerdings handelbare Verschmutzungsrechte als (vorläufig) nicht praktikabel an (sie haben den Charakter eines Vermögenstransfers) und bleibt man bei Kompensationssystemen wie jetzt in Baden-Württemberg, so könnten die resultierenden Verteilungseffekte zwischen Landwirten und Wasserverbrauchern, gemessen an allgemeingültigen Verteilungszielen, gegen Verfügungsrechte für Landwirte sprechen. Die hohen Agrarpreise sind die Ursache des Ubels, stehen bei dieser second-best überlegung aber nicht zur Debatte. Es gibt aber außer vorwiegend politisch zu beurteilenden Verteilungsargumenten, eine Reihe von gewichtigen prinzipiellen Gründen dafür, den Verbrauchern die Verfügungsrechte zuzusprechen (Henze, 1986, S. 298; Linde, 1988, S. 77). Hervorzuheben ist besonders die anderenfalls geförderte "Schutzgeldmentalität", die - im täglichen Verhalten aber auch unter langfristigen Aspekten, so z.B. bei der Einführung oder Erforschung technischer Neuheiten (Produktivitätsentwicklung) - Anreize zu umweltgerechtem Vorgehen, in das Gegenteil verkehrt.

2.2

Einschränkungen von Biotop- und Artenvielfalt

Ein anderes Beispiel für negative externe Effekte der Landbewirtschaftung ist die Abnahme seltener Biotope und - hiermit eng korreliert - der Artenvielfalt. Zwar wirkt die zunehmende 3. Zur Ableitung des GleichgewichlB mit Hilfe von Schaden.Cunktionen und SchadsrofibeseitigungsCunktionen vgl. Siebert, 1988. S.4Sf.

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Bebauung und Zersiedlung der Landwirtschaft in die gleiche Richtung, jedoch wird die Hälfte der Fläche der Bundesrepublik landwirtschaftlich genutzt. Die Bewirtschaftung ist in den vergangenen Jahrzehnten laufend intensiviert worden, so da~ nicht nur keine Fläche gänzlich ungenutzt blieb, sondern vielmehr vonnals extensiv genutzte Grenzflächen (z.B. Feucht- und Magerwiesen) durch Melioration oder Bewässerung sowie durch zunehmenden Einsatz von Chemikalien heute gleichfalls intensiv bewirtschaftet werden. Im Vergleich zur Grundwasserverschmutzung sind hier die Geschädigten schwer festzustellen, da der Erhalt einer möglichst gro~n Artenzahl unter den Lebewesen den Charakter eines öffentlichen Gutes hart. Ohne auf Begründungen des ArtenschutzeslNaturschutzes näher einzugehen (Hampicke, 1987, S. 158 f.), bereitet die Ermittlung der Zahlungsbereitschaft, als Voraussetzung für die Quantifizierung des externen Effektes gro~e Probleme und soll hier nicht näher erörtert werden. Wäre der Zuwachs an Zielverwirklichung bezüglich des Artenschutzes unabhängig davon, in welcher Form sich die Rückführung der Intensität vollzieht, würde jene Form gewählt, die den geringsten Produktionsverzicht mit sich bringt. Das adäquate Instrument wäre eine schrittweise Senkung der AgrarprotektionS. Damit würde unterstellt, da~ die resultierende allgemeine Abnahme der Bewirtschaftungsintensität und die Freisetzung von Flächen an Grenzstandorten, je DM Produktionsverzicht den grö~tmöglichen Grenznutzen erbringt. Die generelle Abnahme der Bewirtschaftungsintensität und eine vollständige Nichtbewirtschaltung von Flächen sind demnach keine Alternative, wie mitunter unterstellt wird (Hampicke, 1987, S. 175). Trotzdem wäre eine effiziente Angleichung von marginalem Produktionsverzicht und marginalem Nutzenzuwachs eher ein Zufall. Nähert man sich dem Problem von der anderen Seite und unterstellt, da~ der wertmä~ige Produktionsverzicht vorgegeben ist und den Naturschutzbehörden als Haushaltsvolumen zur Verfügung steht, so könnten diese die Mittel für jene Maßnahmen einsetzen, die den grö~ten Zielbeitrag leisten. Sei dies ein Ackerrandstreifenprogramm, Grünbrache, oder die Prämierung bestimmter Bewirtschaftungsformen bis hin zur dauerhaften Nichtbewirtschaftung. Das generelle Problem liegt darin, eine Behörde zum effizienten Mitteleinsatz zu bewegen. Voraussetzung wären u.a. Vorstellungen darüber, welche Biotope/Arten auf welcher föderativen Ebene als knapp (gefährdet) anzusehen wären. Bei der Erstellung einer entsprechenden Knappheitsrangfolge würden die Mittel mit abnehmendem Rang von den jeweils niederen Gebietskörperschaften aufgebracht und verwaltet. Damit sollte es möglich sein, Biotope - bei gleichem Nutzen - dort zu erhalten oder anzulegen, wo es am billigsten ist. Hilfreich könnten Ausschreibungsverfahren für wohldefinierte Biotope sein. Kommt man zu den Ursachen der externen Effekte oder - einer hier äquivalenten Problembeschreibung - zur Unterversorgung mit öffentlichen Gütern zurück, so tauchen prinzipiell die gleichen Fragen wie bei der Grundwasserverschmutzung auf. 1. Wer soll die Verfügungsrechte über knappe Biotope haben? Die Landwirte oder die Bürger (Steuerzahler)? 2.

Mu~ die Ableitung einer ökonomisch effizienten Lösung von den bestehenden Tatsachen, d.h. einer hohen Protektion des Agrarsektors ausgehen, die als wichtige Ursache der beschriebenen KnappheiteI! anzusehen ist?

Präzisiert man die erste Frage, so geht es darum, ob alle Bewirtschaftungsauflagen z.B. einschlie~lich Vorschriften über den Erhalt von Feldgehölzen, Tümpeln oder Ackerrandstreifen voll zu entschädigen sind oder ob, in Anpassung an geänderte gesellschaftspolitische Wertvorstellungen - ausgenommen die faktische Enteignung - alle Auflagen von den Landwirten 4. Das schlie~t nicht aus, das Arten- und Biotopschutz, der z.B. durch Landschaftsveriinderungen zu einem böheren FreizeilWert flir Individuen fuhrt. flir den ein Preis eingefordert werden kann, also auch Privat-Out-Charakter haL Darauf wird im folgenden Kapitel zurückgekommen.

S. Die hohen Agrarpreise sind nur ein Teil der produktioßBSteigernden Subventionen. ZuriickgefUhrt werden mU~ten in diesem Sinne die "Subventionsäquivalente", 80 dall bei gegebenem Abbau dea Niveaus, im Hinblick auf die Zielverwirklichung, bostimmte Formen, wie z.B. MitteIlUr die FlurbereinigunS oder Meliorationsmsl\nahmen, auch unter Einhaltung das "ökonomischen Prinzips". zeitlich bevorzugt abgebaut werden mUllten.

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entschädigungslos zu akzeptieren sind. Läßt man die Rechte - und vor allem der grundgesetzlich gesicherte Schutz des Eigentums spricht dafür - im wesentlichen wie diese heute praktiziert werden, so wären die Landwirte für Auflagen weitgehend zu entschädigen. Für eine strikte second-best-Lösung würden die heutigen Preise zur Bewertung herangezogen. Dies scheint jedoch noch weniger akzeptabel als im Fall des Grundwassers, da hier nicht Wasserverbraucher und Landwirte Konkurrenten um knappe Güter sind, sondern Steuerzahler (Parlamente, Regierung) und Landwirte. Die gleichen Parlamente (Regierungen), die heute durch ihre Entscheidung für hohe Agrarpreise schwerwiegende Allokationsverzerrungen verursachen und Bodeneigentümern zu hohen Renten verhelfen, können sich nicht auf den Vorwand zurückziehen, daß sie vorgegebene Entscheidungen anderer Institutionen zu respektieren hätten; es sind vielmehr ihre eigenen Vor~aben. Der Zwang zum sparsamen Umgang mit öffentlichen Geldern müßte dazu führen, dajj das Mittelvolumen, das zur Finanzierung von Bewirtschaftungsauflagen verwendet wird, nicht zusätzlich durch hohe Agrarsubventionen aller An aufgebläht wird. Dies wäre verteilungspolitisch nicht zu rechtfertigen und führt zu zusätzlichen allokativen Ineffizienzen.

3 POSITIVE EXTERNE EFFEKTE Seit langem wird von berufständischer Seite gefordert, die Landwirte müßten dafür entschädigt werden, daß sie die Landschaft oder Kulturlandschaft erhalten. In verschiedenen amtlichen Entwürfen, die sich die "Erhaltung der Funktionsfähigkeit des ländlichen Raums" zum Ziel setzen, werden ähnliche Begründungen zu flächenbezogenen Transferzahlungen angeführt. Die folgende Diskussion beschränkt sich auf die Erhaltung der Landschaft oder Bewirtschaftungsstruktur der landwirtschaftlich oder forstwirtschaftlich genutzten Flächen. Weitergehende Zielsetzungen wie z.B. die Konservierung der heutigen Berufsstruktur und damit verbunden, der Zahl der Bauernhöfe in den Dörfern, ist wirtschaftspolitisch kaum zu begründen und bleibt hier ausgeklammert. Nachdem im vorigen Kapitel kaum bestreitbare negative Effekte der Landbewirtschaftung analysiert wurden, dürfte die zeitlich und räumlich gleiche Landbewirtschaftung für die gleichen Menschen - zumindest nicht pauschal - positive externe Effekte verursachen, also Leistungen beinhalten, rlir die Landwirte nicht über den Markt entlohnt werden. Selbst wenn die heutige Bewirtschaftungsstruktur (Kulturlandschaft) den meisten Menschen zusagte, wäre dies kein Grund für Subventionen, da diese Nebenleistungen keine zurechenbaren Kosten verursachen. Nur wenn "Kulturlandschaft" ein knappes Gut und dessen Bereitstellung mit Kosten verbunden wäre, die infolge Marktversagens nicht gedeckt werden könnten, müßte über deren Internalisierung nachgedacht werden. Sinngemäß die gleiche überlegung gilt für hübsche Vorgärten oder Stadtbilder, für die die ländliche Bevölkerung auch keine Subventionen an die Städter zahlt. Anders als im Fall eines öffentlichen Gutes wie z.B. "Erhalt der Artenvielfalt" , scheint eine Annäherung an das Problem der Präferenzennittlung hier einfacher, handelt es sich doch bei Landschaften eher um "Club-Güter", für die weder die Nichtausschließbarkeit noch das Nichtvorhandensein von Konsumrivalität im strengen Sinne zutrifft (Boadway, 1984, S. 59 f.). Die Entscheidung darüber, ob die heutige Landschaft mit der gegebenen Bewirtschaftungsstruktur einer anderen vorzuziehen ist, deren Entstehung angeblich droht, wenn nicht subventioniert wird, sollte man deshalb weitgehend dem Markt und damit der Wahl der Konsumenten überlassen. Anbieter wären lokale Zweckverbände und/oder Gebietskörperschaften in deren Entscheidung über die An der angebotenen Landschaft, außer eigenen Präferenzen, Erwartungen darüber eingehen, ob auswärtige Besucher angezogen werden. Um typische spillover Effekte lokaler öffentlicher Güter zu vermeiden, könnten ortsfremde Besucher an den Kosten beteiligt werden. Hierzu sind nicht unbedingt Wegschranken erforderlich; vielmehr dürfte eine entsprechende Besteuerung der örtlichen Infrastruktur ein gangbarer Weg sein. Da der übergang zwischen öffentlich bereitgestelltem Club-Gut (Landschaft) und privat angebotenen "Club-Gütern" wie z.B. Golfplätzen, Landschaftsparks usw. aber fließend ist, sollte die Erhebung von Eintrittsgeldern, die zur Offenlegung der Präferenzen der Besucher führt (Cornes/Sandler, 1986, S. 24 f.), nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden. Die Bereitstellung lokaler öffentlicher Güter oder von Club-Gütern verursacht Kosten, die im wesentlichen die Nutzungskosten des Bodens und gegebenenfalls Kosten einer gezielten Flächenbewirtschaf105

tung sowie von Investitionen in UnterhaltungsfaszilitJiten umfassen. Die potentiellen privaten oder öffentlichen Anbieter werden mit den derzeitigen Bodeneigentfimem in Verhandlungen über die zu zahlende Nutzungsentschädigung treten. Das Ergebnis der lokalen Verhandlungen wird eine Vielfalt von Landschafts- und Freizeitangeboten sein, die vom Safari-Park über Naturparks bis zu gänzlich unbewirtschafteten Naturlandschaften reicht. In vielen FlIllen mag es auch die gerade heute vorherrschende Bewirtschaftungsstruktur sein. Angebliche positive externe Effekte der heutigen Landbewirtschaftung werden so Marktlösungen zugänglich gemacht, die sehr viel effizientere Allokationslösungen ermöglichen als - meist auch noch· auf zentraler Ebene gefaßte - Mehrheitsentscheidungen über öffentliche Güter. Bei einer derartigen dezentralen Lösung dürfte bezüglich der Landschaft (des Bodens) die Nutzungskonkurrenz zwischen Ansprüchen an den Naturschutz (vgl. Kapitel 2.2) und Freizeitansprüchen kostengtinstiger zu lösen sein als durch zentrale Eingriffe. Häufig werden sich die "Produktionsansprüche", die sich aus Anforderungen des Naturschutzes ableiten, auch mit jenen der Anbieter von Freizeit- und ErholungsaktivitJiten decken. Die bisherige generelle Subventionierung der Landwirtschaft und die daraus resultierenden hohen Nutzungskosten für andere Boden- und Landschaftsnutzung dürfte die Ursache dafür sein, daß bisher vorwiegend kapital- und arbeitsintensive Freizeitangebote in Form der bekannten Freizeitparks erstellt wurden. Eine zusätzliche pauschale Subventionierung der Landwirtschaft rur angeblich erbrachte Leistungen ist nicht zu rechtfertigen. Im Gegenteil: ein Abbau der Agrarprotektion wUrde eine effizientere Nutzung von Natur und Landschaft ermöglichen. 4 SCHLUSSBEMERKUNG Externe Effekte können als spezifische Formen von Marktversagen charakterisiert werden, deren Ursache z.B. in einer unzureichenden Abgrenzung von Verfügungsrechten liegt. Dies ist häufig dann der Fall, wenn neue Knappheiten auftreten. Bevor staatliche Eingriffe zur Überwiridung des Marktversagens empfohlen werden, sollte über dessen Ursachen nachgedacht werden. Die Diskussion von ExtemalitJiten der Landbewirtschaftung hat gezeigt, daß die neuen Knappheiten zu einem erheblichen Teil die Folge von Staatseingriffen sind. Das adäquate Mittel zur Internalisierung der Kosten von Grundwasserverschmutzung oder Biotopvemichtung wäre deshalb zunächst ein Abbau der Agrarprotektion. Verbleibende ExternalitJiten können in der Regel durch dezentrale Eingriffe, die Marlctlösungen erleichtern, internalisiert w~n. Das gilt auch für vermutete landschaftspftegerische Leistungen der Landwirte. Second-best-Lösungen derart, daß die gegebenen Verzerrungen als unveränderlich hingenommen werden, führen in der Regel zu zusätzlichen Allokationsverlusten. B1ankart. Charl"" 151-154.

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