VI. Darlehensrecht 1. Begriff und Wesen von Kredit und Zinsen

VI. Darlehensrecht 1. Begriff und Wesen von Kredit und Zinsen Kredit verlangt das Vertrauen in die Fähigkeit des Schuldners, das Erhaltene ordnungsgem...

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VI.

Darlehensrecht

1. Begriff und Wesen von Kredit und Zinsen Kredit verlangt das Vertrauen in die Fähigkeit des Schuldners, das Erhaltene ordnungsgemäß zurückzuzahlen (credere = vertrauen, glauben). Damit ist das Basiskonzept des Kreditgeschäfts seit dem Mittelalter im Kern ausgedrückt. a) Gesetzliche Regelung Das Gesetz regelt den Kredit seit der Schuldrechtsreform in den §§ 488 ff. BGB. Während die alten Regelungen in § 607 ff. BGB nur bruchstückhaft waren, sind die neuen Normen speziell auf das Gelddarlehen zugeschnitten und mit umfangreichem Regelungsgehalt: § 488 Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehennehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuerstatten. (2) Die vereinbarten Zinsen sind, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, nach dem Ablauf je eines Jahres und, wenn das Darlehen vor dem Ablauf eines Jahres zurückzuerstatten ist, bei der Rückerstattung zu entrichten. (3) Ist für die Rückerstattung des Darlehens eine Zeit nicht bestimmt, so hängt die Fälligkeit davon ab, dass der Darlehensgeber oder der Darlehensnehmer kündigt. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate. Sind Zinsen nicht geschuldet, so ist der Darlehensnehmer auch ohne Kündigung zur Rückerstattung berechtigt.

Anders als in § 607 BGB ergeben sich aus § 488 BGB ausdrücklich die Hauptleistungspflichten des Vertrages. Der Darlehensgeber ist zur Hingabe des Kapitals in vereinbarter Höhe verpflichtet. Der Darlehensnehmer muß den geschuldeten Zins zahlen und bei Fälligkeit die Darlehenssumme zurückerstatten.

Eine abschließende Aufzählung enthält aber auch § 488 BGB nicht. Neben der Rückzahlungspflicht ist der Kreditnehmer zur Zahlung von Zinsen, Kosten und Gebühren verpflichtet. b) Zins Der Kreditgeber verzichtet für eine bestimmte Zeit auf die Nutzung des (Geld)kapitals. Dafür erhält er zum Ausgleich ein Nutzungsentgelt, die Zinsen. Zins ist die nach Laufzeit bemessene, gewinn- und umsatzunabhängige Gegenleistung des Kunden für die zeitweilige überlassung des Darlehenskapitals durch die Bank. Zinsen sind abzugrenzen von den „Einmalkosten“. Kreditgebühren und Disagio sind als laufzeitabhängiger Ausgleich für einen niedrigen Nominalzins zu den Zinsen zu rechnen. Dagegen sind Bearbeitungsprovision oder Vermittlungsprovision als laufzeitunabhängige Kosten keine Zinsen, sondern „Einmalkosten“. Ungeachtet dessen fließen sie bei der Berechnung des sg. „effektiven Jahreszinses“ mit ein, um eine Vergleichsbasis etwa für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit zu haben. Als Zinsvereinbarungen können Festzins und variabler Zins unterschieden werden. Der variable Zins kann an einen Referenzzinssatz (Euribor, Eurolibor) gekoppelt sein oder durch eine Zinsänderungsklausel „bis auf weiteres“ vereinbart werden. Letzteres ist etwa beim Überziehungskredit der Fall. Der Zins ist in diesem Fall nach billigem Ermessen der Bank. Die Ausübung des Ermessens kann gerichtlich überprüft werden. c) Beendigung Als Dauerschuldverhältnis endet das Darlehens- oder Kreditverhältnis, soweit keine feste Laufzeit vereinbart wurde, durch Kündigung. Dabei ist die gesetzliche Kündigungsregelung ohne praktische Bedeutung. Sie wird ersetzt durch individuelle Vereinbarungen zwischen den Vertragsparteien oder durch Nr. 18 Absatz 1 , 19 Absatz 2 AGB Banken. Nach Nr. 18 AGB Banken können die Kredite ohne feste Laufzeit jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Allerdings ist die Bank dazu verpflichtet, dem Kunden gem. Nr. 19 Absatz 5

eine angemessene Frist einzuräumen. Gründe für eine außerordentliche Kündigung eines Kredites mit fester Laufzeit bestehen gemäß Nr. 19 Absatz 3 AGB Banken insbesondere bei unrichtigen Angaben über die Vermögenslage, bei wesentlichen Verschlechterungen oder Gefährdungen des Vermögens oder der Nichterfüllung der Sicherheitenverstärkungsverpflichtung nach Aufforderung durch die Bank. Dem Kunden stehen neben den üblichen Kündigungsgründen gemäß § 489 BGB nicht abdingbare besondere Kündigungsgründe zur Verfügung: - Kündigung mit Frist von einem Monat seit dem Tag, mit dem eine Zinsbindung endet, wenn diese kürzer als die Darlehenslaufzeit ist - mit Frist von drei Monaten ab Ablauf von sechs Monaten seit vollständigem Empfang eines Verbraucherkredites , w enn keine grundpfandrechtliche Sicherung besteht; - mit Frist von sechs Monaten seit Ablauf von zehn Jahren (=maximale Kündigungsfrist) seit vollständigem Kreditempfang - jederzeit mit Frist von drei Monaten bei Krediten mit variablem Zinssatz. Daneben bestehen besondere Kündigungsvorgaben für Verbraucherkredite, die in Teilzahlungen zu tilgen sind („Teilzahlungskredite“). 2. Kreditarten Kredite können prinzipiell nach Kreditnehmern, Fristigkeiten, Sicherungsobjekten, geplantem Mitteleinsatz, Bereitstellungsart etc. unterschieden werden (vgl. Anlage). Die meisten dieser Kredittypen sind selbsterklärend. Im Folgenden sollen deshalb nur einige in der Praxis wichtige Besonderheiten behandelt werden. a) Verbraucherdarlehensvertrag

Mit der Schuldrechtsreform wurde das ehemalige Verbraucherkreditgesetz (VKG) in das BGB integriert, und zwar in Form der §§ 491-505 BGB. Die Regelung gilt für Kreditverträge und Kreditvermittlungsverträge. Es dient dem Schutz der weniger Geschäftserfahrenen, indem es über Formerfordernisse sowie die Verpflichtung zur detaillierten Preisangabe die Gefahren und Belastungen des Kreditgeschäftes verdeutlicht. Verbraucherdarlehen sind Kredite, die an natürliche Personen gewährt oder versprochen werden, die nicht für deren bereits ausgeübte gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit bestimmt sind. Das BGB schreibt für Verbraucherkredite neben der Schriftform bestimmte Mindestinhalte vor. Unter anderem sind der Nettokreditbetrag, effektiver Jahreszins, zu bestellende Sicherheiten sowie gegebenenfalls verbundene Kosten genau zu beziffern. Wird die Schriftform nicht eingehalten oder fehlen geforderte Angaben, so ist der Vertrag grundsätzlich nichtig. Wurde der Kredit allerdings ausgezahlt, ist das Geschäft wirksam. Es kann jedoch seitens des Darlehensgebers für den Fall fehlender Zins- oder Effektivzinsangabe nur der gesetzliche Zinssatz von 4 % eingefordert werden. Nicht angegebene Kosten können nicht gefordert werden. Damit ist die Nichtbeachtung des Gesetzes erheblich sanktioniert. b) Einwendungsdurchgriff, §§ 358, 359 BGB Besondere Regelungen gelten für verbundene Verträge. Der Gesetzgeber erfaßt die Fälle, in denen z.B. ein Kredit mit einem Kauf-, Werk- oder Dienstvertrag eine wirtschaftliche Einheit bildet, mit verschiedenen Sonderregelungen, um der besonderen Struktur Rechnung zu tragen. Eine solche Konstellation liegt insbesondere dann vor, wenn die Bank sich bei der Vorbereitung oder dem Abschluß des Kreditvertrages der Mitwirkung eines Verkäufers, Werkunternehmers oder Dienstleistungsbetreibers bedient; § 358 Abs. 3 BGB, oder Darlehensvergabe und Verbundgeschäft von Ablauf und Gestaltung her sehr eng verzahnt sind.

Liegt ein verbundenes Geschäft vor, soll der Verbraucher durch die rechtliche Aufspaltung des wirtschaftlich einheitlichen Geschäftes nicht schlechter gestellt werden als ohne diese Aufspaltung bei einem direkten Abzahlungsgeschäft mit dem Verkäufer etc. Dies wird dadurch erreicht, daß dem Verbraucher gegen den Kreditgeber alle Einwendungen und Einreden zustehen, die er gegen das Verbundgeschäft erheben kann. Insbesondere kann er Anfechtung, Wandlung, Minderung etc. geltend machen.

Einführung in die Kreditsicherheiten a) Bestellung und Verstärkung § 18 KWG bestimmt, daß Bankkredite zu besichern sind, falls die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditnehmers eine Blankokreditgewährung nicht zulassen. Dementsprechend hat die Bank dem Kunden gegenüber jederzeit Anspruch auf Bestellung oder Verstärkung von Sicherheiten, wenn nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart wurde; Nr. 13 Absätze 1 und 2 AGB Banken. Der Anspruch besteht insbesondere dann, wenn die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kunden sich verschlechtert haben oder die Werthaltigkeit der Sicherheiten sich verschlechtert hat oder zu verschlechtern droht. Begrenzt w ird der S icherheitenverstärkungsanspruch der Bank durch die Übersicherungsgrenze, d.h. eine Vollbesicherung von Darlehensforderung und Zinskosten (ca. 110 %) schließt eine weitere Sicherheitenverstärkung aus. Überschreitet die Besicherung die besicherte Forderung nicht nur vorübergehend um mehr als 120 %, so ist die Bank zur Freigabe verpflichtet. Damit soll die Freiheit des Kreditnehmers geschützt werden, die freigegebebenen Teile für neue Kredite zu nutzen. b) Sicherungsvertrag und Sicherungszweckvereinbarung Grundlage für die Bestellung der Sicherheiten ist der Sicherungsvertrag, der je nach behandelter Sicherheit

unterschiedlich ausgestaltet ist. Wichtigster Gegens tand des S icherungs vertrages is t die Sicherungszweckvereinbarung. Diese wird in der Regel so ausformuliert, daß die Sicherheit zur Sicherung aller gegenwärtig bestehenden und künftigen Ansprüche der Bank gegen den Kreditnehmer und/oder Sicherungsgeber aus der Geschäftsverbindung dient („weite Zweckvereinbarung“). In vielen Fällen, insbesondere bei fehlender Identität zwischen Kreditnehmer und Sicherheitengeber, sind diese Zweckerkärungen allerdings als sg. „überraschende Klauseln“ nach § 305 c BGB unzulässig und deshalb unwirksam. Das gilt insbesondere dann, w enn die S icherheit aufgrund eines wirtschaftlichen Interesses des Sicherungsgebers nur für eine bestimmte Kreditaufnahme bestimmt war. In diesen Fällen ist entweder eine „enge“, d.h. auf den speziellen Zweck beschränkte, Sicherungszweckerklärung einzuholen oder aber der Sicherungsgeber ausdrücklich und offensichtlich auf den weiten Sicherungszweck hinzuweisen. c) Insolvenz des Sicherungsgebers Im Fall der Insolvenz des Sicherungsgebers kommt es für die Werthaltigkeit der Sicherheiten darauf an, ob eine Sachsicherheit oder eine Personalsicherheit vorliegt. Personalsicherheiten (z.B. Bürgschaft, Garantie) stellen im Insolvenzverfahren Quotenforderungen dar, d.h. der Anspruchsberechtigte erhält lediglich die Konkursquote. Sachsicherheiten sind dagegen konkursfest. Der Berechtigte kann sich aus den Sachsicherheiten bevorrechtigt befriedigen bzw. die Sicherheiten herausverlangen, falls sie sich im Besitz des Insolvenzverwalters befinden. Allerdings ist für die Aussonderung der Sachsicherheiten aus der Masse eine Gebühr von insgesamt 15 % des Sicherheitenwertes an die Insolvenzmasse zu zahlen. Diese mit der neuen Insolvenzordnung (InsO) eingeführte Beteiligung der besicherten Gläubiger an den Kosten des Insolvenzverfahrens entsprach schon seit längerer Zeit der Praxis.

Fälle:

1. S kauft Optionen auf Aktien der Intel AG zu EUR 50 pro Stück. Er geht davon aus, daß die Aktie steigen wird. Dies ist auch so. Allerdings sinkt aufgrund von Marktverwerfungen der Kurs der Optionen zunächst. Die Bank fordert S zur Sicherheitenverstärkung auf. S hat nichts mehr. Daraufhin kündigt die Bank den Kredit und verwertet die Optionen durch Verkauf. Kurze Zeit später zieht der Kurs der Optionen entsprechend den Vorgaben der Aktienkursentwicklung an. Bestehen Schadensersatzansprüche des S?

2. Die S ist Arbeiterin in einer Fischfabrik mit einem monatlichen Einkommen von EUR 720. Sie bürgt für die Verbindlichkeiten aus den Geschäften ihres Vaters. Die Bürgschaft ist mit einem weiten Sicherungszweck unterlegt. Im Zeitpunkt der Bürgschaftsabgabe hat der Vater einen Ausstatterbetrieb für Seemannswaren mit einem Kreditrahmen von insgesamt EUR 40.000,--. Später weitet der Vater den Geschäftsbetrieb aus, er beginnt zusätzlich mit Bau und Charter von mittelgroßen Seeschiffen. Nach kurzer Zeit haben sich Verbindlichkeiten in Höhe von EUR 1.400.000,-angesammelt. Da die Geschäfte keine Erträge bringen, stellt die Bank fällig und nimmt die S aus der Bürgschaft in Anspruch. Muß die S zahlen?