Gemeinsame Stellungnahme von BDA, BDI und DIHK zum Vorschlag für eine Richtlinie zur Änderung der Richtlinie 2007/36/EG im Hinblick auf die Förderung der langfristigen Einbeziehung der Aktionäre sowie der Richtlinie 2013/34/EU in Bezug auf bestimmte Elemente der Erklärung zur Unternehmensführung, COM(2014)213 final Registrierungsnummer der BDA: 7749519702-29 Registriernummer des BDI: 1771817758-48 Registrierungsnummer des DIHK: 22400601191-42
Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) ist die sozialpolitische Spitzenorganisation der gesamten deutschen gewerblichen Wirtschaft. Sie setzt sich für die Interessen von einer Million Betrieben ein, die 20 Millionen Arbeitnehmer beschäftigen. Der Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI) ist die Spitzenorganisation der deutschen Industrie und der industrienahen Dienstleister. Er spricht für 37 Branchenverbände und mehr als 100.000 Unternehmen mit rund 8 Millionen Beschäftigten. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag e. V. (DIHK) nimmt als Dachorganisation der 80 Industrie- und Handelskammern die Interessen von 3,6 Mio. gewerblichen Unternehmen in Deutschland wahr. Es handelt sich dabei um Unternehmen aller Größen und Branchen.
I. Executive Summary/Zusammenfassung:
Executive Summary Sufficient availability of long-term-financing is of central importance for growth and competitiveness of the European Economy. Thereby sustainable development of companies and transparency are important criteria. The proposal amending the Shareholders' Rights Directive introduces numerous duties for entities, intermediaries, asset managers and proxy advisors that are not suitable, necessary and proportionate. The proposed amendments do not adequately respect the differences between the one-tiersystem and the two-tier-system. Aspects which are not compatible with the two-tier-system (e. g. to determine the compensation of the board through the board members) should, if ever, be regulated only for the one-tier-system.
2 In Germany the German Stock Corporation Act (AktG), the German Commercial Code (HGB) and the standards of the German Corporate Governance Code already ensure high transparency of the remuneration of the executive board of listed entities and of related party transactions nowadays. There is no need for further regulation. Any additional European requirements should be avoided. The experience shows that the standards of the German Corporate Governance Code are applied efficiently by the companies. Transparency requirements of the accounting directive together with soft law in terms of recommendations of the European Commission and standards of the Corporate Governance Code as well as the application of the “comply or explain” principle are adequate to foster transparency and sustainable business development in an equivalent manner. Especially the efforts and successes of the German Corporate Governance Code in the area of remuneration policies, to which listed companies in Germany have to declare annually their compliance, will be undermined by the proposal. In article 9a, 9b and 9c the proposal interferes seriously with the individual roles and responsibilities of the executive board, the supervisory board and the general assembly. Responsibilities are shifted and mixed up, the conclusion of contracts with executive directors and transactions with related parties will slow down and the tight schedule of the shareholder meetings will be stressed with more formalities and the necessity to vote on detailed resolutions. In the alternative the shareholders should have the opportunity to choose an opt-out and to decide whether they want to vote on the remuneration policy, the remuneration report, the related party transactions and their disclosure at all or to what extent (opt-out). The proposed regulation on related party transactions severely interferes with German group law and has to be rejected. The implementation of the proposed approach would entail substantial difficulties and risks for the whole company practice. The draft directive in the area of related party transactions further interferes with the company law structure of listed entities in the two-tier-system system by limiting the autonomy of the executive board for the benefit of shareholders. It is neither adequate, necessary nor proportionate. Essential aspects of the proposal will be deprived from the discussion with relevant stakeholders by using numerous implementing powers conferred upon the European Commission; important legal and practical expertise of the addresses won´t be taken into account.
Zusammenfassung Die ausreichende Verfügbarkeit langfristiger Finanzierung ist für das Wachstum und die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft von zentraler Bedeutung. Nachhaltige Unternehmensentwicklung und Transparenz sind dabei wichtige Kriterien.
3 Der Vorschlag zur Änderung der Aktionärsrechterichtlinie führt zahlreiche Pflichten für Gesellschaften, Intermediäre, Vermögensverwalter und Stimmrechtsberater ein, deren Eignung, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit nicht gegeben sind. Die vorgeschlagenen Regulierungen berücksichtigen nicht die Unterschiede von dualistischem und monistischem System. Fragestellungen, die im dualistischen System naturgemäß nicht auftreten können (z. B. die Festsetzung der Vergütung des Boards durch dessen Mitglieder), sollten – wenn überhaupt – nur für das monistische System geregelt werden. Die Regelungen des deutschen Aktiengesetzes (AktG), des Handelsgesetzbuches (HGB) und die Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex stellen in Deutschland bereits heute eine hohe Transparenz bzgl. der Vorstandsvergütung in börsennotierten Gesellschaften und der Transaktionen mit nahe stehenden Personen und Gesellschaften sicher. Es besteht insoweit kein Bedarf für eine weitergehende Regulierung. Aus deutscher Sicht ist zusätzlichen europäischen Vorgaben daher entgegenzutreten. Die Erfahrungen zeigen, dass Empfehlungen des Corporate Governance Kodex zu einer effizienten Handhabung in den Unternehmen führen können. Empfehlungen der EUKommission bzw. Empfehlungen der Corporate Governance Kodizes als „soft law“ ergänzend zu den bestehenden Transparenzvorschriften in der Rechnungslegung sind ausreichend und können Transparenz und nachhaltige Unternehmensentwicklung mittels des „comply or explain“-Grundsatzes gleichwertig fördern. Gerade die Erfolge des Kodex im Bereich der Vorstandsvergütung, zu dessen Einhaltung sich börsennotierte Gesellschaften jährlich erklären müssen, werden mit dem vorliegenden Richtlinienvorschlag unterminiert. Die Vorschläge in Art. 9a, 9b und 9c des Entwurfs greifen massiv in die Aufgabenverteilung zwischen Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung ein. Verantwortlichkeiten werden verschoben, der Abschluss von Vorstandsverträgen und Verträgen mit nahe stehenden Unternehmen und Personen verzögert und das ohnehin knappe Zeitbudget der Hauptversammlung mit weiteren Formalien bzw. formal nötigen Beschlüssen mit umfangreichen, detaillierten Inhalten strapaziert. Hilfsweise sollte den Hauptversammlungen die Möglichkeit eingeräumt werden, neben der Abstimmung über die Vergütungspolitik, den Vergütungsbericht und die Geschäfte mit nahe stehenden Personen und Unternehmen auch darüber zu entscheiden, ob sie zu diesen Aspekten überhaupt abstimmen und/oder in welchem Umfang über die Vergütungspolitik entschieden und/oder diese veröffentlicht werden soll (opt-out). Die vorgeschlagenen Regelungen zu den Transaktionen mit nahe stehenden Unternehmen und Personen stehen im Konflikt mit dem deutschen Konzernrecht und sind abzulehnen. Die Umsetzung des vorgeschlagenen Ansatzes wäre für die deutsche Unternehmenspraxis mit erheblichen Schwierigkeiten und Risiken verbunden. Der Entwurf der Richtlinie im Bereich von Transaktionen mit nahe stehenden Unternehmen und Personen greift zudem nachhaltig in das aktienrechtliche Kompetenzgefüge im dualistischen System ein, indem er die auf das Unternehmensinteresse ausgerichtete
4 Leitungsautonomie des Vorstands zugunsten der Aktionäre einschränkt. Er ist weder erforderlich, noch geeignet oder verhältnismäßig. Mit den zahlreichen Durchführungsrechtsakten werden wesentliche Aspekte des Vorschlags einer rechtspolitischen Auseinandersetzung mit betroffenen Interessengruppen entzogen; die wichtige Expertise aus den Adressatenkreisen bleibt ungenutzt.
II. Allgemeine Anmerkungen Wir teilen die Einschätzung der EU-Kommission, dass die ausreichende Verfügbarkeit langfristiger Finanzierung für das Wachstum und die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft von zentraler Bedeutung ist. Ebenso unterstützen wir das Ziel der EU-Kommission, europaweit ein hohes Maß an Transparenz und Anlegerschutz zu schaffen. Transparenz ist letztlich auch eines der Kernanliegen des Deutschen Corporate Governance Kodex. Ein Mehr an Transparenz ist aber nur dort sinnvoll, wo erkennbare Dunkelfelder und potenzielle Interessenkonflikte bestehen, die sich nachteilig auf die Governance von Unternehmen auswirken würden. Die nun vorgeschlagenen Regulierungen sind nicht geeignet, die intendierten Ziele des Richtlinienvorschlags zu erreichen. Der Vorschlag zur Änderung der Aktionärsrechterichtlinie führt zahlreiche Pflichten für Gesellschaften, Intermediäre, Vermögensverwalter und Stimmrechtsberater ein, deren Eignung und fehlende Abwägung im Kosten-Nutzen-Verhältnis kritisch hinterfragt werden müssen. Auch der Mehrwert einer einheitlichen europaweiten Regelung in diesen Bereichen gegenüber existierenden nationalen Regelungen steht ernsthaft in Frage. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Rechtstraditionen und Organisationskonzepte des dualistischen und des monistischen Systems in den Mitgliedstaaten. In Deutschland existiert etwa bereits aufgrund der Regelungen des Aktiengesetzes (AktG) bzw. des Handelsgesetzbuches (HGB) und der Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex eine hohe Transparenz bzgl. der Vorstandsvergütung in börsennotierten Gesellschaften. Gerade die Erfolge des Kodex im Bereich der Vorstandsvergütung, zu dessen Einhaltung sich börsennotierte Gesellschaften jährlich erklären müssen, werden mit dem vorliegenden Richtlinienvorschlag unterminiert. Insbesondere die Regelungen zu Transaktionen mit nahe stehenden Personen steht im Konflikt mit dem deutschen Konzernrecht, das ein anderes Schutzkonzept verfolgt. Eine Harmonisierung der europaweiten Corporate-Governance-Regelungen als reiner Selbstzweck sollte vermieden werden. Mit den Vorschlägen in Art. 9a, 9b und 9c des Entwurfs wird massiv in die Aufgabenverteilung zwischen Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung eingegriffen. Verantwortlichkeiten werden verschoben, der Abschluss von Vorstandsverträgen und Verträgen mit nahe stehenden Unternehmen und Personen verzögert und das ohnehin knappe Zeitbudget der Hauptversammlung mit weiteren Formalien bzw. formal nötigen Beschlüssen weiter strapaziert. Die Vorschläge in Art. 9a, 9b und 9c sind weder erforderlich, noch geeignet und nicht verhältnismäßig.
5 Zu bemängeln ist auch, dass die Neuregelungen gerade nicht zu der intendierten Kostenreduktion führen. So stellt die EU-Kommission in ihrer Folgenabschätzung fest, dass der Verwaltungsaufwand der börsennotierten Gesellschaften durch die Vorschläge nur unwesentlich zunehmen würde. Ein Anstieg des Verwaltungsaufwands führt aber automatisch zu einer Zunahme der Kosten für alle von der Gesetzgebung Betroffenen. Dies ist vor dem Hintergrund der Agenda für eine europäische bessere Rechtsetzung nicht hinzunehmen und wird auch vom kommissionsinternen Folgenabschätzungsausschuss („Impact Assessment Board“ – IAB) kritisiert, der die erste Version der Folgenabschätzung als unzureichend zurückgewiesen hatte und auch in der im März 2013 vorgelegten überarbeiteten Version weiteren Erklärungsbedarf sieht, was den quantifizierbaren Nachweis und die Schwere der aufgeführten Probleme sowie die Unzulänglichkeit des bestehenden Rechtsrahmens angeht. Dies gilt umso mehr, als dass die Neuregelungen vor allem mittelständische Unternehmen betreffen würden. Von den ca. 900 börsennotierten Gesellschaften in Deutschland haben mehr als 60 Prozent Vorstände mit ein oder zwei Mitgliedern. Die durchschnittliche Anzahl deutscher Vorstandsmitglieder in börsennotierten Unternehmen ist nicht höher als 2,5 Personen. Umsatz und Gewinn der allermeisten Unternehmen sind mit den Zahlen der großen Unternehmen nicht zu vergleichen, ebenso wenig wie die Komplexität von deren Vergütungssystemen. Die Schaffung weiterer detaillierter Anforderungen und Pflichten in diesem Bereich ist gegenüber den meisten deutschen börsennotierten Gesellschaften unverhältnismäßig und würde nur zu neuen Kosten führen. Hinsichtlich der Regelungstechnik des vorliegenden Textes halten wir es für bedenklich, dass die EU-Kommission vermehrt auf Durchführungsrechtsakte zurückgreift. Damit entzieht sie wesentliche Aspekte des Vorschlags einer rechtspolitischen Auseinandersetzung mit betroffenen Interessengruppen. Dies kann letztlich zu unausgewogenen Rechtsakten führen, weil die wichtige Expertise aus den Adressatenkreisen ungenutzt bleibt.
III. Zu den Regelungen im Einzelnen:
1) Zu Art. 3a, b Identifizierung der Aktionäre und Übermittlung von Informationen Finanzintermediäre sollen Unternehmen die Möglichkeit zur Identifizierung ihrer Aktionäre anbieten, indem sie auf Antrag des Unternehmens ggf. entlang der Verwahrkette unverzüglich die Namen und Kontaktdaten der Aktionäre übermitteln müssen. Einerseits besteht das Interesse der Emittenten, in direkten Kontakt mit den Aktionären zu treten und auch die Kosten für diesen Kontakt möglichst zu reduzieren. Die Schaffung dieser Möglichkeit ist aus Sicht der Gesellschaften daher grundsätzlich zu begrüßen. Andererseits führen die Art. 3a bis 3d des Entwurfs zu neuen Pflichten der Gesellschaften und Intermediäre sowie zu entsprechenden Kosten. Der Entwurf berücksichtigt nicht die in Deutschland zulässigen Legitimationsaktionäre, d. h. Aktionäre, die Dritten eine Vollmacht erteilt haben oder eine Ermächtigung, fremde Stimmrechte im eigenen Namen auszuüben. Die Aktionäre müssen weiterhin die Möglichkeit haben, ihrer Eintragung im Aktienregister zu widersprechen (stattdessen Eintragung des depotführenden Instituts).
6 Unklar ist, warum die Gesellschaft die vom Intermediär übermittelten Daten nach Art. 3a Abs. 3 Satz 3 nach 24 Monaten löschen muss. Im Ergebnis müsste die Gesellschaft erneut die Daten beim Intermediär anfordern. Es kann sich nur um die Löschung von geänderten bzw. veralteten Daten handeln; dies sollte klargestellt werden. Nicht erklärt wird, wie die Berichtigung von Daten erfolgen soll, Art. 3a Abs. 3 Satz 3. Hier sollte der Text klarer gefasst werden, wessen Pflicht es ist, bei wem nachzufragen. Hat der Intermediär der Gesellschaft Namen und Kontaktdaten des Aktionärs weitergeleitet, so kann die Gesellschaft direkt mit diesem kommunizieren. Eine parallele Pflicht des Intermediärs ggf. weiterhin Informationen von der Gesellschaft an den Aktionär zu übermitteln, dürfte dann entfallen. Folglich sollte in Art. 3b Abs. 1 Satz 1 klargestellt werden, dass nach Weiterleitung der erforderlichen Daten an die Gesellschaft der Intermediär nicht mehr zur Weiterleitung der Informationen des Unternehmens an den Aktionär verpflichtet ist. Satz 1 könnte daher wie folgt formuliert werden: „Für Fälle, in denen eine Gesellschaft ihre Aktionäre nicht nach Art. 3a identifizieren kann und deshalb nicht mit ihren Aktionären direkt kommunizieren kann, stellen die Mitgliedstaaten sicher, …“. Ob und inwieweit die Transparenz in der Verwahrkette durch die vorgeschlagenen Maßnahmen erhöht werden kann, wird entscheidend von den technischen Lösungen zur Übermittlung der Aktionärsdaten abhängen. Da diese jedoch erst durch die zu erlassenden Durchführungsrechtsakte konkretisiert werden müssen (Formate, Fristen etc.), ist unklar, ob und wie sie sich in der Praxis bewähren werden. Seitens der Gesellschaften wie Intermediäre wird befürchtet, dass im Ergebnis für sie durch die Regelung erhebliche zusätzliche Kosten entstehen. Seitens der Gesellschaften wird vereinzelt gefordert, dass die Intermediäre verpflichtet werden sollen, für eine Eintragung der Aktionäre im Aktienregister der Gesellschaften zu sorgen. Wir gehen davon aus, dass die Frage der Kostentragung für die Übermittlung von Informationen der Gesellschaft an den Aktionär über den Intermediär nicht geregelt ist bzw. der Regelung der Mitgliedstaaten überlassen bleibt.
2) Zu Art. 3c Erleichterung der Ausübung der Aktionärsrechte Die Richtlinie muss klarstellen, dass der Intermediär, wenn er die erforderlichen Vorkehrungen dafür getroffen hat, damit der Aktionär selbst oder ein von diesem benannter Dritter die Rechte ausüben kann, der Aktionär aber nicht an der Hauptversammlung teilnimmt, seine Pflichten erfüllt hat. Der Intermediär kann in diesem Fall nicht verpflichtet sein, entsprechend der 2. Alternative (b) auf der Hauptversammlung die Stimmrechte des Aktionärs auszuüben. Dies erscheint nicht zumutbar, würde es im Ergebnis doch ggf. dazu führen, dass Intermediäre an allen Hauptversammlungen teilnehmen müssten. Zudem ist es oftmals nicht vom Handeln des Intermediärs abhängig, ob ein Aktionär seine Stimmrechte persönlich oder durch Vertreter ausüben kann, sondern von dem anwendbaren Recht, dem die jeweilige Gesellschaft unterliegt. Insofern sollte bei der Formulierung nachgebessert werden. Die in Art. 3c Abs. 2 des Entwurfs vorgesehene verpflichtende Bestätigung gegenüber dem Aktionär betreffend der Stimmabgabe wird zu praktischen Problemen, z. B. bei Abstimmungen auf
7 Zuruf, aber auch zu erheblichem bürokratischen Aufwand bei den Emittenten führen. Unklar ist auch, welchen Inhalt die Bestätigung haben würde (z. B. exaktes Abstimmungsverhalten pro Tagesordnungspunkt oder Abgabe der Stimme). Der konkrete Nutzen für den Aktionär ist ebenfalls fraglich, zumal der Aktionär sein Abstimmungsverhalten kennt bzw. einen Dritten zur Wahrnehmung seiner Interessen entsprechend angewiesen hat; folglich sollte von der Bestätigungspflicht abgesehen werden. Die Inhalte der in Art. 3c Abs. 2 genannten Durchführungsrechtsakte der Kommission sind nicht absehbar. Es erscheint im Hinblick auf mögliche Belastungen sowohl der Unternehmen als auch der Intermediäre nicht angemessen, diese im Rahmen eines Durchführungsrechtsaktes zu regeln.
3) Zu Art. 3d Transparenz der Kosten Aus Sicht der Intermediäre werden Schwierigkeiten bei der Kalkulation der Preise für sämtliche Dienstleistungen, angesichts der unterschiedlichen nationalen Regelungen und der deshalb erforderlichen unterschiedlichen neuen Prozesse, befürchtet. Dieser zusätzliche Aufwand würde auch zusätzliche Kosten für die Intermediäre bedeuten.
4) Zu Art. 3f, g Einbeziehungspolitik; Anlagestrategie institutioneller Anleger und Vereinbarungen mit Vermögensverwaltern Die Art. 3f, g, h enthalten eine Fülle an neuen Pflichten, die kritisch hinterfragt werden müssen. Wir befürchten, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen zur „Einbeziehungspolitik“ in erster Linie zu mehr Bürokratie und Kosten führen werden, ohne den angestrebten Zweck eines langfristigeren Engagements zu erreichen. Fraglich ist, ob der Anleger und Endbegünstigte („künftige Rentner“ – siehe Erwägungsgrund 10), durch die neuen Informationspflichten der Vermögensverwalter wirklich in die Lage versetzt wird, optimale Anlageentscheidungen zu treffen. Unklar ist auch, ob ihn die Veröffentlichung der Anlagestrategie und der Einbeziehungspolitik tatsächlich erreichen und er aus den Informationen die – aus Sicht der Kommission – richtigen Schlüsse zieht. Zum einen ist u. E. offen, ob der Kunde das geforderte Maß an wirtschaftlichem Verständnis hat und in der Lage ist, die Informationen zu verstehen und zum anderen, ob diese Informationen bei der Wahl des institutionellen Anlegers von Bedeutung ist. Außerdem haben Anleger bereits heute zahlreiche Informationsmöglichkeiten, die oft nur in geringem Umfang genutzt werden. Es droht das Phänomen der Informationsüberflutung, womit der Zustand beschrieben wird, dass Personen keine richtigen Entscheidungen mehr treffen können, weil ihnen „zu viele Informationen“ zur Verfügung gestellt werden. Der Nutzen dieser Regelung steht überwiegend auch deshalb in Frage, weil an der langfristigen Geschäftsentwicklung orientierte Investoren diesbezüglich im Austausch mit den Gesellschaften stehen. Es steht zu bezweifeln, dass man mit diesen Regeln tatsächlich ein langfristigeres Engagement von Aktionären erreichen kann.
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5) Zu Art. 3i Transparenz bei Beratern für die Stimmrechtsvertretung Aus Sicht der Unternehmen können Stimmrechtberater einen erheblichen Einfluss auf das Stimmverhalten von Anlegern haben. Deren Stimmrechts-Richtlinien sind aber häufig allgemein gehalten und berücksichtigen teilweise nicht die jeweilige nationale Rechtslage. Sie können mangels Berücksichtigung von unternehmensindividuellen Sachverhalten sogar zu fehlerhaften Abstimmungsempfehlungen führen. Der Kunde verlässt sich jedoch mangels Ressourcen auf die Abstimmungsempfehlungen. Um vor der Stimmrechtsempfehlung Missverständnisse zu vermeiden, sollte – so der Vorschlag seitens der Gesellschaften – der Austausch zwischen Stimmrechtsberatern und Unternehmen vorgenommen bzw. intensiviert werden. So könnten unternehmensindividuelle Sachverhalte einbezogen oder ggf. auch die nationale Rechtslage klargestellt werden. Der Emittent hätte z. B. bei vorheriger Zusendung der Stimmrechtsempfehlung die Gelegenheit zur Korrektur sachlicher Fehler. Die Zusammenarbeit von Stimmrechtsberatern und Gesellschaften würde auch dadurch erleichtert, dass im Falle von Empfehlungen mit ablehnenden Voten eine kurze Stellungnahme des Emittenten zugelassen und mit den Empfehlungen verteilt wird. Etwaige Fehleinschätzungen von Stimmrechtsberatern könnten zeitnah behoben und die Handlungsfähigkeit des betroffenen Unternehmens nachhaltig gestärkt werden. So könnte der Dialog zwischen Investoren und Emittenten im Vorfeld von Hauptversammlungen gefördert werden. Dem Aktionär würden nicht nur die Empfehlung des Beraters, sondern auch die Argumente des Unternehmens zur Verfügung stehen. Die vorgeschlagenen Regelungen erhöhen die Dokumentations- und Informationspflichten für die Stimmrechtsberater und werden bei diesen zu zusätzlichen Kosten führen. Bei der praktischen Ausgestaltung der Regelungen ist außerdem sicherzustellen, dass die Pflicht zur Offenlegung der Modelle in Art. 3i Abs. 2 (a) nicht in den Wettbewerb der Stimmrechtsberater eingreift und Geschäftsgeheimnisse weiterhin geschützt werden können. Der Gesetzgeber sollte etablierte Leitlinien berücksichtigen, sich inhaltlich daran orientieren und Brüche vermeiden.
6) Zu Art. 9a Recht auf Abstimmung über die Vergütungspolitik Ziel des verpflichtenden Beschlusses soll laut den Erläuterungen des Entwurfs sein, dass mehr Transparenz bezüglich der Vergütungspolitik und der Vergütung der Unternehmensleitung sowie eine bessere Überwachung der Vergütung durch die Aktionäre und dadurch eine bessere Verknüpfung von Vergütung und Leistung der Mitglieder der Unternehmensleitung besteht. Der hinter diesem Ziel stehende Gedanke der EU-Kommission bezieht sich auf das monistische System. Im dualistischen System mit Vorstand und Aufsichtsrat, besteht eine klare Aufgabenverteilung und -abgrenzung. Der Aufsichtsrat wird von der Hauptversammlung berufen und übernimmt an Stelle der Aktionäre die Überwachung des Vorstands und ist bei dieser Tätigkeit den Aktionären gegenüber verantwortlich. Zudem nehmen die Aufsichtsräte bei Gesellschaften mit mitbestimmten Aufsichtsräten zugleich die Interessen der Arbeitnehmer wahr. Interessenskonflikte bei der Festlegung der Vorstandsvergütung durch den Aufsichtsrat, wie ggf.
9 im monistischen System, bestehen grundsätzlich nicht. Sind die Aktionäre mit der Vergütungsgestaltung des Aufsichtsrats für den Vorstand oder auch der Überwachung des Vorstands nicht einverstanden, so haben sie die Möglichkeit, die Entlastung zu versagen bzw. diesen abzuberufen. Die EU-Kommission greift mit ihrem Vorschlag in diese Aufgabenverteilung ein und will die Aktionäre auch im dualistischen System verpflichten, Aufgaben des von ihnen berufenen Aufsichtsrats zu übernehmen. Da dieser Ansatz mit der dualistischen Unternehmensverfassung unvereinbar ist, sind die vorgeschlagenen Regelungen zumindest auf das monistische System zu beschränken.
a) Recht auf Abstimmung nicht erforderlich Die Genehmigung der Vergütungspolitik durch die Hauptversammlung ist nicht erforderlich und stellt einen Eingriff in ein fein austariertes Corporate Governance System dar. Die Aktionäre börsennotierter Unternehmen haben grundsätzlich die Möglichkeit, die Vergütungspolitik auf die Tagesordnung der Hauptversammlung zu setzen. Darüber hinaus gewährt in Deutschland § 120 Abs. 4 AktG der Hauptversammlung einer börsennotierten Gesellschaft explizit die Möglichkeit, über die Billigung des Systems zur Vergütung der Vorstandsmitglieder zu beschließen. Der Beschluss ist rechtlich nicht bindend, entfaltet faktisch aber Wirkung, da sich der Aufsichtsrat erfahrungsgemäß nicht über ein ablehnendes Votum der Hauptversammlung hinwegsetzt. Im Rahmen des heute in Deutschland praktizierten „say on pay“ sind Zustimmungsergebnisse von über 90 Prozent eher Regel als Ausnahme. Die von den Aufsichtsräten ausgearbeiteten und vorgelegten Vergütungssysteme sind unter Geltung des aktuellen § 120 Abs. 4 AktG von den Hauptversammlungen mit beinahe ausschließlich überwältigenden Zustimmungsquoten bestätigt worden. In den wenigen Fällen nur knapp mehrheitlicher oder gar verfehlter Zustimmung haben die Aufsichtsräte zudem sehr verantwortungsvoll agiert und die Vergütungssysteme jeweils überarbeitet. Es ist kein einziger Fall bekannt, in dem sich der Aufsichtsrat in der Vergangenheit über das Votum der Hauptversammlung zum Vergütungssystem hinweggesetzt hätte. Angesichts der geübten Praxis sehen wir eine Vorgabe, den entsprechenden Hauptversammlungsbeschluss per EU-Richtlinie verbindlich auszugestalten, nicht als systemkonforme Fortentwicklung an. Zudem hätte die Nichtberücksichtigung des Votums der Hauptversammlung ggf. auch Auswirkungen auf die Entlastung des Aufsichtsrates. Darüber hinaus ergeben sich haftungsrechtliche Konsequenzen für den Aufsichtsrat auch heute schon aus § 116 Satz 3 i. V. m. § 87 Abs. 1 AktG im Fall der Festsetzung einer unangemessenen Vergütung. Die bestehenden Mechanismen sind ausreichend. Die Transparenz der Gesamtvergütung ist durch die in Art. 17 Abs. 1d der Rechnungslegungsrichtlinie 2013/34/EU weiterhin verankerten Anhangangaben gewährleistet. Darüber hinaus enthalten die Corporate Governance Kodizes weitergehende Empfehlungen zur Transparenz und Aufschlüsselung der Vergütung (vgl. z. B. Ziffer 4.2.2 ff. Deutscher Corporate Governance Kodex). Die Grundzüge des Vergütungssystems sind zumindest in Deutschland bereits aufgrund der Empfehlung der EU-Kommission zur Einführung einer angemessenen Regelung für die Vergütung
10 von Mitgliedern der Unternehmensleitung börsennotierter Gesellschaften (vom 14. Dezember 2004, ABl. EG 2004 Nr. L 385, 55), für börsennotierte Unternehmen vorgesehen. Die Hauptversammlung einer börsennotierten Gesellschaft erhält ausreichende Informationen über das Vergütungssystem des Unternehmens. Darüber hinausgehende Aufgliederungen sind nicht erforderlich. Ist die Hauptversammlung mit dem Vergütungssystem nicht einverstanden, so kann sie die Möglichkeit der Abstimmung in der Hauptversammlung nutzen. Darüber hinaus ist eine Vergleichbarkeit aufgrund der unternehmensindividuellen Gestaltung der Vergütung und der unterschiedlichen Branchen und Unternehmenskonstellationen grundsätzlich nur eingeschränkt möglich. Auch im Hinblick auf die Abstimmung der Hauptversammlung über die Vergütung des Aufsichtsorgans, das laut Art. 2 lit. j des Entwurfs ebenfalls als Unternehmensleitung definiert wird, ist der Vorschlag nicht erforderlich. So ist z. B. in Deutschland die Vergütung des Aufsichtsrats entweder in der Satzung festgesetzt oder wird von der Hauptversammlung bewilligt.
b) Verbindlicher Beschluss der Hauptversammlung ist nicht geeignet Der mindestens alle drei Jahre vorgesehene Beschluss der Hauptversammlung über die Vergütungspolitik in Bezug auf die Mitglieder des Vorstands durchbricht die bisherige aktienrechtliche Aufgabenzuordnung zwischen Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung. Dies führt dazu, dass dem Aufsichtsrat im dualistischen System die umfassende Personalkompetenz bezogen auf den Vorstand zwar zusteht, die Entscheidungskompetenz bezogen auf die Vergütung jedoch eingeschränkt wird. Häufig muss sich der Aufsichtsrat bei der Festsetzung der Gesamtbezüge der Vorstandsmitglieder ggf. auch an den Gegebenheiten des internationalen Marktes orientieren, um die am besten geeigneten Kandidaten für das Unternehmen zu gewinnen. Die Beschneidung der Vergütungskompetenz dergestalt, dass Vergütungsvereinbarungen mit Vorstandsmitgliedern nur noch entsprechend der von den Aktionären bereits genehmigten Vergütungspolitik getroffen werden dürfen, führt zu einer Schwächung des Aufsichtsrats. Es handelt sich daher gerade nicht um eine systemkonforme Fortentwicklung des bisherigen „say-on-pay“-Ansatzes, sondern um eine das bestehende System durchbrechende Verschiebung der Kompetenzen. Wird an dem Vorschlag festgehalten, so muss klargestellt werden, dass sich das Vergütungsvotum der Aktionäre ausschließlich auf die Billigung oder Ablehnung des vom Aufsichtsrat vorgelegten Vergütungssystems beziehen kann und die Aktionäre kein Initiativrecht hinsichtlich der Vergütungspolitik haben oder etwaige inhaltliche Änderungsanträge nicht Gegenstand des Beschlusses sein können. Ein Antragsrecht würde noch stärker in die Kompetenz des Aufsichtsrates eingreifen, und es wäre zu befürchten, dass es zu inhaltlich abweichenden, widerstreitenden Gegenanträgen in der Hauptversammlung kommt. Zu bezweifeln ist auch, ob die Beschlussfassung über die Vergütungspolitik sinnvoll ist. Der in der Begründung genannte „Routinebeschluss” würde das enge Zeitbudget der Hauptversammlungen der börsennotierten Gesellschaften einschränken und ggf. die Aktionäre überfordern. Die Erstellung und Bewertung von Vergütungssystemen bedarf erheblicher Expertise und einer vertieften Auseinandersetzung mit deren einzelnen Bestandteilen, die der Aktionär in der Regel
11 selbst wohl nicht leisten können wird. In Frage steht auch, inwieweit der Aktionär überhaupt ein Interesse daran hat, über technische Fragen zu votieren. Fehlende Ressourcen der Aktionäre sind bereits heute ein Grund für institutionelle Anleger, sich bei einem oder mehreren Stimmrechtsberatern Abstimmungsempfehlungen zu einzelnen Beschlussvorlagen einzuholen. Für die Gesellschaften ist der verbindliche Beschluss über die Vergütungspolitik mit einem erheblichen Vorbereitungs- und Durchführungsaufwand verbunden. Zudem führt der Regelungsvorschlag zu neuen Angriffsflächen für missbräuchliche Anfechtungsklagen, die man auf deutscher Ebene derzeit mit viel Aufwand zu schließen versucht. Ein angefochtener Hauptversammlungsbeschluss über das Vergütungssystem würde mit Blick auf Art. 9a Abs. 1 Satz 2 des Entwurfs zu erheblicher Rechtsunsicherheit sowohl auf Seiten der Gesellschaft und des Aufsichtsrats als auch auf Seiten der Vergütungsempfänger führen. Wenig zielführend erscheint daher auch die zwingende, im 3-Jahresrhythmus durchzuführende Beschlussfassung der Hauptversammlung, selbst wenn es seit dem letzten Beschluss derselben zu keinerlei Änderungen der Vergütungspolitik gekommen ist. Hilfsweise sollte ein Vergütungsbeschluss daher nur verpflichtend sein, wenn die Vergütungspolitik spürbar geändert werden soll. Art. 9a Abs. 3 des Entwurfs sieht folgende Inhalte der zu genehmigenden Vergütungspolitik vor: - Höchstbeträge der Gesamtvergütung - Verhältnis von festen und variablen Vergütungsbestandteilen - Verhältnis der durchschnittlichen Vergütung der Mitglieder der Unternehmensleitung und der durchschnittlichen Vergütung der Vollzeitbeschäftigten - Erklärung über die Angemessenheit dieses Verhältnisses - Erläuterung des Einflusses der Vergütungs- und Beschäftigungsbedingungen der Beschäftigten in die Festlegung der Vergütungspolitik und Vergütung der Unternehmensleitung - finanzielle und nicht finanzielle Leistungskriterien - Erläuterung, wie die langfristigen Interessen und Tragfähigkeit des Unternehmens gefördert werden - Methoden, die zur Prüfung der Leistungskriterien angewendet werden - Aufschubzeiten bei variablen Vergütungsbestandteilen - Wartezeiten bei aktienbezogener Vergütung - Halten von Aktien nach Erwerb - Rückforderungsmöglichkeit von variablen Vergütungsbestandteilen - wichtigste Bestimmungen der Verträge der Mitglieder der Unternehmensleitung - Entscheidungsprozess bei der Festlegung Inbezugnahme der Ansichten der Aktionäre - Änderungen der Vergütungspolitik
der
Vergütungspolitik
einschließlich
der
12 Darüber hinaus müssen nach Art. 9a Abs. 3 Satz 1 des Entwurfs sämtliche Vorteile aufgeführt und erläutert werden, wie die langfristigen Interessen und langfristige Tragfähigkeit des Unternehmens gefördert werden. Der detaillierte Anforderungskatalog geht an der Realität der meisten börsennotierten Unternehmen vorbei. Von den ca. 900 börsennotierten Gesellschaften in Deutschland haben mehr als 60 Prozent Vorstände mit ein oder zwei Mitgliedern. Der durchschnittliche Vorstand einer börsennotierten Gesellschaft besteht aus knapp 2,5 Personen. Regulierungsdichte und Vergütungsgestaltung der allermeisten dieser Unternehmen sind mit den komplexen Systemen der wenigen großen Unternehmen (die die EU-Kommission bei ihrem Vorschlag offenbar im Blick hatte) nicht zu vergleichen. Die Schaffung weiterer detaillierter Anforderungen und Pflichten in diesem Bereich ist gegenüber den meisten deutschen börsennotierten Gesellschaften völlig unverhältnismäßig und würde nur zu neuen Kosten führen. Der Detaillierungsgrad der vorgeschlagenen Elemente ist so hoch, dass hier kaum noch von einer Vergütungspolitik gesprochen werden kann. Bei der Auflistung der Inhalte der Vergütungspolitik darf es sich keinesfalls um eine inhaltliche verbindliche Gestaltung handeln. Folglich müssten die in Art. 9a Abs. 3 des Entwurfs aufgeführten Elemente nur dann genannt werden, soweit sie im Unternehmen gewährt würden. Zu den einzelnen Aspekten von Art. 9 Abs. 3 ist folgendes anzumerken: Die Nennung der Höchstbeträge der Vergütung dürfte insofern schwierig werden, als voraussichtliche Gehaltssteigerungen antizipiert werden müssten und unklar ist, wie variable Vergütungselemente, die an Börsenwerte oder an Umsätze geknüpft werden, oder wie stock options rechnerisch berücksichtigt werden können bzw. im Ergebnis noch möglich wären. So darf die Pflicht zur Angabe der Höchstbeträge nicht dazu führen, dass „durch die Hintertür“ eine gesetzliche Verpflichtung zur Schaffung von Höchstbeträgen begründet wird, wodurch nicht unerheblich in die Vertragsfreiheit eingegriffen würde. Der entsprechende Absatz sollte daher gestrichen werden. Die Nichtumsetzbarkeit der Vorgaben gilt auch für das anzugebende Verhältnis zwischen fester und variabler Vergütung, wenn diese aufgrund der Abhängigkeit vom Börsenwert etc., schwanken kann. Möglich wäre eine Angabe über die Struktur der Vergütung (fest, variabel). Problematisch ist auch die Angabe des Verhältnisses der durchschnittlichen Vergütung der Mitglieder der Unternehmensleitung und der durchschnittlichen Vergütung der Vollzeitbeschäftigten und der Erklärung zu deren Angemessenheit. Nach Art. 9a Abs. 3 Unterabsatz 2 Satz 3 des Entwurfs darf nur in Ausnahmefällen von der Angabe des Verhältnisses abgesehen werden. Unklar ist der Mehrwert und Aussagegehalt dieses Verhältnisses bzw. der Begründungspflicht. Denn schließlich ergibt sich die Angemessenheit der Vergütung bzw. der Vergütungspolitik für die Mitglieder der Unternehmensleitung nicht aus ihrem Verhältnis zur durchschnittlichen Vergütung eines Vollzeitbeschäftigten sondern im Verhältnis zu ihrer Leistung oder der Entwicklung des Unternehmens. Fraglich ist schon, ob hier die Vollzeitbeschäftigten der Konzernobergesellschaft, die Vollzeitbeschäftigten des Konzerns im Land des Gesellschaftssitzes oder ggf. der Europäischen Union oder die Vollzeitbeschäftigten des gesamten Konzerns weltweit gemeint sind. Die letztgenannten Varianten wären u. U. nur mit erheblichem Aufwand zu ermitteln und mit Blick auf die regionalen und branchenspezifischen Unterschiede in der Entlohnung wenig
13 aussagekräftig. Daraus resultiert die Gefahr, dass die Vergütungspolitik allein aufgrund einer gesellschaftspolitisch als angemessen empfundenen Vergütungsrelation beurteilt wird, ohne dass die spezifischen Gegebenheiten des Unternehmens ausreichend berücksichtigt werden. Der entsprechende Absatz sollte daher gestrichen werden. Unklar ist auch, was die EU-Kommission unter Erläuterung des Entscheidungsprozesses bei der Festlegung der Vergütungspolitik versteht und wie dabei die Ansichten der Aktionäre in Bezug genommen werden, Art. 9a Abs. 3 Unterabsatz 5 Satz 2 des Entwurfs. Die geforderte Erläuterung ist praktisch kaum umsetzbar. Die Ansichten der Aktionäre können u. U. stark voneinander abweichen und die in der Hauptversammlung geführte Debatte wird kein vollständiges Bild der Vorstellungen der Aktionäre vermitteln. Hinzu kommt, dass die Diskussionen in der Hauptversammlung in aller Regel nicht schriftlich dokumentiert werden. Der entsprechende Absatz sollte daher gestrichen werden. Sofern mit der Angabe der finanziellen und nicht finanziellen Leistungskriterien, die für die Gewährung der variablen Vergütungsbestandteile angewendet werden sollen, auch eine Offenlegung der Zielvorgaben für das kommende Geschäftsjahr verlangt sein sollte, halten wir dies für bedenklich. Die Zielvorgaben sind vertraulich und umfassen z. B. Personalentwicklungsund Umstrukturierungsprogramme oder Verhaltenskriterien. Unabhängig davon, dass die Erfüllung von Leistungskriterien nicht immer objektiv messbar sein wird, könnten die Zielvorgaben ggf. Rückschlüsse auf die Planungen und Erwartungen des Unternehmens erlauben, was von Wettbewerbern ausgenutzt werden könnte. Der Wortlaut sollte daher zumindest so eindeutig gefasst werden, dass vertrauliche Zielvereinbarungen nicht offengelegt werden müssen. Sollte der europäische Gesetzgeber an Art. 9a des Entwurfs festhalten, so sollten folgende Komponenten der Vergütungspolitik auf jeden Fall gestrichen werden: Höchstbeträge der Gesamtvergütung, Verhältnis von festen und variablen Vergütungsbestandteilen, Verhältnis der durchschnittlichen Vergütung der Mitglieder der Unternehmensleitung und der durchschnittlichen Vergütung der Vollzeitbeschäftigten, Erklärung über die Angemessenheit dieses Verhältnisses, Methoden, die zur Prüfung der Leistungskriterien angewendet werden. Daneben sollte klargestellt werden, dass mit dem Begriff der „Leistungskriterien“ keine vertraulichen Zielvereinbarungen mit den jeweiligen Vorständen gemeint sind. Dies gilt entsprechend auch für den Vergütungsbeschluss betreffend der Vergütung der Mitglieder des Aufsichtsorgans im dualistischen System.
c) Vorschlag ist nicht verhältnismäßig Bei Neueinstellung von Mitgliedern der Unternehmensleitung sollen nach Art. 9a Abs. 1 Unterabsatz 2 Satz 1 des Entwurfs Ausnahmen von der Vergütungspolitik gemacht werden können, soweit das Vergütungspaket des jeweiligen Mitglieds des Leitungsorgans zuvor von den Aktionären genehmigt wurde. Die Vergütung darf dann nach Satz 2 vorläufig ausgezahlt werden. Folglich könnte ein Vertrag mit dem Mitglied der Unternehmensleitung auch in diesem Fall erst nach Beschluss der Aktionäre abgeschlossen werden. Ein vorheriger Vertragsabschluss wäre nicht möglich, da die Vergütung ein wichtiger Bestandteil (essentialia negotii) des Vertrages ist. Der Abschluss eines Vorstandsvertrags unter dem Vorbehalt der Nachverhandlung ist aus Sicht
14 des betroffenen Vorstandskandidaten schwerlich vorstellbar und wohl unzumutbar. Selbst bei Abschluss eines Vorstandsvertrags unter dem Vorbehalt der Nachverhandlung bzw. der Genehmigung durch die Hauptversammlung ist die haftungsrechtliche Konsequenz für den Aufsichtsrat bei Ablehnung des Vergütungspakets unklar. Wird die Vergütungspolitik von der Hauptversammlung abgelehnt und kann sich der Aufsichtsrat nicht auf eine frühere genehmigte Vergütungspolitik berufen, so besteht für den Aufsichtsrat keine sichere Basis für Vergütungsvereinbarungen bzw. Nachverhandlungen; die Rechtsunsicherheit würde sich bis zur nächsten Hauptversammlung bzw. der Hauptversammlung, die der Vergütungspolitik zustimmt, verlängern. Im Ergebnis wäre in solchen Fällen die Handlungsfähigkeit des Aufsichtsrates und damit im Ergebnis auch die des Unternehmens nicht gegeben. Fraglich ist auch, wie vorzugehen ist, wenn die Hauptversammlung die in den Vorjahren genehmigte Vergütungspolitik, z. B. aufgrund einer veränderten Aktionärsstruktur, nicht mehr billigt. Zum einen kann dadurch die Kontinuität der Vergütungsstruktur gefährdet werden, zum anderen ist offen, ob der Aufsichtsrat in diesem Fall anstehende Vorstandsverträge auf Basis der in den Vorjahren gebilligten, aber dann abgelehnten Vergütungspolitik – ohne die Gefahr der Haftung – schließen kann. Klarzustellen ist in jedem Fall, dass bestehende Vorstandsverträge wirksam bleiben und der Aufsichtsrat nicht verpflichtet ist, laufende Verträge nach einem geänderten oder neuen Vergütungssystem nachzuverhandeln. Es fragt sich auch, was gilt, wenn der zustimmende Vergütungsbeschluss angefochten wird (siehe dazu auch oben) und über die Klage beispielsweise erst nach 5 Jahren entschieden wird. Gerade mit Blick auf Neueinstellungen erweist sich der Genehmigungsvorbehalt als völlig praxisuntauglich. Fraglich ist weiterhin, wie der Aufsichtstrat von den Gründen für eine Ablehnung der Vergütungspolitik Kenntnis erhält. Die Auffassungen der Aktionäre können sich unterscheiden oder gar widersprechen. Die Voten müssen nicht zwingend immer mit dem Aspekt der Vergütungspolitik in Verbindung stehen. Sowohl die Folgen einer verbindlichen Genehmigung der Vergütungspolitik durch die Hauptversammlung wie auch der Umfang der aufzuschlüsselnden Vergütungspolitik erhöht aus Sicht der Unternehmen die Rechtsunsicherheit bei bestehenden wie neuen Vorstandsverträgen und wirft haftungsrechtliche Fragen auf, ist überzogen und nicht angemessen. Die Folge wäre, dass künftige Vergütungspolitiken sehr flexibel sein und weit gefasst werden müssten, um den Gesellschaften einen möglichst großen Handlungsspielraum zu ermöglichen. Inwieweit das mit den Zielen des Richtlinienvorschlags in Einklang steht, ist zu bezweifeln. Mit Blick auf das Vorgesagte ist auch eine Veröffentlichung der Vergütungspolitik gemäß Art. 9a Abs. 4 des Entwurfs auf der Internetseite der Gesellschaft abzulehnen. Sollte der europäische Gesetzgeber an dem Vorschlag der EU-Kommission festhalten, obwohl dieser nicht erforderlich, nicht geeignet und unverhältnismäßig ist, so sollte die Form einer Empfehlung gewählt werden, die den Mitgliedstaaten die Möglichkeit gibt, in Form von Corporate Governance Kodizes das wettbewerbliche Element der Unternehmenskommunikation zu stärken. Die Erfahrungen in Deutschland zeigen, dass Empfehlungen des Corporate Governance Kodex
15 zu einer effizienten Handhabung in den Unternehmen führen. Hilfsweise sollte er aus Gründen der Verhältnismäßigkeit der Hauptversammlung nicht nur die Verpflichtung zuschreiben, alle drei Jahre über die Vergütungspolitik abzustimmen, sondern ihr auch das Recht zugestehen, mit Mehrheitsbeschluss zu entscheiden, ob sie überhaupt über die Vergütungspolitik abstimmen möchte (opt-out), in welchem Umfang und ob die beschlossene Vergütungspolitik veröffentlicht werden soll. Die dreijährige verpflichtende Beschlussfassung ist auch in Mitgliedstaaten, in denen die Hauptversammlung heute schon über die Vergütung des Aufsichtsratsorgans abstimmt oder sie in der Satzung geregelt hat, nicht verhältnismäßig. Zum einen wird der Hauptversammlung ein dreijähriger Rhythmus der Befassung vorgeben, zum anderen sind die in Art. 9a enthaltenen Details zum Inhalt etc. des Vergütungsbeschlusses zu detailliert und umfangreich. Die oben angeführten Argumente gelten auch für den Vergütungsbeschluss bezogen auf die Vergütung des Aufsichtsrates entsprechend. Dies gilt umso mehr, als in der Praxis für die Aufsichtsratsmitglieder zum großen Teil Festvergütungen vereinbart werden. Zudem würden die in Art. 9a des Entwurfs enthaltenen Elemente die Beschlussfassung über die Vergütung des Aufsichtsrates oder über die entsprechende Satzungsregelung nur unangemessen komplex gestalten.
7) Zu Art. 9b Im Vergütungsbericht anzugebende Informationen und Recht auf Abstimmung über den Vergütungsbericht Gesellschaften sollten jährlich einen umfangreichen Vergütungsbericht vorlegen, der von der Hauptversammlung zu genehmigen ist.
a) Keine Erforderlichkeit von Vorgaben für einen verbindlichen Vergütungsbericht und Abstimmung darüber Schon der Detaillierungsgrad des Vergütungsberichtes ist zu hoch. Zudem soll die EUKommission nach Art. 9b Abs. 4 des Entwurfs weitgehende Befugnisse zur Detaillierung erhalten. Das erscheint nicht erforderlich. Die Rechnungslegungsrichtlinie 2013/34/EU (vgl. Art. 17 Abs. 1d) sieht bereits vor, dass die Gesamtvergütung der Unternehmensleitung im Anhang der Bilanz aufgenommen wird. Für börsennotierte Unternehmen sind auf nationaler Ebene darüber hinausgehende Angabepflichten vorgesehen, über die jedoch die jeweilige Hauptversammlung entscheiden kann, ob diese Angabepflichten vorgenommen werden. So wird den Aktionären die Entscheidung überlassen, ob sie ausführlichere Angaben zur gewährten Vergütung für erforderlich erachten. Darüber hinaus enthalten die Corporate Governance Kodizes weitergehende Empfehlungen zur Transparenz und Aufschlüsselung der Vergütung (vgl. z. B. 4.2.2ff. Deutscher Corporate Governance Kodex). Eine Abstimmung der Hauptversammlung über den Vergütungsbericht ist aufgrund der bestehenden Möglichkeit der Information über die Vergütungen mittels der Anhangangaben der Bilanz und der – in Deutschland möglichen – weiteren Aufschlüsselung der Anhangangaben für börsennotierte Unternehmen nicht erforderlich.
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b) Vorschlag auch nicht geeignet, das Ziel zu erreichen Aufgrund der heute schon bestehenden Dichte der Tagesordnungspunkte und langen Dauer der Hauptversammlungen ist ein weiterer Pflichtbeschluss nicht geeignet. Einer grenzüberschreitenden Vergleichbarkeit bedarf es nicht bzw. ist eine solche auch aufgrund der unternehmensindividuellen Vergütungen nicht möglich. Die meisten Aktionäre werden sich nicht die Zeit nehmen können, die Veränderungen der Inhalte im Vergleich zum Vorjahr zu analysieren. Das eigentliche Ziel der EU-Kommission wird nicht erreicht werden können. Zudem gibt es Überschneidungen mit den Inhalten der Vergütungspolitik. Das Vorgesagte gilt insoweit auch für die Kriterien des Vergütungsberichts. Nach Art. 9b Abs. 3 des Entwurfs soll bei einer Ablehnung des Vergütungsberichts im nächsten Vergütungsbericht erläutert werden, wie den Bedenken der Aktionäre Rechnung getragen wurde. Dieser Vorschlag ist praktisch kaum umsetzbar (siehe Ausführungen oben), da es keine begründete Abstimmung gibt. Zudem ist zu beachten, dass Vorstandsverträge nach dem heute gängigen Muster in der Regel für drei bis fünf Jahre fest abgeschlossen werden. Für den Aufsichtsrat gibt es hier letztlich kaum Reaktionsmöglichkeiten: „Pacta sunt servanda“.
c) Verhältnismäßigkeit würde Änderungen erfordern Die Erfahrungen in Deutschland zeigen, dass Empfehlungen des Corporate Governance Kodex zu einer effizienten Handhabung in den Unternehmen führen können. Insofern sollte die EUKommission zunächst die Thematik mittels „soft law“ angehen. Die Unternehmen sollten hilfsweise zumindest die Möglichkeit des opt-out bezüglich des Beschlusses haben. Ist die Mehrheit des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals der Ansicht, dass ein offen zu legender Vergütungsbericht nicht erforderlich und eine Abstimmung darüber obsolet ist, so sollte eine Pflicht hierzu entfallen. So könnten die Aktionäre selbst entscheiden, ob sie eine Offenlegung für erforderlich erachten.
8) Zu Art. 9c Recht auf Abstimmung über Transaktionen mit nahe stehenden Unternehmen und Personen Nach dem Richtlinienvorschlag müssen Transaktionen mit nahe stehenden Unternehmen und Personen, die mehr als 1 Prozent des Gesellschaftsvermögens betreffen, mit einem Bericht eines unabhängigen Dritten versehen und zum Zeitpunkt ihres Abschlusses öffentlich gemacht werden. Transaktionen, die mehr als 5 Prozent des Vermögens der Gesellschaft betreffen, oder Transaktionen, die erhebliche Auswirkungen auf den Gewinn und den Umsatz des Unternehmens haben können, müssen den Aktionären im Rahmen der Hauptversammlung vorgelegt und dürfen erst nach der Genehmigung durch die Aktionäre vollzogen werden. Dadurch soll verhindert werden, dass Gesellschaften maßgeblich Werte zulasten der (Minderheits-)Aktionäre ohne deren Zustimmung entzogen werden können und Minderheitsaktionären mehr Kontrollrechte gegeben werden. Dieses Ziel impliziert, dass überhaupt die Gefahr besteht, dass durch Geschäfte mit nahe stehenden Unternehmen und Personen Rechte von Minderheitsaktionären verletzt werden.
17 Aus deutscher Sicht ist der Vorschlag abzulehnen, da durch das in Deutschland geltende Konzernrecht mögliche Konfliktlagen ausreichend und angemessen geregelt sind. Der Vorschlag ist zudem mit maßgeblichen Grundentscheidungen, die der deutsche Gesetzgeber zur Regelung der angesprochenen Problemkreise getroffen hat, nicht zu vereinbaren. Die Umsetzung des vorgeschlagenen Ansatzes wäre für die deutsche Unternehmenspraxis mit erheblichen Schwierigkeiten und Risiken verbunden.
a) Abstimmungspflicht der Hauptversammlung nicht erforderlich Der Vorschlag zur Kontrolle von Transaktionen mit nahe stehenden Unternehmen und Personen ist nicht erforderlich, da die Aktionäre durch Angaben im Jahresabschluss über Transaktionen zu marktunüblichen Bedingungen bereits informiert werden und ihnen weitere Rechte, wie Fragerechte und die Verweigerung der Entlastung zustehen, und ihnen die besonderen konzernrechtlichen Schutzmechanismen (siehe unten) zugutekommen. Marktunübliche Geschäfte der börsennotierten Gesellschaft mit nahe stehenden Unternehmen und Personen, einschließlich Angaben zu deren Wert, Art der Beziehung sowie weitere Angaben zu den Geschäften, die für die Beurteilung der finanziellen Lage des Unternehmens erforderlich sind, sind ebenfalls nach Art. 17 Abs. 1r Rechnungslegungsrichtlinie 2013/34/EU in den Anhang der Bilanz des Unternehmens aufzunehmen. Auch über IAS 24 sind „related party transactions“ ausreichend reguliert. Anhangangaben unterliegen zudem der Prüfung durch den Abschlussprüfer. Für den Aktionär sind die marktunüblichen Geschäfte dieser Art transparent aufgeführt. Den Aktionären stehen verschiedene Handlungsoptionen zur Verfügung: Fragerecht, keine Entlastung des Vorstands und/oder des Aufsichtsrates. Uns sind bislang in diesem Zusammenhang auch keine Missstände bekannt, auch dürfte es keine spezifischen Probleme mit Minderheitsaktionären geben. Zusätzlich zu den oben genannten schon bestehenden Transparenzvorgaben ist weder eine Abstimmung noch die Erstellung von Berichten zur Marktüblichkeit erforderlich. Der Entwurf der Richtlinie greift insoweit nachhaltig in das aktienrechtliche Kompetenzgefüge ein, indem er die auf das Unternehmensinteresse ausgerichtete Leitungsautonomie des Vorstands zugunsten der Aktionäre einschränkt. Der Vorschlag berücksichtigt zudem nicht, dass deutsche börsennotierte Gesellschaften von Ankerinvestitionen geprägt sind. Der Schutz von außenstehenden Aktionären wird im Vertragskonzern über die Verlustausgleichspflicht des Mehrheitsaktionärs (§ 302 AktG) sowie die Garantiedividende und den Abfindungsanspruch der außenstehenden Aktionäre (§§ 304, 305 AktG), im faktischen Konzern über Nachteilsausgleichspflicht (§ 311 AktG) und den Abhängigkeitsbericht (§§ 312f. AktG) sowie über die Konzernhaftung (§§ 317, 318 AktG) verwirklicht und ist damit ausreichend geregelt. Weitergehende Vorgaben auf EU-Ebene zur Herstellung von mehr Transparenz im Bereich von Transaktionen mit nahe stehenden Unternehmen und Personen sind daher nicht notwendig. Dies wurde bereits im Bericht der Reflection Group – „On the Future of EU Company Law“ vom 5. April 2011 bestätigt, der feststellt: “There is no considerable legal gap on the transparency of groups of companies. The existing European and national rules seem already to provide an adequate disclosure and information on the formation, organisational structure and management of groups of companies.”
18 b) Vorschlag ist nicht geeignet Die in Absatz 2 enthaltene Vorgabe zur Abstimmung der Hauptversammlung ist unklar, da sie nach der Wortlautauslegung zwei unterschiedliche Arten von Transaktionen betrifft, nämlich: 1) Transaktionen mit nahe stehenden Unternehmen und Personen, die mehr als 5 Prozent des Vermögens des Unternehmens betreffen, und 2) Transaktionen, die erhebliche Auswirkungen auf den Gewinn oder den Umsatz haben können. Nach der Wortlautauslegung könnten also auch Transaktionen erfasst sein, die nicht mit nahe stehenden Unternehmen oder Personen durchgeführt werden, sondern für sich allein erhebliche Auswirkungen auf Gewinn und Umsatz haben können. Dies kann nicht beabsichtigt sein, und würde den ohnehin weiten Anwendungsbereich noch weiter unangemessen ausdehnen. Der Gesetzgeber sollte hier eine Klarstellung vornehmen, die sich, wenn überhaupt, dann ausschließlich auf Transaktionen mit nahe stehenden Unternehmen und Personen bezieht. Ebenso unklar und zudem ungeeignet, ist der in der Richtlinie verwendete Begriff des „Vermögens“, da es sich hierbei um keinen allgemein verwendeten Begriff der Rechnungslegung handelt. Die im Richtlinienvorschlag vorgesehene Erweiterung der Hauptversammlungszuständigkeit auf Transaktionen mit nahe stehenden Unternehmen und Personen, die mehr als 5 Prozent des „Vermögens“ des Unternehmens betreffen oder die erhebliche Auswirkungen auf den Gewinn oder Umsatz haben können, verzögert ggf. wichtige Geschäfte des Unternehmens. Darüber hinaus reduziert sie die von der Rechtsprechung geschaffenen Schwellenwerte nach „Holzmüller-/ Gelatine“-Grundsätzen sehr deutlich, denn diese beschränken sich bislang auf eng begrenzte „satzungsnahe“ Ausnahmesachverhalte (wohl mindestens 75 Prozent der Aktiva). Die vorgesehene Regelung könnte den Abschluss von M&A-Transaktionen unter Beteiligung von Aktiengesellschaften künftig weitreichend erschweren oder faktisch sogar völlig unterbinden. Gerade bei Übernahmen, bei denen oftmals schnelles Handeln erforderlich ist, dürfte die vorherige Entscheidung der Hauptversammlungen der beteiligten Gesellschaften hemmend wirken. Weiter ist zu beachten, dass die Offenlegung operativer Verträge mit Joint-VentureGesellschaften und sonstiger Vereinbarungen, die Gegenstand der Vorlagepflicht werden könnten, aufgrund ihres vertraulichen Inhalts zu erheblichen Wettbewerbsnachteilen führen kann. Diese sind gerade nicht vollständig im Besitz der Gesellschaft und können daher nicht von der Ausnahmemöglichkeit in Art. 9c Abs. 4 profitieren. Der Zustimmungsvorbehalt der Hauptversammlung führt auch zu einem längeren Schwebezustand, da diese nur einmal pro Jahr stattfindet und die Einberufung außerordentlicher Hauptversammlungen mit Blick auf den damit verbundenen Zeit- und Kostenaufwand für börsennotierte Gesellschaften praktisch nicht infrage kommt. Zudem könnte die Hauptversammlung das Geschäft ohne Begründung und ohne sachlichen Grund ablehnen, zumal die Aktionäre in erster Linie ihre eigenen (ganz unterschiedlichen) Interessen verfolgen und nicht – wie der Aufsichtsrat – auf das Unternehmenswohl insgesamt verpflichtet sind. Minderheitenaktionäre hätten, da der am Geschäft beteiligte Mehrheitsaktionär von der Abstimmung ausgeschlossen wäre, eine besondere Form der Einflussnahme, deren Rechtfertigung mehr als in Frage steht. So wäre es nach dem derzeitigen Entwurf beispielsweise
19 möglich, dass ein 99-Prozent-Mehrheitsaktionär mit der börsennotierten Gesellschaft eine für beide Gesellschaften lebensnotwendige Transaktion abschließt, diese jedoch von den 1 Prozent (oder weniger) der Aktionäre zuerst genehmigt werden müsste und durch Verweigerung der Zustimmung komplett blockiert werden könnte. Die Möglichkeit in Art. 9c Abs. 2 Satz 4 des Entwurfs, das Geschäft vor der Genehmigung der Hauptversammlung abzuschließen, dürfte aus haftungsrechtlichen Gründen für den Vorstand keine Option sein. Im Zweifel hilft auch die Mitgliedstaatenoption des Vorratsbeschlusses nicht, da das Geschäft ggf. nicht ein Jahr vorhersehbar war. Schließlich ist zu befürchten, dass in Deutschland ein neues Betätigungsfeld für „opportunistische Anfechtungsklagen“ entsteht. Sollte die Richtlinie tatsächlich in der vorliegenden Form in Kraft treten, müsste der deutsche Gesetzgeber über eine Reform des Anfechtungsrechts und über eine Erweiterung des Freigabeverfahrens nachdenken, um Rechtsunsicherheiten über das Wirksamwerden vorzubeugen bzw. die Bestandskraft entsprechender Verträge zu sichern.
c) Verhältnismäßigkeit nicht gegeben Der in Art. 9c Abs. 1 des Entwurfs geforderte Bericht eines unabhängigen Dritten über die Marktüblichkeit der Bedingungen des Geschäfts erhöht die Kosten des Unternehmens für Geschäfte mit nahe stehenden Unternehmen und Personen. Unklar ist bereits, was unter dem Begriff Marktüblichkeit zu verstehen ist. Zudem ist die Schätzung der maximalen Kosten von bis zu 5.000 EUR pro Bericht eines unabhängigen Dritten völlig unrealistisch. Fraglich ist der konkrete Mehrwert für den Aktionär. Der Bericht müsste zudem vor Abschluss des Geschäfts erstellt werden, da dieser mit Abschluss des Geschäfts bereits öffentlich zu machen ist. Folglich würden solche Geschäfte verzögert werden. Die Möglichkeit des „Vorratsbeschlusses“ bzw. Befreiung für 12 Monate bei wiederkehrenden Transaktionen mit dem gleichen Geschäftspartner von der Erstellung des Berichts in Absatz 1 Unterabsatz 2 scheint gleichfalls nicht angemessen. Die Hauptversammlung müsste weitere „Pflichtbeschlüsse“ auf die Tagesordnung nehmen, die ohnehin knappe Zeit müsste für weitere Formalien genutzt werden. Der Vorschlag ist nicht verhältnismäßig. Auch die Genehmigungspflicht nach Art. 9c Abs. 2 ist nicht verhältnismäßig. Der Vorschlag betrifft zudem alle Geschäfte, damit auch die marktüblichen Geschäfte. Hält der europäische Gesetzgeber dennoch an dem Vorschlag fest, so müsste er zumindest ein deutliches Quorum für den Beschluss bzw. für die gegen die Genehmigung stimmenden Aktionäre festlegen. Zum Umgehungsschutz sollen mehrere Transaktionen aggregiert werden, mit der Folge, dass bei Überschreitung der Fünf-Prozent-Wertschwelle diese erst nach Genehmigung der Hauptversammlung wirksam werden sollen. Diese Additionsvorgabe in Art. 9c Abs. 3 erscheint ebenfalls nicht praxisgerecht. Die Ausnahmeoption der Mitgliedstaaten in Art. 9c Abs. 4 des Entwurfs würde sich nur auf 100prozentige Töchter erstrecken und würde in der Praxis nicht ausreichen, um die oben genannten Einschränkungen der Unternehmen zu beseitigen. Die Ausnahmeregelung müsste deutlich ausgeweitet werden und alle Transaktionen innerhalb von Konzerngesellschaften erfassen. Stand: 31.07.2014