Spiroergometrie Cardiopulmonary exercise - CPX
Dr. A. Galland Klinikum Traunstein
Themen • • • •
Methodik Grundlagen Grenzwerte, Sollwerte Beispiele
Indikationen für CPX • Objektive Leistungsbeurteilung (z.B. Gutachten) • Trainingssteuerung z.B. für Sportler oder Herzkranke • Differenzierung pulmonale – kardiale Belastungsdyspnoe • KHK, systolische vs. diastolische Pumpfunktionsstörung • Präoperative Risikobeurteilung (z.B. vor Lungenresektion) • Indikationsstellung bei Herzklappen-OP, HTX, LTX • Therapiekontrolle, z.B. bei eingeschränkter LV-Funktion, COPD, … • Adipositas – Bestimmung der optimalen Fettverbrennung
Kontraindikationen absolut (Auswahl) • • • • • • •
Akute Myokardischämie Dekompensierte Herzinsuffizienz Akute Myokarditis Unbehandeltes Asthma bronchiale Symptomatische Aortenstenose Fieber …
Kontraindikationen relativ (Auswahl) • • • • •
Myokardinfarkt < 4 Wochen Hämodynamisch relevante Herzklappenvitien Ruhetachykardie > 120/min HOCM Pulmonale Hypertonie, PAMP > 30 mmHg (Druckmonitoring!) • Thrombembolische Zustände • Symptomatische Carotisstenose • …
Abbruchkriterien Auswahl • Vergleichbar mit normaler Ergometrie (z.B. ST-StreckenSenkung, Angina pectoris, …) • Progrediente Dyspnoe bzw. Zyanose • SaO2 <80% (keine Routinemessung) • Progrediente arterielle Hypoxyämie (PaO2 <40mmHg) • …
Untersuchungsaufbau
Welche Belastungsform Laufband Laufen in der Ebene Fahrradergometrie Handkurbelergometrie Arm- und Bein-Ergometrie Schwimmen
erreichte VO2max 100 % 95-98 % sitzend 93-96 % liegend 82-85% 65-70 % 100 % 85 %
Was geschieht bei der körperlichen Belastung? Ruhe
Belastung
Faktor
HMV
6 l/min
20 l/min
3,3
V´O2
250 ml
2500 ml
10
HR
75 /min
180/min
2,4
SV
80 ml
120 ml
1,5
Was geschieht in der Muskelzelle bei der Energiegewinnung? Glycogen (Leber) Plasma Glucose
Glycogen (Muskel)
3 ATP - Moleküle
Muskelproteine Aminosäuren
anaerob
Glucose – 6 - P
Pyruvat
Laktat
Fett Fettsäuren
Acetyl – Co - A
Citratzyklus
37 ATP - Moleküle
aerob
O2
CO2
Laktat entsteht durch einen vermehrten Anfall von Pyruvat bei Zunahme der Glycogenolyse und anaerober Muskelarbeit.
Vorteile - Nachteile Aerob
Vorteil Nachteil
Anaerob
Ausdauerleistung Sofort verfügbar (Stunden – Tage) Beginnt erst nach ca. Keine 40 sec Ausdauerleistung
Anaerobe Schwelle Sauerstoffminutenvolumen (V´O2) oberhalb dessen unter Belastung neben der aeroben die anaerobe ATP – Produktion einsetzt.
Was passiert an der anaeroben Schwelle? Laktaterhöhung im Blut
Muskel / Blut Verminderung des Standardbikarbonats La- + H+ + NaHCO3 → NaLa + H2CO3 Anstieg des V´CO2 durch Pufferung Anstieg des V´E (isokapnische Pufferung)
Anstieg des V´E
Endexspirator. CO2-Konzentration ↓ Endexspirator. O2-Konzentration ↑
H2CO3 → H2O + CO2
Lunge
durch „Hyperventilation“
Ventilation Ziel der Ventilation ist es über einen weiten Bereich der körperlichen Belastung die alveolaren Partialdrucke sowie den Säure – Basen – Status stabil zu halten.
Methodik, Grenzwerte, Sollwerte
Kenngrößen der Spiroergometrie • Gasaustauschwerte • Sauerstoffaufnahme (V´O2max , V´O2peak) • Kohlendioxidabgabe (V´CO2) • Endexspiratorische CO2- und O2- Sättigung (PET O2 und PET CO2)*
• Ventilationswerte • Atemzugvolumen (VT)*, Atemfrequenz (AF), Atemminutenvolumen (V´E), Atemflussstärke*
• Herz-Kreislaufparameter • EKG*, Herzfrequenz, Blutdruck*
* Werden in diesem Workshop nicht behandelt
Kenngrößen der Spiroergometrie • Abgeleitete Größen • Totraumventilation (Vd/Vt)* • Spezifische Ventilation für O2 (V´E / V´O2) bzw. CO2 (V´E / V´CO2) als Maß für die Atemökonomie (EqO2, EqCO2) - Atemäquivalente • Rate Exchange Ratio (RER-Wert = V´CO2/V´O2)* • Anaerobe Schwelle (AT = anaerobic threshold) oder Dauerleistungsgrenze
* Werden in diesem Workshop nicht behandelt
Wassermann et al.
Wassermann et al.
Wichtige Messgrößen der CPX • • • • • • •
V´O2peak RER AaDO2 VD/VT AT HF BR
: Maximale O2 – Aufnahme : Respiratory exchange rate* : Alveoloarterielle O2 – Partialdruckdifferenz* : Totraumanteil am Atemzugvolumen* : Anaerobe Schwelle : Herzfrequenz : Atemreserve
* Werden in diesem Workshop nicht behandelt
Sollwerte und abgeleitete Kenngrößen
Maximale O2-Aufnahme V´O2max
Beispiel ♂ : 37 Jahre, 193cm, 85kg
Wassermann V´O2max = kgKG * (50,7 – 0,37 * Alter (Jahre)) Wassermann : normalgew. ♂: f = 20, ♀: f = 14 V´O2max = (Größe (cm) – Alter (Jahre)) * f
3145 ml/min
3120 ml/min
Schnelle Abschätzung V´O2max = Sollwatt * 10ml + Ruhe V´O2 Breuer (Pneumologie 2004; 58 535-65)
2750 ml/min 250 Watt Soll
2890 ml/min BSA: 2,13 m2
♂: V´O2max = 911,28 * BSA – 18,9 *Alter + 1629,78 ♀: V´O2max = 1513,99 * BSA – 15,99 *Alter - 136,77 BSA : Body surface area
Jones ♂: V´O2max = 4,2 – (0,032 * Alter) ♀: V´O2max = 2,6 – (0,014 * Alter)
3016 ml/min
Atemgrenzwert MVV (maximal voluntary ventilation)
Abgeschätzt nach der Formel
MVV = 40 * FEV1
Beispiel: FEV1 : 4,55 l MVV = 182 Liter
Atemreserve Breathreserve - BR
BR = MVV – V´E Eine BR < 15 l/min bzw. < 30% kann für eine pulmonale Limitierung sprechen. Graubereich 15 – 35%
Beispiel : V´E = 114 l/min BR = 182 – 114 = 68 l/min (37%)
Beispiel
Atemfluss - Beispiel Zu Beginn der Belastung
Gegen Ende der Belastung
Maximalparameter der Ventilation unter Belastung
Männer
Frauen
V´max l/min
97 ± 25
69 ± 22
VTmax l
2,7 ± 0,48
1,92 ±0,48
Afmax min-1
26,1 ± 9,2
36,4 ± 9,4
Bestimmung der anaeroben Schwelle 1. Methode – V-Slope Infolge zunehmender Laktatazidose unter Belastung steigt das V´CO2 in Relation zur V´O2 beim Erreichen der anaeroben Schwelle an. Dadurch entstehen nach der anaeroben Schwelle zwei Kurven mit unterschiedlicher Steigung.
Rühle S. 60
Beispiel
Bestimmung der anaeroben Schwelle 2. Methode – Atemäquivalent Das Atemminutenvolumen (V´E) nimmt durch den CO2 vermittelten Atemantrieb überproportional am Punkt der respiratorischen Kompensation der Laktatazidose zu.
Bestimmung der anaeroben Schwelle 3. Methode – Serumlaktat Das Serumlaktat wird am Ende jeder Belastungsstufe gemessen. Ist der Wert > 4mmol/l, so ist die anaerobe sicher Schwelle überschritten.
Anaerobe Schwelle Die anaerobe Schwelle wird als Absolutwert oder Relativwert (z.B. % von V´O2Soll) angegeben. Eine AT < 40% von V´O2Soll ist sicher pathologisch, eine AT >60% normal. Für untrainierte Männer liegt die AT durchschnittlich bei 1200ml V´O2, ca. 75 Watt. Beispiel : AT bei 1540 ml V´O2, 98 Watt, 47% V´O2 - Soll
Probleme bei der Bestimmung der anaeroben Schwelle - AT • Unregelmäßiges Atemmuster des Patienten (V´E / V´O2 ungünstig) • Patienten mit Lungenerkrankungen zeigen nicht die normale Ventilationsanpassung auf die metabolische Azidose • Zu mildes Belastungsprotokoll, so dass sich die metabolische Azidose nicht schnell genug entwickeln kann
Sauerstoffpuls HRO2 = V´O2 / Hf SV * HR = CO = V´O2 / avDO2 V´O2 ~ SV • Sofern die übrigen Spiroergometrieparameter normal sind, ist ein isolierter niedriger Sauerstoffpuls typisch für einen Trainingsmangel („kleines Schlagvolumen“).
• Entscheidend sind nicht die Absolutwerte. Wichtiger ist die Feststellung ob und in welcher Höhe ein Plateau ausgebildet wird. • Ein nicht weiter ansteigender O2-Puls gibt Hinweise auf eine nicht weiter steigende Schlagkraft V.a. auf systolische oder/und diastolische Funktionsstörung oder/und pulmonale Hypertonie.
Sauerstoffpuls
Faustregel: Hoher Sauerstoffpuls = gute Belastbarkeit
Niedriger Sauerstoffpuls = schlechte Belastbarkeit
O2 / HR
VO2 ~ SV
Beispiel
Atemäquivalent für O2 und CO2 EqO2 = V´E / V´O2 EqCO2 = V´E / V´CO2 Atemarbeit die benötigt wird, um eine bestimmte Menge Sauerstoff aufzunehmen, z. B. 50l Atemluft für 1l O2 = 50 EqO2 Die Atemäquivalente spiegeln die Ökonomie der Atmung wieder. Je größer auf einer gegebenen Belastungsstufe das Atemäquivalent ist, desto geringer ist die Leistungsfähigkeit. Ein pathologisches EqO2 wird als Hinweis für ein Ventilations-Perfusions-Mismatch gesehen.
Atemäquivalent für O2 und CO2 Merke: Atemarbeit erzeugt Dyspnoe, hohe Atemäquivalente bedeuten vermehrte Atemarbeit und damit Dyspnoe.
Normwert an der anaeroben Schwelle 25 – 30 Werte > 40 meist pulmonale Grunderkrankung Beispiel : EqO2 18, EqCO2 29
Beispiel
Kriterien der Ausbelastung • • • • • • • • • • • •
Leistung HF BE Laktat pH RER Atemäquivalent Breathreserve V´O2-Plateau
> 90% v. Soll (Watt) > 210 – Alter < -9mmol/l bei Gesunden < -4-6mmol/l bei kardiopulm. Erkrankungen > 4-6mmol/l - Graubereich > 9mmol/l – sicher ausbelastet < 7,25 > 1,2 > 30 – mindestens notwendig > 35 – sicher ausbelastet =0 ≥ 30s am Ende der Belastung
Wassermann et al.
Beispiel 1 • • • • • • •
Alter: 37 Jahre, ♂ Größe: 193cm Gewicht: 85kg FEV1 4,55l Vorerkrankungen: Keine Medikation: Keine Fragestellung: Leistungsdiagnostik • Abbruch wegen körperlicher Erschöpfung
Einige Messwerte Ruhe Watt
AT
Max
Soll
0
98
221
247
V´E (l/min)
18
28
114
137
BR (%)
90
84
37
28
652
1540
3786
3266
74
102
163
183
V´O2 (ml/min) HR (1/min)
Graphische Auswertung
V´O2, V´CO2, Watt Belastungsende Belastungsbeginn
AT
V´CO2-Slope zur Bestimmung der anaeroben Schwelle
HR/O2 Sauerstoffpuls
Breath-Reserve
Heartrate-Reserve
Beispiel für EKG-Auswertung
Beispiel 2 • • • • • •
♀, 16 Jahre, 168cm, 58kg, BSA 1,68m2 Hypertrophe, nicht obstruktive Kardiomyopathie FEV1 2,8l Fragestellung: CMP, Belastbarkeit Medikation: niedrig dosiert ß-Blocker Abbruch wegen Dyspnoe
Messwerte Ruhe Watt
AT
Max
Soll
0
58
114
144
V´E (l/min)
11
26
59
95
BR (%)
90
77
47
28
307
938
1443
1941
98
157
197
187
V´O2 (ml/min) HR (1/min)
Beispiel 3 • ♀, 45 Jahre, 168cm, 116kg, BSA 2,2m2 • FEV1 1,43l (?)
• Aufnahme wegen kardialer Dekompensation bei dilatativer Kardiomyopathie, Implantation eines biventrikulären Schrittmachers geplant. • Medikation: ACE-Hemmer, Diuretikum, niedrig dosiert ß-Blocker • Abbruch wegen Dyspnoe und körperlicher Erschöpfung.
Einige Messwerte Ruhe Watt
AT
Max
Soll
0
50
125
157
V´E (l/min)
15
28
61
84
BR (%)
74
54
-7
28
407
867
1674
1953
90
95
127
175
V´O2 (ml/min) HR (1/min)
1 Jahr nach biventrikulärer Schrittmacherimplantation • • • •
116kg FEV1 2,3l Medikation unverändert Abbruch wegen körperlicher Erschöpfung
Messwerte im Vergleich Ruhe alt / neu Watt
AT alt / neu
Max alt / neu
Soll alt / neu
0/0
50 / 72
125 / 122
157 / 154
V´E (l/min)
15 / 15
28 / 38
61 / 71
84 / 83
BR (%)
74 / 84
54 / 59
-7 / 24
28 / 28
V´O2 (ml/min) HR (1/min)
407 / 568 90 / 107
867 / 1448 1674 / 2228 1953 / 1953 95 / 133
127 / 156
175 / 174
Vor SM-Implantation
1 Jahr später
Vor SM-Implantation
1 Jahr später
Vor SM-Implantation
1 Jahr später
Vor SM-Implantation
1 Jahr später
Die 6 Entwicklungsstufen des Doktors, der sich der Spiroergometrie widmet
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