Innovationsmanagement und seine Bedeutung für die Zukunft

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Innovationsmanagement und seine Bedeutung für die Zukunft In einem dynamischen wirtschaftlichen Umfeld ist die Notwendigkeit von Innovationen unbestritten. Trotzdem haben die meisten Unternehmen, besonders Klein- und Mittelbetriebe sowie Neugründungen, aber auch Organisationen Schwierigkeiten, ein effektives und effizientes Innovationsmanagement im eigenen Bereich sicherzustellen. Gerade hier bietet unterstützendes Innovationsmanagement Hilfe und Beratung. Es sorgt für ein umfassendes Prozessverständnis, welches die einzelnen Phasen des Innovationsprozesses mit dem Unternehmen (der Organisation) abklärt und umfassende Informationen und Erklärungen über darin enthaltene Methoden, Möglichkeiten und Schwierigkeiten vermittelt. Es hilft bei der systematischen Prozessdurchführung, begleitet das Unternehmen durch die Phasen des Innovationsprozesses, unterstützt bei der Entwicklung eines innovationsfreundlichen Unternehmens auf den unterschiedlichen Ebenen und sorgt für eine nachhaltige Erfahrungssicherung. von MMag. Dr. Harald Stelzer

Unternehmen und Organisationen sind durch die ständige Beschleunigung der Veränderungen in der Gesellschaft und auf den Märkten, in denen sich die „Halbwertszeit“ von Infor mationen, Wissen, Produkten, Dienstleistungen laufend verkürzt, einem steigenden Druck zur Innovation ausgesetzt. Der Begriff der Innovation lässt sich dabei sowohl objektiv als auch subjektiv verstehen. Objektive Innovationen zeigen sich in neuen Technologien (z.B. Gentechnik) und Produktfunktionen (z.B. Walkman). Subjektive Innovationen liegen immer dann vor, wenn ein Produkt oder Prozess aus Sicht des jeweiligen Unternehmens neu ist. Grob lassen sich Produktinnovationen, als die Entwicklung neuer materielle und immaterieller Wirtschaftsgüter, die auf die die Befriedigung konkreter Kundenbedürfnisse abzielen, und Prozess- bzw. Verfahrensinnovationen, als Veränderungen bzw. Neugestaltung der im Unternehmen für die Leistungserbringung erforderlichen Prozesse, unterscheiden.1 Auch nach dem Neuigkeitsgrad können Innovationen untergliedert werden, wobei sich radikale Basisinnovationen und inkrementale Verbesserungsinnovationen als Extrempunkte eines bereiten Spektrums von Innovationsmöglichkeiten unterscheiden lassen. Der Auslöser von Innovationsideen kann sowohl von Kunden- und Anwenderseite (demand pull) stammen oder auch durch naturwissenschaftliche oder technische Erkenntnisse und Ressourcen (technology push) angeregt werden.

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Die Wichtigkeit des Innovationsmanagements Von den vorhandnen und sich ständig neu bildenden innovativen Ideen werden nur wenige umgesetzt. So sind etwa Untersuchungen aus dem Industriebereich zum Ergebnis gekommen, dass im Durchschnitt von 100 Innovationsideen nur vier am Markt eingeführt werden und etwa nur die Hälfte davon mit Erfolg. D.h. die Erfolgsquote bezogen auf die ursprüngliche Ideenanzahl liegt im Durchschnitt bei etwa zwei Prozent. Dies erhöhen die Wirtschaftlichkeitsanforderungen an Innovationsvorhaben, denn eine erfolgreiche Innovationsumsetzung muss die Kosten für die fehlgeschlagen Versuche mit abdecken. Es ist zwar wesentlich, eine Vielzahl von Ideen zu produzieren, da sich bei einer konstanten Trefferrate durch mehr Ideen die statistische Wahrscheinlichkeit erhöht, dass sich darunter ein wirklich großer Markterfolg befindet. Gleichzeitig ist es jedoch extrem wichtig, einerseits unwirtschaftliche und unrealistische Ideen so früh als möglich aus dem Innovationsprozess auszuscheiden, da hierdurch viel an Kosten im Bereich von Forschung und Entwicklung eingespart werden kann. Andererseits müssen Maßnahmen getroffen werden, um die Trefferrate zu steigern, wie etwa die Verbesserung der Ideenqualität, die in den Innovationsprozess hinein fließen, die optimale Ausrichtung der Innovationsideen auf die Unternehmensziele, die Vermeidung von Fehlern

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bei der Ideenrealisierung sowie die effektive Handhabung von Innovationswiderständen. Zudem ist der Erfolg von Innovationen heute entscheidend eine Frage der Zeit. Durch die ständige Verkürzung der Produktlebenszyklen ist es notwendig, dass Produkte nicht nur qualitativ gut und preiswert auf den Markt gebracht werden, sondern auch zu einem frühest möglichen Zeitpunkt verfügbar sind. Ansonsten kommen sie erst gar nicht mehr ‚zum Zug’, da dann bereits Produkte der nächsten Innovationsstufe mit noch besserem Preis-Leistungs-Verhältnis angekündigt werden.2 Auch die Zeitspanne für die Amortisation der Entwicklungskosten und die Erwirtschaftung eines Gewinns wird durch kürzere Produktlebenszyklen und längere Produktentstehungszeiten in gefährlicher Weise reduziert. Die Risiken und Kosten sowie der hohe Zeitdruck machen deutlich, dass es für die Erhöhung des Innovationserfolgs von Unternehmen nicht nur guter Ideen und deren Umsetzung bedarf, sondern eines gezielten Innovationsmanagements, im Sinne eines systematischen Planung- und Steuerungsprozesses, der alle Aktivitäten zur Entwicklung und Einführung der für das Unternehmen neuen Produkte und Verfahren umfasst. Das Innovationsmanagement enthält bereichsübergreifende, gesamtunternehmerische Aufgaben und umfasst einen Komplex strategischer und operativer Aufgaben zur Planung, Organisation und Kontrolle von Innovationsprozessen sowie die Schaffung der dazu erforderlichen internen bzw. externen Rahmenbedingungen.

Der Innovationsprozess Grundlage des Innovationsmanagements ist das strategische Management, dessen Hauptausrichtung der Aufbau und die Pflege strategischer Erfolgspotentiale bilden. Darunter ist die Fähigkeit zu verstehen, die es einem Unternehmen erlaubt, im Vergleich zur Konkurrenz längerfristige überdurchschnittliche Erträge zu erzielen. 3 Die Verbindung zur strategischen Ausrichtung des Unternehmens ist deshalb unerlässlich, weil Innovationen über einen längeren Zeitraum die Umsatz- und Gewinnentwicklung beeinflussen sowie erhebliche finanzielle, personelle und materielle Ressourcen binden. Zugleich bilden Strategien ein unentbehrliches Bindeglied zwischen den zukunftsorientierten Zielen eines Unternehmens und den vielfältigen operativen Aufgaben und Aktivitäten in den einzelnen Unternehmensbereichen. Dabei umfasst das strategische Management mehrere Stufen und Aspekte. Ausgangspunkt ist eine umfassende Ist-Standsanalyse, welche sowohl die externen Möglichkeiten und Hindernisse in Betracht zieht (Umfeldanalyse), als auch die internen Stärken und Schwächen (Unternehmensanalyse) analysiert. Auf Basis der Ergebnisse der unterschiedlichen hier zum Einsatz

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kommenden Analyseverfahren (u.a. Produktmerkmalsprofile, Kostenstrukturanalyse, Portfolioanalyse) und unter Einbeziehung der Motive und Erwartungen der Entscheidungsträger lassen sich die generellen Unternehmensziele formulieren. Darauf aufbauend können die strategischen Ziele konkretisiert werden, wie die Bestimmung der Tätigkeitsfelder des Unternehmens und der dort angestrebten Erfolgspotentiale, die Definition der zur Geschäftstätigkeit erforderlichen Ressourcen, sowie die Festlegung längerfristigen Verhaltensgrundsätze und Richtlinien. Weiters ist eine Auswahl zwischen den strategischen Alternativen, was Innovationsausrichtung, Wettbewerbsstrategien, Markteintrittstrategien und die unterschiedlichen Möglichkeiten des Know-howErwerbs betrifft, durchzuführen. Die eigentliche Innovationsplanung beginnt auf Grundlage der strategischen Ausrichtung mit der Festlegung der Innovationssuchfelder, welche den Rahmen, innerhalb dessen nach Innovationsideen gesucht wird, bilden. Die Problemanalyse ermöglicht ein Verständnis für Veränderungen im Bereich der technischen Entwicklungen, der Kundenforderungen bzw. -probleme oder des gesellschaftlichen Wandels. Während der Innovationsideenfindung werden durch interne und externe Ideensammlung und -produktion unter dem Einsatz unterschiedlicher Erhebungs-, Analyse- und Kreativitätstechniken zahlreiche Ideen hervorgebraucht, die nach einer ersten Vorauswahl zu Innovationsvorschlägen ausgearbeitet werden. Bei der Ideenbewertung und -auswahl werden in einem mehrstufigen Prozess Entscheidungen getroffen, welche Ideen eine umfassende Weiterentwicklung erfahren sollen. Darauf aufbauend folgen Konzeptentwicklung und Wirtschaftlichkeitsbeurteilung der ausgewählten Ideen, was häufig auch eine Businessplanerstellung beinhaltet. Aus den konkreten Konzepten werden Projekte entwickelt, weshalb auf dieser Stufe Innovations- und Projektmanagement eine Einheit bilden. Es erfolgt eine detaillierte Projektplanung mit der Erstellung eines Produkt- und Projektstrukturplanes, sowie der Aufgliederung in Aufgabenplanung, Ablauf- und Terminplanung, Einsatzmittelplanung, Kosten- und Fanzierungsplanung. Die Projektdurchführung stellt im Allgemeinen keinen streng linearen Prozess dar. Immer wieder muss auf Änderungseinflüsse reagiert werden. Wesentlich hierfür ist das Projektcontrolling, zu verstehen als Zyklus zwischen Planung, Kontrolle und Steuerung. Den Abschluss des Innovationsprozesses bilden einerseits die Produkteinführung und die damit verbundene Überleitung in den Regelbetrieb. Andererseits ergibt sich hier die Notwendigkeit für eine gründliche Nachbereitung der Innovationsprojekte und einer damit verbundenen Erfahrungssicherung im Sinne einer Evaluierung und Systematisierung der gewonnen Erfahrungswerte. Systematisch lässt sich der Innovationsprozess folgend zusammenfassen:

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Systematische Darstellung von Innovationsprozessen

Die Innovationsfreundliche Unternehmensführung Innovationsmanagement begleitet das Unternehmen nicht nur durch den Innovationsprozess, sondern unterstützt auch eine innovationsorientierte Unternehmensführung, ein Schlüsselfaktor für eine erfolgreiche Innovationstätigkeit. Innovationsmanagement ist hier sowohl Teil der Organisationsentwicklung als auch des Trainings von Führungskräften und Mitarbeitern. Dabei kann man grundsätzlich auf drei Ebenen ansetzen, beim Unternehmensleitbild und der Unternehmenskultur sowie dem damit verbundene Führungsverständnis, bei den Strukturen und Organisationsformen und bei den Mitarbeitern. Das Unternehmensleitbild und dessen Umsetzung bestimmen, welche Werte und Einstellungen gefördert, wie die Beziehung im Unternehmen und zur Außenwelt gestalten und wie Führungsaufgaben wahrgenommen werden. Innovationsfreundliche Unternehmen und Organisationseinheiten zeichnen sich durch den hohen Stellenwert von Innovation und Kreativität im Wertsystems des Unternehmens aus, einer hohen Toleranz gegenüber Fehlschlägen, einer die Angst vor innovativen Veränderungen minimierenden, mitarbeiterorientierten Personalpolitik, sowie einer Systemoffenheit des Unternehmens nach außen. Auf der Führungsebene sind das Vorleben einer positiven und aktiven Einstellung gegenüber Innovationen und Veränderungen und ein kooperativer Führungsstil von entscheidender Bedeutung, wie auch die Motivation zu kreativen Lösungen durch die Vorgesetzten. Auch die Strukturen und Organisationsform eines Unternehmens sind bestimmende Faktoren für den Innovationserfolg. Oft liegen die Hemmnisse zur Entfaltung der Kreativität bei zu stark hierarchischen, bürokratischen und unbeweglichen Organisationsstrukturen. Für

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Innovationen braucht es Organisationsformen, die den Mitarbeitern größere Handlungsspielräume eröffnen sowie die Selbstorganisation und Selbstverantwortung stärken. Innovationserfolge sind stets auch abhängig von der Kommunikation und dem Informationsfluss im Unternehmen. Auf der Ebene der Mitarbeiter geht es um die Förderung der Kreativität, der Konfliktfähigkeit und Veränderungsbereitschaft durch eine entsprechende Personalauswahl, Investitionen in die Aus- und Weiterbildung, aber auch durch die Forcierung bereichsübergreifender und interdisziplinärer Teamarbeit, sowie um die weitereichende Partizipation der Mitarbeiter, wodurch Identifikation, Motivation, Engagement und Verantwortungsbewusstsein entstehen kann. Insgesamt ist es notwendig, das kreative, kritische und analytische Potential im Unternehmen zu optimieren. Wesentlich hierfür sind die Einführung und der richtige Umgang mit Kreativitätstechniken, welche schrittweise und behutsam erfolgen sollte, um Fehlschläge zu vermeiden. Zugleich braucht es auch entsprechende Instrumente und Fähigkeiten bei der Problemanalyse, der Weiterentwicklung, Untersuchung und Bewertung von Lösungsalternativen, sowie im Bereich des Projektmanagements. Die zahlreichen Analysen, die im Laufe von Innovationsprozessen durchgeführt werden, benötigen einerseits hohe Fachkenntnisse, anderseits aber auch die Fähigkeit, Prognosen über zukünftige Entwicklungen unter dem Einfluss einer Vielzahl ökonomischer, technischer und sozialer Einflussfaktoren erstellen zu können. Die Nachhaltigkeit der Lösung wird weiters durch Fragen nach den Werten und der Verantwortung des Unternehmens bestimmt. Erst aus dem Zusammenspiel von konvergenten und divergenten, von analytischen und systemischen, ökonomischen und ethischen Denken können optimale Ergebnisse in Innovationsprozessen erzielt werden.

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Die Erfahrungssicherung Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Erfahrungssicherung, da Innovationen ein ständiger Bestandteil eines modernen Unternehmens, einer modernen Organisation sind. Die Erfahrungssicherung umfasst einerseits die Ableitung von projekt- und produktrelevanten Erfahrungsdaten, die in Kennzahlen und Kennzahlensysteme oder Erfahrungsdatenbanken einfließen bzw. zur Kalibrierung der verwendeten Aufwandsschätzverfahren (für zukünftige Projektplanungen) verwendet werden können. Andererseits können die einzelnen Resultate und Ziele auf sehr unterschiedlichen Ebenen analysiert werden, wie Projektdesign, förderliche und hinderliche Faktoren für die Projektumsetzung, Prozessabläufe oder Nachhaltigkeit in technischer, finanzieller und sozialer

Hinsicht. Die Erfahrungssicherung schafft die Möglichkeit, einen Moment inne zu halten, um aus den begangenen Fehlern zu lernen, sowie über die Optimierung der Prozesse und mögliche Alternativen und Verbesserungsmöglichkeiten nachzudenken. Der Nutzen liegt in der Erhöhung der Effizienz in der Entwicklung neuer Ideen, was eine sinn- und wertvolle Investition in Zeiten darstellt, in denen die Notwendigkeit für neue Innovationen immer schon gekommen ist. Das richtige Innovationsmanagement wird in Zukunft einen wesentlichen Faktor für den Erfolg von Unternehmen und Organisationen darstellen. Beratung in diesem Bereich kann helfen, zu nachhaltigen und ganzheitlichen Lösungen für Unternehmen, Gesellschaft und Mensch zu gelangen. Wir sind Teil dieser Zukunft!

Fußnoten: 1 Vgl. Jürgen Horsch, Innovations- und Projektmanagement. Wiesbaden 2003. S. 1 ff. 2 Vgl. Manfred Burghardt, Projektmanagement. Leitfaden für die Planung, Überwachung und Steuerung von Entwicklungsprojekten. Erlangen 2002. S. 11 f. 3 Vgl. Siegfried Seibert, Technisches Management. Innovationsmanagement. Projektmanagement. Qualitätsmanagement. Leipzig 1998. S. 130 f.

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